Kommunalabgabenrecht – Teil 02 – Die verfassungsrechtlichen Grundlagen

2 Die verfassungsrechtlichen Grundlagen

Das heutige Kommunalabgabenrecht ist maßgeblich geprägt von verschiedenen Verfassungsgarantien und Verfassungsgrundsätzen, denen es möglichst ideal Geltung verschaffen möchte. Im Kern steht dabei das Recht der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG. Zudem finden die Kommunen Erwähnung in den Vorschriften der Finanzverfassung (Art. 91e Abs. 2, 104b, 105 Abs. 3, 106 Abs. 5 bis 9, 107 Abs. 2 und 108 Abs. 4 S. 2, Abs. 5 S. 2), die aber allesamt im Lichte der Zentralvorschrift des Art. 28 Abs. 2 GG gelesen und ausgelegt werden müssen.

2.1 Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG

Die Gemeinden und Gemeindeverbände haben nach Art. 28 Abs. 2 GG, der nahezu wortgleich auch in alle Landesverfassungen aufgenommen wurde[1], das Recht zur eigenverantwortlichen Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die sog. institutionelle Selbstverwaltungsgarantie. In diesem Rahmen dürfen diese eigenverantwortlich Ausgestaltungen und Beschränkungen vornehmen. Um von diesem Recht auch in angemessenen Umfang Gebrauch machen zu können, umfasst Art. 28 Abs. 2 GG auch die Pflicht, die Kommunen in finanzieller Hinsicht ausreichend auszustatten. Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG stellt darüber hinaus klar, dass die Kommunen über diese Mittel die Finanzhoheit ausüben. In den Worten des Bundesverfassungsgerichts anerkennt die Finanzhoheit die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen einer gesetzlich geordneten Haushaltswirtschaft.[2] Ausfluss hieraus ist daher der Grundsatz der kommunalen Abgabenhoheit, auf der das gesamte Kommunalabgabenrecht fußt. Das Kommunalabgabenrecht garantiert somit, dass Finanzzuweisungen und die Beteiligung an Landessteuern nicht die einzigen kommunalen Einnahmequellen bleiben. So steht den Gemeinden und Gemeindeverbänden u.a. das Recht zu, eine ihr zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuer mit Hebesatzrecht zu erheben (Gewerbesteuer, siehe 3.2.5.1 sowie Grundsteuer, siehe 3.2.5.2). Gleichzeitig folgt aus der Abgabenhoheit jedoch die räumliche Grenze, dass diese nur im Rahmen des jeweiligen Gemeindegebiets oder Gemeindeverbandsgebiets ausgeübt werden kann. Die Abgabenhoheit erstreckt sich damit nicht über das jeweilige Hoheitsgebiet hinaus.

2.2 Gesetzgebungskompetenzen

Für die Kommunen ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass die Kompetenz zum Satzungserlass von Gebühren (dazu 3.3) und Beiträgen (dazu 3.4) unmittelbar aus den allgemeinen Vorschriften der Art. 70 ff. GG folgt.[3] Hinsichtlich der Steuern ergibt sich aus Art. 105 Abs. 1 GG, dass der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Zölle und Finanzmonopole hat. Hier darf also, wie der Begriff schon sagt, ausschließlich der Bund tätig werden, sodass jede Kompetenz der Kommunen von vornherein ausgeschlossen ist. Hinsichtlich aller sonstigen Steuern hat der Bund nach Art. 105 Abs. 2 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz. Konkurrierend bedeutet, dass der Bund eine Regelung erlassen darf, soweit nicht die Länder schon vorher von einer Kompetenz Gebrauch gemacht haben.

Art. 105 Abs. 2 1. Alt. GG regelt diese konkurrierende Kompetenz für den Fall, dass dem Bund das Aufkommen der betreffenden Steuern ganz oder teilweise zusteht und Art. 105 Abs. 2 2. Alt. GG normiert diese, soweit die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Dieser regelt, dass eine bundesgesetzliche Regelung möglich ist, wenn die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit dies erforderlich machen. Mag diese Norm auf den ersten Blick als Ausnahmevorschrift erscheinen, so führt sie praktisch dazu, dass nahezu alle Steuern bundesgesetzlich geregelt sind. Selbst die für die Kommunen so wichtigen und ertragreichen Einnahmen aus der Gewerbesteuer und der Grundsteuer sind bundesgesetzlich geregelt.[4] Die Länder haben dagegen nach Art. 105 Abs. 2a GG die Kompetenz, die örtlichen Aufwands- und Verbrauchssteuern (siehe 3.2.1 und 3.2.2) zu regeln. Diese Kompetenz wird wiederum durch Landesgesetz auf die Kommunen übertragen. Damit verbleibt dem Kommunen dennoch nur noch ein vergleichsweise kleiner eigener Kompetenzbereich für die Einführung neuer Steuern, zumal es nach Art. 105 Abs. 2a GG auch zu keiner Überschneidung mit bundesrechtlich geregelten Sachverhalten kommen darf. Gleichwohl erkennt die Rechtsprechung als Ausfluss aus Art. 28 Abs. 2 GG ein durch Art. 105 Abs. 2a GG auf örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern begrenztes Steuerfindungsrecht der Gemeinden an. So bemühen sich die Kommunen etwa mit kommunalen Verpackungssteuern, Zweitwohnsitzsteuern oder Wettsteuern immer wieder, ihre Finanzausstattung zu verbessern, um somit ihr Steuerfindugsrecht auszuüben. Die Kreativität der Kommunen ist dabei auch besonders hoch, sodass es teilweise so erscheint, dass das Steuerfindungsrecht heutzutage kaum noch Grenzen kennt (hierzu 3.2.5). Damit einher geht auch eine Fülle an Gerichtsentscheidungen, in denen die Möglichkeiten und Grenzen des Steuerfindungsrechts definiert wurden.


[1] Fußnote

[2] Fußnote

[3] Fußnote

[4] Fußnote

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kommunalabgabenrecht“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Patrick Christian Otto, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-62-5.


 

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Stand: Januar 2017


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Gericht / Az.: [2] BVerfG vom 27.11.1986 – 2 BvR 1241/82. [3] BVerfG vom 23.01.1990 – 1 BvL 44/86; 1 BvL 48/87; siehe zudem BVerfG vom 08.04.1987 – 2 BvR 909, 934, 935, 936, 938, 941, 942, 947/82, 64/83 und 142/84.
Normen: Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 105 Abs. 1 GG, Art. 70 ff. GG

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