Bilanzierung – Teil 09 – Gewinnermittlungsmethoden


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3 Gewinnermittlungsmethoden

Das Gesetz sieht je nach Gewinneinkunftsart verschiedene Wege zur Ermittlung des Gewinns vor, wobei die jeweilig angewendete Methode nicht per se frei wählbar ist.

3.1 Überblick

Einkünfte sind gemäß § 2 Abs. 2 EStG bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit der Gewinn und bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 EStG der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.

Einkünfte können nur angenommen werden, wenn eine Überschusserzielungsabsicht vorliegt. Dauerhafte Verluste innerhalb einer Einkunftsart führen regelmäßig dazu, die Einkünfteerzielungsabsicht und damit das Vorliegen entsprechender Einkünfte zu verneinen (sog. Liebhaberei). Die Annahme von Liebhaberei ist grundsätzlich bei allen Einkunftsarten möglich. Die Folge ist, dass die Verluste aus dieser Einkunftsart nicht mit den Überschüssen aus den anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden können.

Das Einkommensteuergesetz kennt vier Gewinnermittlungsarten (wobei hier nur zwei behandelt werden sollen):

  • Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG
    • § 4 Abs. 1 EStG betrifft Freiberufler sowie Land- und Forstwirte, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder dies freiwillig tun. Dagegen erfasst § 5 Abs. 1 EStG Gewerbebetreibende, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die freiwillig tun.
  • Gewinnermittlung durch Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG
    • § 4 Abs. 3 EStG betrifft Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und dies auch nicht freiwillig tun, insbesondere Freiberufler. Unter § 4 Abs. 3 EStG fallen auch nicht buchführungspflichtige Gewerbebetreibende, soweit sie nicht freiwillig Bücher führen.

Aus dem Steuerrecht ergeben sich die wesentlichen Buchführungs- und Abschlusspflichten, insbesondere aus den Einzelsteuergesetzen wie dem EStG oder auch dem KStG. Gesetzliche Buchführungs- und Abschlusspflichten können sich aus dem Steuerrecht (§ 140 AO) oder aus anderen Gesetzen (§ 141 AO) ergeben. Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, hat die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen.

Besteht eine aus § 140 AO abgeleitete Buchführungspflicht, kommt eine originäre steuerrechtliche Buchführungspflicht nach § 141 AO nicht zum Zuge. Als anderes Gesetz im Sinne des § 140 AO kommt insbesondere § 238 HGB in Betracht, aus dem sich für Einzelkaufleute (§ 1 HGB), für die oHG und KG (§ 6 HGB) sowie für die GmbH und AG (§ 13 Abs. 3 GmbHG bzw. § 3 Abs. 1 AktG in Verbindung mit § 6 HGB) eine Buchführungspflicht ergibt. Werden trotz Buchführungspflicht keine Bücher geführt, ist der Gewinn, so wie er nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 EStG zu ermitteln wäre, gemäß § 162 AO zu schätzen.

Die Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Gewinnermittlung ist umstritten.(Fußnote) Allerdings ist nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die Differenzierung möglich.(Fußnote)

Die Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist eine reine Geldverkehrsrechnung. Von den Einnahmen werden die Werbungskosten abgezogen.

3.2 Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich)

Die Normen, die die Gewinnermittlung durch Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 Abs. 1 EStG regeln, bezeichnet man als Bilanzsteuerrecht. Zum Bilanzsteuerrecht gehören zum einen die §§ 4 - 7 EStG, darüber hinaus jedoch auch die §§ 140 AO und aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (vgl. im Kapitel 1.2.1 laufende Bilanzen) auch die §§ 238 ff. HGB.

§ 4 Abs. 1 EStG ist auf buchführungspflichtige und freiwillig Buch führende Land- und Forstwirte sowie auf freiwillig Buch führende Freiberufler anzuwenden. § 5 Abs. 1 EStG findet nur auf buchführungspflichtige und freiwillig Buch führende Gewerbetreibende Anwendung. § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 EStG betreffen beide die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Nur bei § 5 Abs. 1 EStG besteht eine Bindung an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Bei § 4 Abs. 1 EStG gelten für buchführungspflichtige Steuerpflichtige gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 AO viele Rechnungslegungsvorschriften des HGB entsprechend. Darüber hinaus neigt die Rechtsprechung zu einer entsprechenden Anwendung des § 5 Abs. 2 bis 5 EStG auch bei § 4 Abs. 1 EStG. Der wichtige Unterschied ergibt sich bei der Teilwertabschreibung, da bei freiwillig nach § 4 Abs. 1 EStG Bilanzierenden das steuerrechtliche Wahlrecht nicht durch das handelsrechtliche Niederstwertprinzip begrenzt wird.

3.3 Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahme-Überschussrechnung)

§ 4 Abs. 3 EStG gestattet Steuerpflichtigen, die nicht nach anderen Gesetzen verpflichtet sind Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, den Gewinn nach einer vereinfachten Methode zu ermitteln: Gewinn ist der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (Einnahme-Überschussrechnung). Vermögensumschichtungen des Betriebsvermögens werden grundsätzlich weder dargestellt noch berücksichtigt. Bilanzierung und Buchführung, wie bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, sind nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht, welches nicht jährlich neu bestätigt werden muss. Der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG liegt das Konzept der Geldverkehrsrechnung zugrunde. Bei der Gewinnermittlung nach der Einnahme-Überschussrechnung ist auch die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens möglich. Voraussetzung allerdings ist, dass die Zuordnung des Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen in unmissverständlicher Weise durch entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeichnungen ausgewiesen wird.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.


 

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Carola Ritterbach
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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 

Normen: § 2 EStG, § 4 EStG, § 5 EStG

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