40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 24 – Mitbestimmung des Betriebsrats



Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


11. Kapitel Mitbestimmung des Betriebsrats

Vor dem Hintergrund des Eingriffscharakters der Arbeitnehmer-Mitbestimmung in verfassungsrechtlich geschützte Positionen der Arbeitgeber-Seite findet betriebliche Mitbestimmung grundsätzlich nur dort statt, wo diese eine gesetzliche Grundlage hat.

Um dem Betriebsrat überhaupt die Möglichkeit zu geben, seine Mitbestimmungs- und Überwachungsrechte ausüben zu können, ist der Betriebsrat über die Pläne des Arbeitgebers in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung rechtzeitig zu unterrichten, § 80 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz.

Da das Betriebsrentengesetz keine Regelung zur betrieblichen Mitbestimmung enthält, sind diese Fragen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung an den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes zu messen. Der Kernbereich der erzwingbaren Mitbestimmung liegt dabei in der Leistungsplangestaltung. Die Bedeutung des Betriebsverfassungsgesetzes in diesem Bereich basiert zentral auf den beiden Mitbestimmungstatbeständen des § 87 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz.

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht in der Einführungsphase einer betrieblichen Altersversorgung nur zum Teil, da das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur insoweit besteht, als es um die Verteilung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Mittel geht. Der Betriebsrat kann, wie im Folgenden noch erläutert, nicht einen höheren Dotierungsrahmen und damit auch nicht die Versorgungsbedingungen erzwingen. Der Betriebsrat kann lediglich vom Arbeitgeber verlangen, dass die betriebliche Altersversorgung abredegemäß durchgeführt wird. Dieser Anspruch kann in einem Beschlussverfahren durchgesetzt werden. Er erstreckt sich nicht nur auf die Wirksamkeit und die Fortgeltung der betrieblichen Altersversorgung, sondern auch auf deren Auslegung, jedoch nicht auf die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften. Der Betriebsrat hat auch nicht das Recht, im eigenen Namen die den einzelnen Arbeitnehmern zustehenden Betriebsrentenansprüche geltend zu machen.

Nach der ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, können die Betriebspartner nicht Rechte und Pflichten derjenigen Arbeitnehmer begründen oder modifizieren, die bereits aus dem aktiven Arbeitsverhältnis ausgeschieden und in den Ruhestand getreten sind.

11.1. Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG

Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung sind Soziallohn und somit auch mitbestimmungspflichtig. Insofern greift ein Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz ein, der wiederrum nur bei unmittelbaren Direktzusagen und Direktversicherungen greift.

Der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz setzt allgemeine (kollektive, generelle) Regelungen voraus. Von einem kollektiven Tatbestand sind Einzelfallgestaltungen abzugrenzen. Dabei kann die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer nur als Indiz Bedeutung gewinnen. Entscheidend ist auch nicht die Form, sondern der Inhalt der Regelung. Der Arbeitgeber kann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht dadurch ausschließen, dass er dem Regelungsbedürfnis entsprechende einzelvertragliche Vereinbarungen schließt. Eine individuelle Lohngestaltung liegt vor, wenn mit Rücksicht auf besondere Umstände des einzelnen Arbeitnehmers Regelungen getroffen werden, die in keinem inneren Zusammenhang zu ähnlichen Regelungen für andere Arbeitnehmer stehen.

Nach dieser Regelung hat der Betriebsrat bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen. Das gilt auch für eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung. Es erstreckt sich zwar nicht auf die Entscheidung darüber, ob eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet wird, welche finanziellen Mittel der Arbeitgeber dafür zur Verfügung zu stellen hat, welcher Personenkreis begünstigt und welcher Durchführungsweg beschritten werden soll. Sollen jedoch die für die betriebliche Altersversorgung seitens des Arbeitgebers zur Verfügung gestellten Mittel anders als bisher auf die begünstigten Arbeitnehmer verteilt werden, können die hierfür maßgeblichen Verteilungsgrundsätze als Teil der betrieblichen Lohngestaltung nur gemeinsam mit dem Betriebsrat festgelegt werden.

11.2. Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG

Will der Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über eine eigene Sozialeinrichtung durchführen ist zur Prüfung der Mitbestimmungsrechte zudem § 87 Abs. 1 Nr. 8 Betriebsverfassungsgesetz zu beachten. § 87 Abs. 1 Nr. 8 Betriebsverfassungsgesetz eröffnet ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Form, der Ausgestaltung und der Verwaltung der Sozialeinrichtung. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei entscheiden kann, ob und in welcher Form er in seinem Unternehmen eine betriebliche Altersversorgung einführen will, welche finanziellen Mittel (Dotierungsrahmen) er dafür bereitstellt und welche Zwecke er verfolgt und welchen Arbeitnehmerkreis er begünstigen will. Mitbestimmungspflichtig sind demgegenüber alle Regelungen, mit denen die zur Verfügung stehenden Mittel auf die Begünstigten verteilt werden, sowie die Verwaltung der vom Trägerunternehmen eingeschalteten Sozialeinrichtung.

Als Sozialeinrichtung kommen somit nur Pensionskassen, Pensionsfonds und Unterstützungskasse in Betracht. Möglich erscheint eine Mitbestimmung auch im Falle einer Entgeltumwandlung folglich nur dort, wo der AG die Entgeltumwandlung über eine Sozialeinrichtung durchführt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.


 

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Autor(-en):
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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Normen: § 87 BetrAVG

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