Kreditvertragsrecht – Teil 49 – Keine Wirksamkeit nach dem Europarecht

3.9.3. Keine Wirksamkeit nach dem Europarecht

Schließlich sind die Bearbeitungsgebühren auch nicht durch das Europarecht und die Preisangaben-Verordnung gerechtfertigt.

Zwar wurde bis zur Umsetzung der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008/48/EC zum Teil argumentiert, dass die Preisangaben-Verordnung Bearbeitungsgebühren ausdrücklich als Preisbestandteil eines Verbraucherdarlehens erwähnt. Allerdings regelt die Preisangaben-Verordnung nur das formelle Preisrecht und nicht die Zulässigkeit von Preisen (BGH, Urt. v. 7.12.2010, Az.: XI ZR 3/10). Zudem kann eine Verordnung, die im Rang unter dem den Verbraucher schützenden Bürgerlichen Gesetzbuch steht, keinen Einfluss auf die Entscheidung haben, wann eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB vorliegt und eine danach unwirksame Preisnebenabrede in eine wirksame Preisnebenabrede umdeuten. Die Richtlinie 2008/48/EG kennt außerdem den Begriff „Bearbeitungsgebühr“, nicht sondern spricht nur von „Kosten“. Darüber hinaus betrifft der Regelungsgehalt dieser Richtlinie nicht die Kostenzulässigkeit, sondern nur vorvertragliche bzw. vertragliche Informationspflichten und die Berechnung des effektiven Jahreszinses. Die Richtlinie regelt die Wirksamkeit von Vereinbarungen über Nebenleistungen und die Wirksamkeit von Kreditverträgen nicht, sondern überlässt dies dem nationalen Recht. Nach diesem jedoch sind die Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten, wie oben dargestellt, nicht mit dem geltenden Recht vereinbar.

3.9.4. Zusammenfassung

Banken haben keinen Anspruch gegen den Kunden auf Zahlung einer Bearbeitungsgebühr bei dem Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen. Zum einen sehen die gesetzlichen Vorschriften über den Darlehensvertrag als Gegenleistung des Darlehensnehmers allein die Zahlung von laufzeitabhängigen Zinsen vor und zum anderen lassen sich Banken mit den Bearbeitungsgebühren Leistungen bezahlen, die sie in ihrem eigenen Interesse bzw. auf Grund Ihrer gesetzlichen Verpflichtung durchführen, was gegen die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen verstößt. Darüber hinaus ist wegen der Hinzurechnung der Bearbeitungsgebühr zu der eigentlichen Kreditsumme das Transparenzgebot verletzt, weil die Kunden nicht ersehen, welche Zinsen sie hierfür zu leisten haben. Damit haben die Kunden einen Anspruch gegen die Bank auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr.

Beispiel

Herr Thiele hat mit der T-Sparkasse einen Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen. Dort ist geregelt, dass er 100 EUR Bearbeitungsgebühr an die Sparkasse bezahlen soll, weil die Bank Bonitätsprüfungen und Beratungen vornehmen muss. Herr Thiele geht davon aus, dass diese Forderung rechtmäßig ist und überweist die 100 EUR an die Sparkasse.

Die Sparkasse ist nicht zur Berechnung der Bearbeitungsgebühr berechtigt, weil die Bonitätsprüfungen allein im Interesse der Bank liegen und weil die Gegenleistung von Herrn Thiele bereits in der Zahlung der Zinsen liegt. Herr Thiele war somit nicht zur Zahlung der 100 EUR verpflichtet und hat deshalb einen entsprechenden Rückzahlungsanspruch gegen die Sparkasse.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Stand: Dezember 2014


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Gericht / Az.: BGH, Urt. v. 7.12.2010, Az.: XI ZR 3/10
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