Das Recht der GmbH – Teil 27 – Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung, Protokoll und gesetzlich zwingende Beschlüsse

5.1.2.2.3 Beschlussfassung der Gesellschafter

Beschlüsse sind Entscheidungen der Gesellschafter. Welche Beschlüsse von der Gesellschafterversammlung zu fassen sind, ergibt sich aus dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag.
Gemäß § 47 GmbHG erfolgt die Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme (§ 47 Abs. 2 GmbHG). Dabei gilt im Recht der GmbH das Mehrheitsprinzip und nicht das Einstimmigkeitsprinzip.
Die Art der Abstimmung ist im Gesetz nicht festgelegt. In der Wahl der Form der Abstimmung ist die Gesellschafterversammlung deshalb grundsätzlich frei. In Betracht kommen offene Abstimmung mittels Handheben, mündlich durch Zuruf, schriftliche Stimmabgabe, Stimmkarten oder das Erheben von den Sitzplätzen. Die Art der Stimmenabgabe wird am Anfang der Versammlung von dem Versammlungsleiter festgelegt. Die Form der Abstimmung kann im Gesellschaftsvertrag für bestimmte Abstimmungen festgelegt werden. Aus diesem Grund erfolgt eine geheime Abstimmung nur, wenn es im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben wird.

Bei den abgegebenen gültigen Stimmen ergeben sich folgende Ergebnisse:

  • Nein-Stimmen überwiegen gegenüber den Ja-Stimmen: Beschlussantrag abgelehnt - ablehnender Beschluss gefasst
  • Gleiche Anzahl Ja- und Nein-Stimmen:
  • Antrag abgelehnt - kein Beschluss gefasst
  • Ja-Stimmen überwiegen gegenüber den Nein-Stimmen: Antrag angenommen, soweit die einfache Mehrheit ausreicht – Beschluss gefasst
  • Achtung! Stimmenthaltungen werden bei allen Abstimmungen überhaupt nicht als „Stimme“ gewertet.

Beispiel 1
Eine GmbH besteht aus insgesamt 7 Gesellschaftern und muss über eine Frage abstimmen, bei der eine einfache Mehrheit ausreichend ist. Drei Gesellschafter stimmen mit „JA“, drei Gesellschafter stimmen mit „NEIN“, ein Gesellschafter enthält sich.

  • Der Antrag ist damit abgelehnt.

In einigen Fällen reicht die einfache Mehrheit nicht aus. Das Gesetz verlangt die qualifizierte Mehrheit („Dreiviertel-Mehrheit“) bei:

  • Satzungsänderung gem. § 53 Abs. 2 GmbHG
  • Auflösung der GmbH gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG
  • Verschmelzung einer GmbH mit einer Personenhandels- oder Kapitalgesellschaft gem. §§ 13 Abs. 1, 50 Abs.1 UmwG
  • Aufspaltung der GmbH gem. §§ 125 Abs. 1, 13 Abs. 1, 50 Abs. 1 UmwG

Die Feststellung der Beschlüsse erfolgt durch den Versammlungsleiter. Der zuvor abgestimmte Beschluss wird gegenüber den Anwesenden verlesen und offiziell verkündet. Gleichzeitig wird der Beschluss für rechtlich wirksam erklärt.
Beschlussinhalte werden in einem Protokoll festgehalten. Der Versammlungsleiter formuliert den Beschlussinhalt für das Protokoll. Das Protokoll dient dazu, die Abläufe der Gesellschafterversammlung zu dokumentieren – vor allem Beschlüsse. Die bloße Protokollierung eines Beschlusses ersetzt die Feststellung eines Beschlusses nicht. Nur festgestellte Beschlüsse, die ordentlich dokumentiert bzw. protokolliert sind lassen sich nur im Wege einer Anfechtung abändern. Daher muss nicht nur der Beschlussinhalt im Protokoll festgehalten werden, sondern darüber hinaus ausdrücklich, dass der Beschluss festgestellt wurde.

5.1.2.2.4 Verheiratete Gesellschafter als gesellschaftsrechtliches Risiko

Bei verheirateten Gesellschaftern ist auf den Güterstand der Ehe zu achten. Die – in Deutschland außerhalb des Landwirtschaftsbereichs kaum noch verbreitete – Gütergemeinschaft führt dazu, dass Beschlüsse der Gesellschaft unter Einbeziehung des Ehegatten erfolgen müssen. Erhebliche Relevanz hat diese Regelung bei verheirateten Gesellschaftern aus anderen europäischen Ländern oder aus Russland: In diesen Ländern gilt als Güterstand die so genannte Errungenschaftsgemeinschaft. Diese entspricht im deutschen Recht in etwa einer Gütergemeinschaft.
Sind Gesellschaftsbeschlüsse nicht unter ordnungsgemäßer Mitwirkung der betreffenden Gütergemeinschafts-Ehegatten gefasst und dokumentiert, sind diese sämtlich unwirksam.


5.1.2.2.5 Protokoll / Niederschrift der Gesellschafterversammlung

Das Protokoll hält den Ablauf der Versammlung fest und wird Niederschrift genannt, wenn die Protokollierung schriftlich erfolgt. Die Führung des Protokolls bei einer Gesellschafterversammlung ist nicht geregelt. Jede Gesellschaft hat die freie Entscheidung, ob ein Protokoll zu Feststellung der Beschlüsse geführt wird. Bei späteren Meinungsverschiedenheiten kann ein ausführlich geführtes Protokoll als Beweisgrundlage dienen. Daher empfiehlt es sich, immer ein Protokoll zu erstellen. Eine Ausnahme besteht gemäß § 48 Abs. 3 GmbHG bei der Ein-Personen-GmbH, bei der Beschlüsse zwingend aufzuschreiben und zu unterzeichnen sind.

Folgende Punkte sollte ein Protokoll enthalten:

  • Ort, Datum
  • Name des Protokollführers und Versammlungsleiters
  • Namen der Teilnehmer
  • Feststellung der ordnungsmäßigen Einberufung
  • Feststellung der Vertreter und Bevollmächtigten
  • Feststellung der TOPs
  • Art der Abstimmung
  • Ergebnis der Abstimmung
  • Beschlussinhalt
  • Kurzfassung von Redebeiträgen, Widersprüche
  • Besonderheiten beim Verfahren (z.B. Wortentzug)

Neben dem ausführlichen Protokoll ist zudem eine Erstellung des Beschluss-Protokolls möglich. Ein Beschluss-Protokoll ist wesentlich kürzer, da es sich nur auf die getroffenen Beschlüsse der Versammlung bezieht.
Die Protokollführung übernimmt grundsätzlich der Versammlungsleiter. Es kann abweichend davon ein Protokollführer bestimmt werden. Ist kein Versammlungsleiter vorhanden, ist ein Protokollführer durch Abstimmung der Gesellschafter zu bestimmen.
Der Protokollführer hat das Protokoll nach Fertigstellung zu unterzeichnen - die Unterschrift der Gesellschafter ist nicht erforderlich. Unterschreiben die Gesellschafter das Protokoll erkennen sie es damit als richtig an. Ohne Unterschrift gilt ihre Zustimmung nur dann als erteilt, wenn die Gesellschafter innerhalb eines Monats nach Zugang des Protokolls keinen Widerspruch einlegen. Bei kleinen Gesellschaften erfolgt in der Regel sofort die Unterzeichnung des Protokolls durch sämtliche anwesenden Gesellschafter.


5.1.2.3 Gesetzlich zwingende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung

In einigen Fällen ist die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zwingend notwendig. Das ist beispielsweise bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages, bei der Auflösung der Gesellschaft und bei der Einforderung von Nachschüssen der Fall.
Der Beschluss über Änderungen des Gesellschaftsvertrages ist zwingend von der Gesellschafterversammlung zu fassen. Was bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages zu beachten ist, regelt grundsätzlich § 53 GmbHG. Hiernach ist ein Beschluss, der zur Änderung der Satzung führt, notariell zu beurkunden. Für diesen Beschluss ist eine ¾ Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig.
Geht es in dem Beschluss um die Änderung der Rechtsstellung eines Gesellschafters, wie die Herabsetzung der Einlage, ist sogar die Zustimmung alle Gesellschafter erforderlich.

Änderungen, die außerdem den strengen Regelungen des § 53 GmbHG unterliegen, sind:

  • Änderung der Firma (Name des Unternehmens)
  • Änderung des Unternehmensgegenstandes
  • Änderung der Vertretungsbefugnisse Reorganisation der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung
  • Erhöhungen des Stammkapitals

Bemerkenswert ist, dass die Abberufung und Benennung des Geschäftsführers hingegen nicht zwingend einer Satzungsänderung bedarf und damit nicht den Regeln des § 53 GmbHG unterliegt, wenn der Geschäftsführer nicht in der Satzung benannt wurde.

  • Achtung! Man sollte sich also gut überlegen, den Geschäftsführer in der Satzung zu benennen – will man hier eine Änderung vornehmen, ist eine aufwändige Satzungsänderung erforderlich.

Die Anmeldung und Eintragung einer Satzungsänderung muss nach § 54 GmbHG durch den Geschäftsführer ins Handelsregister eingetragen werden. Dabei ist der Wortlaut des Gesellschaftsvertrages in abgeänderter Form vorzulegen.
Des Weiteren ist die Erhöhung des Stammkapitals zwingend von der Gesellschafterversammlung zu beschließen. Zweck solcher Kapitalmaßnahmen ist es, der Gesellschaft mehr Kapital zur Verfügung zu stellen. Eine Erhöhung des Stammkapitals wird vor allem in wirtschaftlich guten Zeiten durchgeführt. Nachteil an der Erhöhung ist die damit notwendige notarielle Beurkundung der neuen bzw. angepassten Satzung.
Die Erhöhung des Stammkapitals erfolgt durch Beschluss der Gesellschafterversammlung und geht oft mit der Aufnahme neuer Gesellschafter einher. Bei einer beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals bedarf es zur Übernahme jedes Geschäftsanteils an dem erhöhten Kapital einer notariell aufgenommenen oder beglaubigten Erklärung des jeweiligen Übernehmers, § 55 GmbHG.
Tritt mit der Erhöhung des Stammkapitals ein neuer Gesellschafter ein und wird nicht nur die Einlage eines jeden Gesellschafters durch die Kapitalerhöhung vergrößert, geht der neu eintretende Gesellschafter Risiken ein: Er haftet nicht nur für seine geschuldete Einlage, sondern ebenso für mögliche Fehlbeträge anderer Gesellschafter.
Bei der Erhöhung der Einlagen der vorhandenen Gesellschafter kommen die Vorschriften bezüglich der Stammeinlagen bei Gründung der GmbH zur Anwendung. Eine Übernahme mehrerer Einlagen ist damit auch bei der Kapitalerhöhung möglich und führt dann gegebenenfalls zu einer Verschiebung der bisherigen Stimmanteile der Gesellschafter.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Pia Löffler, Rechtsanwältin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.


 

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Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 53 GmbHG, § 53 GmbHG, § 60 GmbHG, § 47 GmbHG, § 50 GmbHG, § 54 GmbHG

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