Kreditsicherheiten – Teil 07 – Bürgschaft: Formerfordernisse


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


2.5.3. Formerfordernisse bei Vertretung

Wird der Bürgen bei dem Abschluss eines Bürgschaftsvertrages mit dem Gläubiger vertreten, so hat die Bevollmächtigung in Schriftform zu erfolgen. D.h. der Bürge muss demjenigen, der für ihn die Bürgschaftserklärung abgeben soll, eine schriftliche Vollmacht überreichen. Wird die Schriftform bei der Bevollmächtigung nicht gewahrt, ist der Bürgschaftsvertrag schwebend unwirksam. Der schwebend unwirksame Bürgschaftsvertrag kann durch schriftliche Genehmigung des Bürgen gem. § 177 I BGB geheilt werden.

Beispiel:

Onkel Boris will für die Verbindlichkeiten seines Neffen aus dem Autokaufvertrag gegenüber dem Autohaus Glück bürgen. Aus Zeitgründen schickt er seine Frau Beate zum Termin beim Autohaus und sagt ihr, dass sie die Bürgschaft unterzeichnen soll. Beate unterzeichnet die Bürgschaft für ihren Mann. Zwar ist die Bürgschaftserklärung schriftlich abgegeben worden, aber Boris hat seine Frau nicht schriftlich, sondern nur mündlich beauftragt, für ihn die Bürgschaftserklärung abzugeben. Damit ist die Bürgschaftserklärung schwebend unwirksam.
Onkel Boris kann nun schriftlich gegenüber dem Autohaus die Bürgschaft genehmigen. Dann ist die Bürgschaftserklärung wirksam und das Autohaus Glück kann Onkel Boris auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nehmen, wenn sein Neffe den Kaufpreis nicht bezahlen kann.

2.5.4. Blankobürgschaft

Im Falle einer sog. Blankobürgschaft unterschreibt der Bürge die Bürgschaftsurkunde ohne vorher Kenntnis über die wesentlichen Vertragsbestandteile (z.B. Höhe der zu sichernden Forderung, Name des Gläubigers usw.) zu haben. Sollte der Schuldner die Urkunde abredewidrig ausfüllen und in den Verkehr bringen, muss der Bürge - vorausgesetzt der Gläubiger hält die Eintragung für rechtmäßig - für die Summe bürgen, die der Schuldner eingetragen hat, auch wenn diese weit über dem vereinbartem Betrag liegt.

Beispiel:

Um seiner Tochter Sabrina die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 50.000 Euro durch die Bank zu ermöglichen, unterschreibt Bernd die Bürgschaft. Den Betrag der Bürgschaftssumme lässt er jedoch offen, Sabrina soll diesen später eintragen. Als die Bank jedoch eine Bürgschaft über 70.000 Euro verlangt, trägt Sabrina den von der Bank verlangten Betrag ein. Ihr Vater reagiert bestürzt, als die Bank Rückzahlung von 70.000 Euro verlangt, schließlich war zwischen ihm und Sabrina eine Summe von 50.000 Euro abgemacht. Die Bank wusste nichts von der zwischen den Parteien gemachten Abrede.
Folglich muss sich Bernd den durch die Bürgschaftserklärung gesetzten Rechtsschein, er habe sich für 70.000 Euro verbürgt, zurechnen lassen.

2.5.5. Heilung bei Verstoß gegen das Schriftformerfordernis

Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis hat zur Folge, dass die Bürgschaftserklärung gem. § 125 BGB nichtig ist. Der Bürgschaftsvertrag kommt nicht zu Stande. Der Formmangel kann jedoch geheilt werden, wenn der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt hat, § 766 S.2 BGB.

Beispiel:

Ben verbürgt sich für die Darlehensschuld seines Vaters Samuel in Höhe von 20.000 Euro.
Die Bürgschaftserklärung übersendet Ben per E-Mail an die Bank. Im gleichen Zug überweist er den gesamten geschuldeten Betrag an die Bank. Aufgrund der elektronischen Übermittlung der Bürgschaftserklärung ist diese unwirksam. Da Ben jedoch die Hauptverbindlichkeit bereits getilgt hat, gilt der Formmangel als geheilt und die Bürgschaftserklärung als wirksam.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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