Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 39 - Berufung und Revision


Autor(-en):
Anna Martyna Werchracki
wissenschaftliche Mitarbeiterin


8.4 Berufung

Verliert ein Betroffener ein Verfahren vor dem Sozialgericht, kann er Berufung beim Landessozialgericht (LSG) einlegen. Die Möglichkeit Berufung einzulegen setzt jedoch voraus, dass

um mindestens 750 Euro ODER
die Leistungen von mehr als einem Jahr gestritten wird ODER
die Berufung durch das Urteil des Sozialgerichts zugelassen wurde. Dies ist bei Streitigkeiten um die EM-Renten in der Regel der Fall.

Die Berufung kann beim zuständigen Landessozialgericht des jeweiligen Landes eingelegt werden. Optional bietet sich auch die Möglichkeit, die Berufung beim Sozialgericht einzulegen. Dieses kann so nämlich nicht nur die Berufung selbst, sondern auch alle Gerichtsakten an das LSG weiterleiten. Wichtig ist auch hier die Einhaltung der Frist. Nach § 151 SGG kann die Berufung nur bis maximal einen Monat nach dem Urteil des Sozialgerichtes eingereicht werden.

Geht die Berufung beim LSG ein, kann das Gericht weitere Beweise sammeln. Das heißt, weitere Zeugen können vernommen, Berichte und Gutachten angefordert werden. Das Gericht darf Zeugenaussagen jedoch nicht anders bewerten als das Sozialgericht, ohne diese erneut angehört zu haben. Kläger können allerdings keinen weiteren Antrag auf ein § 109 – Gutachten stellen, wenn in der ersten Instanz bereits ein Arzt zum gleichen Thema gehört worden ist. Unabhängig davon, ob das Gericht die Berufung als begründet erachtet, müssen die Beteiligten zumindest angehört werden. Das Verfahren endet mit einem Urteil oder einem Beschluss. Letzterer ergeht ohne die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter.
Ist der Sachverhalt jedoch bereits genügend aufgeklärt und streiten die Parteien lediglich um die Auslegung des Rechts, kann der Rechtsstreit nach § 161 SGG durch die sogenannte Sprungrevision direkt dem Bundessozialgericht eingereicht werden.

Beispiel:
F beantragt eine EM-Rente. Da A eine gewisse Zeit im nicht europäischen Ausland gearbeitet hatte, fallen auch einige Versicherungszeiten in das ausländische Versicherungssystem. Die Rentenversicherung wegert sich, diese für die allgemeine Wartezeit zu berücksichtigen. Das Verfahren vor dem Sozialgericht liefert keine neuen Tatsachen. Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass A die Auslandszeiten erbracht hat. Strittig ist nur, ob diese für die allgemeine Wartezeit berücksichtigt werden können. Beide Parteien sind damit einverstanden, ihre Streitigkeit mittels der Sprungrevision direkt dem Bundessozialgericht vorzutragen.

Für die Sprungrevision herrscht Anwaltszwang. Haben Betroffene vor dem Sozialgericht noch ohne Anwalt verhandelt, so sollte spätestens nach dem Verfahren vor dem Sozialgericht deshalb einer eingeschaltet werden. Dieser kann Betroffene professionell über ihre rechtlichen Möglichkeiten beraten.

8.5 Revision

Ist auch das Verfahren vor dem Landessozialgericht erfolglos und streiten die Parteien über die Auslegung des Rechts, kann eventuell noch eine Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt werden. Der Zugang zum Bundessozialgericht ist vom Gesetzgeber aufgrund der Bedeutung des Gerichts jedoch bewusst stark eingeschränkt worden. Nach § 160 SGG ist die Einlegung der Revision nur möglich, wenn

  • das Landessozialgericht diese zugelassen hat
  • die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, also eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft ODER
  • die Entscheidung des LSG von einer bisherigen Entscheidung des Bundessozialgerichts oder anderer höchster Gerichtshöfe abweicht ODER
  • ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, der für das Ergebnis erheblich ist

Verfahren, die vor einem der höchsten Gerichte ausgetragen werden, haben auch eine enorme Komplexität. Das Gericht sichtet keine weiteren Beweise. Es wird nur über die ungeklärte Rechtsfrage entschieden. Betroffene sollen deshalb mittels eines Anwalts vor dieser Komplexität geschützt werden. Ein Anwalt ist bewandert in rechtlichen Aspekten und kennt zahlreiche, bisher ergangene Rechtsprechung. Er kann Betroffenen zu ihrem guten Recht verhelfen. Ein Anwalt kann zudem ausführlich zum Thema Nichtzulassungsbeschwerde beraten, sollte das LSG eine Revision zum Bundessozialgericht nicht zugelassen haben.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.


 

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Autor(-en):
Anna Martyna Werchracki
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Stand: Dezember 2014


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