Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsrente - Teil 37 - Das Verfahren vor dem Sozialgericht


Autor(-en):
Anna Martyna Werchracki
wissenschaftliche Mitarbeiterin


8.3. Verfahren vor dem Sozialgericht

Legt ein Betroffener gegen einen belastenden Bescheid Widerspruch ein und wird dieser abgelehnt, kann er Klage vor dem zuständigen Sozialgericht einreichen. Welches Sozialgericht zuständig ist, kann der Rechtsbehelfsbelehrung des ablehnenden Bescheides entnommen werden. Generell gilt allerdings auch hier: Für die Klageerhebung ist das Sozialgericht des Bezirkes zuständig, in dem der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat. Auch im Ausland ist eine Klageerhebung möglich. Diese kann entweder beim Deutschen Konsulat oder einem zuständigen Gericht vor Ort erhoben werden.

Betroffene, die eine Klage einreichen wollen, müssen zudem die Klagefrist beachten. Diese beträgt nach § 87 SGG einen Monat nach der Zustellung des ablehnenden Bescheids.

Beispiel
A ist mit der Ablehnung seiner EM-Rente nicht einverstanden. Er legt deshalb am 01.03.2011 fristgerecht Widerspruch ein. Dieser wird jedoch mit einem Bescheid vom 15.04.2011 abgelehnt. A kann nun bis zum 15.05.2011 Klage beim zuständigen Sozialgericht einreichen.

Diese Frist gilt allerdings nur, wenn der ablehnende Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. Fehlt diese, so kann der Betroffene sogar bis zu einem Jahr nach der Zustellung des Bescheides Klage einreichen.
Die Klage muss zudem schriftlich eingereicht werden. Alternativ besteht hier jedoch die Möglichkeit die Klage dem Urkundenbeamten des Sozialgerichts zur Niederschrift zu geben. Letztendlich muss die Klage also schriftlich beim Sozialgericht vorliegen.

Die eingereichte Klage muss nach § 92 SGG folgende Elemente enthalten:

  •  Eine Bezeichnung des Klägers, des Beklagten und des Streitgegenstands. Für die Bezeichnung des Beklagten genügt die Bezeichnung der Behörde
  •  Einen bestimmten Antrag

Beispiel
Der Kläger beantragt die Feststellung seines Anspruchs auf die volle EM-Rente nach § 43 Abs. 1 SGB VI.

  •  Eine Benennung des angefochtenen Verwaltungsakts und/oder Widerspruchsbescheids
  •  Eine Benennung der zur Begründung dienenden Beweismittel
  •  Eine Unterschrift des Klägers oder seines rechtlichen Vertreters

Die Klage muss zudem begründet werden. Die Klagebegründung muss dabei allerdings nicht schon bei der Klageeinreichung vorliegen. Um die Klagefrist wahren zu können, empfiehlt es sich oftmals, eine Klage ohne Begründung einzureichen. Die Klagebegründung sollte dann allerdings so schnell wie möglich nachgereicht werden. Zum einen sind Kläger verpflichtet an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Wird eine Begründung auch nach Aufforderung des Gerichtes nicht innerhalb einer gewissen Frist nachgereicht, so kann das Gericht dieses Verhalten als Rücknahme der Klage werten. Zum anderen dauernd Verfahren vor den Sozialgerichten – nicht zuletzt wegen der „Klageflut“- in der Regel einige Jahre. Es sollte also im Interesse des Betroffenen liegen, den Sachverhalt so schnell wie möglich aufzuklären, um eine Entscheidung nicht unnötig zu verzögern.

Geht die Klage fristgerecht beim Sozialgericht ein, beginnt das Verfahren. Das Sozialgericht ist dabei, wie bereits unter 8.1 geschildet wurde, zu einer umfänglichen Klärung des Sachverhaltes verpflichtet. Der Richter kann dazu bereits vorhandene Unterlagen sichten, andere einfordern oder ein erneutes und umfangreiches Gutachten anfordern. Er kann auch bei Ärzten und anderen Sachverständigen Einkünfte jeder Art einholen. Ärzte müssen vom Versicherten jedoch dafür von ihrer ärztlichen Schweigepflicht befreit werden. Gleichzeitig kann der Versicherte vor dem Sozialgericht darauf bestehen, dass ein bestimmter, von ihm benannter Arzt gehört werden muss. Dieses sogenannte § 109- Gutachten wird im nächsten Unterkapitel näher beleuchtet.

Trotz des umfänglichen Untersuchungsgrundsatzes ist der Richter gleichzeitig verpflichtet, das Verfahren möglichst vorab in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen (§ 106 SGG). Diese Verhandlung dient vor allem dazu, den Sachverhalt mit den betroffenen Parteien zu erörtern. Die Parteien haben hier auch die Möglichkeit sich zu den bereits vorliegenden Beweismitteln zu äußern. In einer mündlichen Verhandlung kann das Gericht jedoch kein Urteil fällen. Die Parteien können sich allerdings hier bereits auf einen Vergleich einigen, um so einem langen Gerichtsverfahren zu entgehen.

Ist der Sachverhalt jedoch bereits vor der mündlichen Verhandlung ausreichend geklärt, kann der Richter auf diese verzichten. Ob und wann ein Sachverhalt geklärt ist, obliegt dabei der Entscheidung des Richters. In einem solchen Fall kommt es auch nicht zur eigentlichen Verhandlung. Der Fall wird dann durch den sogenannten Gerichtsbescheid entschieden.

Erfordert der Sachverhalt jedoch eine mündliche Verhandlung und können sich die Parteien dabei nicht auf einen Vergleich einigen, kommt es zur eigentlichen Verhandlung. Auch hier haben beide Parteien das Recht auf rechtliches Gehör. In der Regel wird nach dieser Verhandlung das Urteil verkündet. Beide Parteien können jedoch auch während des Verfahrens ihre Klage zurückziehen, ein Anerkenntnis ablegen oder einen Vergleich schließen.

 

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Renten wegen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit" von Olaf Bühler, Rechtsanwalt und Anna Martyna Werchracki, Wirtschaftsjuristin LL.B., 1. Auflage 2014, erschienen 2014 im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-31-1.


 

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Autor(-en):
Anna Martyna Werchracki
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Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2013


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