Einführung ins Urheberrecht - 28 - Öffentliche Reden

6.2.1. Öffentliche Reden, § 48 Urheberrechtsgesetz

§ 48 Urheberrechtsgesetz (UrhG) schränkt unter den dort genannten Voraussetzungen das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht und die öffentliche Wiedergabe des Urhebers ein. Hintergrund dieser Regelung ist vor allem die Pressefreiheit und das Interesse der Öffentlichkeit an schneller Information über tagesaktuelle Themen. Damit es zu einer Einschränkung nach § 48 UrhG kommt, müssen die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sein.
Nach § 48 I Nr. 1 UrhG ist die Vervielfältigung und Verbreitung von Reden über Tagesfragen in Zeitungen, Zeitschriften sowie in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die den wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie die öffentliche Wiedergabe zulässig, wenn die Reden bei öffentlichen Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a UrhG oder § 20 UrhG veröffentlicht worden sind.

(1) Es muss sich um eine Rede über Tagesfragen handeln. Die Rede muss schon gehalten worden sein und es muss sich um eine Tagesfrage handeln. Unter einer Tagesfrage versteht man aktuelle Ereignisse, die kurz vor der Rede stattgefunden haben. Ob diese Rede politische oder kulturelle Themen berührt, ist hier nicht von Belang. (Fußnote)

Beispiel:

Rede der Bundeskanzlerin über den kurz zuvor stattgefundenen Staatsbesuch des Präsidenten XY.

Unerheblich ist, ob die Rede vom Autor selbst oder einem Dritter gehalten wurde. Dagegen verletzt die Vorabveröffentlichung eines Redemanuskriptes zumindest bei Reden, die zum ersten Mal gehalten werden, das Veröffentlichungsrecht des Urhebers gem. § 12 UrhG. (Fußnote)

(2) Diese Rede muss bei einer öffentlichen Versammlung gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 19a UrhG oder § 20 UrhG veröffentlicht worden sein.
Eine öffentliche Versammlung ist gegeben, wenn die Allgemeinheit Zutritt hat.

§ 19a UrhG erfasst digitale Online Medien.
§ 20 UrhG erfasst unter anderem den Radio- und Fernsehrundfunk. (Fußnote)

Liegen diese Voraussetzungen vor, dürfen diese Reden in Zeitungen, Zeitschriften sowie in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, vervielfältigt und verbreitet werden, § 48 UrhG.
Daraus ergibt sich, dass die zustimmungsfreie und auch die vergütungsfreie Vervielfältigung und Verbreitung nur für solche Medien gilt, die dem Tagesinteresse dienen.

Zudem erlaubt § 48 I Nr. 1 UrhG die öffentliche Wiedergabe solcher Reden.
§ 48 I Nr. 2 UrhG erfasst den Fall der Reden von öffentlichen Verhandlungen.
Liegen die Voraussetzungen vor, ist auch hier die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe zustimmungs- und vergütungsfrei. Beachtet werden sollte noch für die Frage der Zulässigkeit der Vervielfältigung und Verbreitung, § 48 II UrhG.
Anders als bei § 48 I Nr.1 UrhG ist die Vervielfältigung und Verbreitung hier nicht auf bestimmte Medien beschränkt.

6.2.2 Berichterstattung über Tagesereignisse, § 50 Urheberrechtsgesetz

Nach § 50 UrhG ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlaufe dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

(1) Es muss sich um eine Berichterstattung über ein Tagesereignis handeln.
Unter einer Berichtserstattung versteht man, die wirklichkeitsgetreue, sachliche Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit. Für den Punkt des Tagesereignisses ist wichtig, dass dieses aktuell ist und ein Interesse der Allgemeinheit hervorruft. (Fußnote)

(2) Diese Berichterstattung muss durch Funk oder durch Zeitung, Zeitschriften, etc. geschehen, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, siehe 6.2.1.

Liegen diese Voraussetzungen vor, dürfen Werke, die im Rahmen dieser Berichterstattung wahrnehmbar werden, zustimmungs- und vergütungsfrei vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden.

Beispiel:

Es wird über die Eröffnung einer Kunstausstellung berichtet. Erscheint jetzt das Gemälde des Künstlers X, darf dieses nach § 50 des Urheberrechtsgesetzes gezeigt werden.

Zulässig ist nur die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung in einem durch den Zweck gebotenen Umfang. Das bedeutet einerseits, dass nie über das Werk selbst, sondern nur über ein das mit dem Zusammenhang stehendes Ereignis berichtet wird.

Beispiel:

Es darf also nicht über das Werk des Künstlers X berichtet werden sondern über die Kunstausstellung, bei der das Werk des Künstlers X in Erscheinung tritt.

Andererseits bedeutet dies nicht, dass das Werk nur bruchstückhaft wiedergegeben werden darf. (Fußnote)
Der Umfang der Wiedergabe des Werkes orientiert sich am Zweck der Berichterstattung.

Beispiel aus der Rechtsprechung:

Die 40-minütige Übertragung der Ouvertüre zu Mozarts „Don Giovanni“ anlässlich der Wiedereröffnung der Frankfurter Alten Oper war nicht zulässig. (Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Urheberrecht“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Simon Hofmann, wissenschafticher Mitarbeiter, Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2011, ISBN 978-3-939384-12-0


 

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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Abmahnungen wegen urheberrechtswidriger Nutzung von Daten, Karten, Texten (wie z.B. Vertragswerken oder AGB in ihrer Gesamtheit), Fotos oder Bildern. Er gestaltet und prüft Lizenzverträge zur Regelung der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder zur Übertragung von Nutzungsrechten für Agenturen, Künstler, Firmen, Rechteverwerter und Medienunternehmen. Er prüft und gestaltet Verwertungsverträge, setzt Verwertungsrechte durch und schützt diese. Er berät bei der Gestaltung von  Webseiten, Unternehmensdarstellungen, Werbeauftritten und Prospekten und prüft deren rechtssichere Darstellung. Rechtsanwalt Brennecke vertritt bei Schadensersatzansprüchen wegen verletzten Urheberrechten an Bildern, Texten, Musik, Videos und anderen Werken. Er vertritt Autoren und Urheber bei der Durchsetzung angemessener Vergütungsansprüche, beispielsweise aufgrund erweiterter Nutzung.

Harald Brennecke hat zum Thema Urheberrecht und Lizenzrecht veröffentlicht:

  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • „Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Urheberrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Rechtsanwalt Brennecke bietet Vorträge, Seminare und Schulungen im Urheberrecht an, unter anderem zu den Themen:

  • Medien, Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Urheberrecht – Nicht alles, was Spaß macht, ist auch erlaubt
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