Werbeanlagen – Teil 10 – Abstandsflächen

3.2.2.3 Abstandsflächen

Bauordnungsrechtlich immer von Bedeutung sind die Abstandsflächen, die zwischen den baulichen Anlagen eingehalten werden müssen. So wird dadurch beispielsweise die Brandgefahr besser reguliert. Aber auch die Belichtung, Belüftung oder der notwendige Sozialabstand sind Gründe die hinter diesen Regelungen stehen. Diese Abstandsregelungen gelten daher selbstverständlich auch für Werbeanlagen. Jedoch werden sie dort regelmäßig nur eine untergeordnete Rolle spielen. Welche Abstände wann eingehalten werden müssen ergibt sich dabei wieder aus den entsprechenden Landesbauordnungen der Länder.

3.2.3 Umweltrechtliche Vorschriften

Wie schon erwähnt sind für die genehmigungspflichtigen baulichen Anlagen nicht nur klassische baurechtliche Vorschriften von Bedeutung. Es dürfen vielmehr gar keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, damit die erwünschte Genehmigung erteilt wird. Dazu gehören auch Vorschriften aus dem umweltrechtlichen Bereich. Dabei werden die umweltrechtlichen Gesichtspunkte schon eine Stufe vor der eigentlichen Genehmigung interessant, nämlich bei der Aufstellung und Planung der Bebauungspläne. Nach den §§ 2 Abs. 4, 2a BauGB ist eine Umweltprüfung durchzuführen und die Belange des Umweltschutzes sind bei dem bauplanerischen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen. Dabei wirken sich die umweltrechtlichen Belange natürlich zunächst nur mittelbar auf die spätere Genehmigung aus. Je nach dem, ob der Bebauungsplan umgesetzt werden kann und was für eine Gebietstypik festgelegt wird, bestimmt sich, ob Werbeanlagen später zulässig sein werden oder nicht (s.o.).

Aber auch auf der Ebene der Genehmigungserteilung spielen umweltrechtliche Vorschriften eine Rolle. So hat das VGH Mannheim in einem Urteil vom 30. August 2012 entschieden, dass für eine Video-Webeanlage, die in ihrer Betriebszeit mit Lichtimmissionen auf benachbarte Grundstücke einwirkt, die Hinweise des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen zu beachten sind. Diese sind im Einzelfall als sachverständige Beurteilungshilfe heranzuziehen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlage ist in Art. 20a GG erklärte Staatszielbestimmung der Bundesrepublik Deutschland. Naturgemäß sollen deswegen Werbeanlagen aus der Natur ferngehalten werden. Daher finden sich auch in den Naturschutzgesetzen der Länder Vorschriften, die bei der Genehmigung von Werbeanlagen eine Rolle spielen.

So ist beispielsweise in § 21 NatSchG BW geregelt, dass Werbeanlagen im Außenbereich grundsätzlich unzulässig sind. Darunter fallen auch Himmelsstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung, die in der freien Landschaft störend in Erscheinung treten. Davon können jedoch auch Ausnahmen gemacht werden, wenn, vereinfacht gesagt, keine negativen Auswirkungen auf die Natur zu befürchten sind.

3.2.4 Verkehrsrechtliche Vorschriften

Ferner können auch Vorschriften aus dem straßenrechtlichen Bereich relevant werden. Dies ergibt sich, bei genauerem hinsehen, schon aus dem Zweck der Werbeanlagen: Es soll Aufmerksamkeit erregt werden! Gerade im Straßenverkehr ist es jedoch notwendig, dass die Aufmerksamkeit der Teilnehmer möglichst ungestört dem Straßenverkehr gilt.

Dem trägt der § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StVO Rechnung. Danach ist außerhalb geschlossener Ortschaften, jede Werbung und Propaganda durch Bild, Licht, Schrift oder Ton verboten, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder die Verkehrsteilnehmer abgelenkt oder belästigt werden könnten.

Dieser Gedanke spiegelt sich auch im § 9 Abs. 6 des Bundesfernstraßengesetzes wieder. Darin werden Werbeanlagen den Hochbauten aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 gleichgestellt. Diese, und daher auch die Werbeanlagen, dürfen in einer Entfernung von 40m bei Autobahnen und bis zu einer Entfernung von 20m bei Bundesstraßen, außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, nicht errichtet werden. Aber auch in den Bauordnungen der Länder finden sich diesbezüglich zu beachtende Vorschriften. So wird im § 16 der LBO BW die Verkehrssicherheit im Bezug auf bauliche Anlagen normiert. Bauliche Anlagen müssen demnach Verkehrssicher sein (§ 16 Abs. 1) und dürfen die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht gefährden (§ 16 Abs. 2). Für Werbeanlagen ist die zweite Regelung besonders von Bedeutung. Allerdings muss die Beurteilung der Verkehrsgefahr unter dem allgemeinen Gesichtspunkt erfolgen, dass sich heutzutage ein gewisser Gewöhnungseffekt im Bezug auf Außenwerbung eingestellt hat. Daher ist nicht jede auffällige Werbung grundsätzlich eine Gefährdung für die Verkehrssicherheit. Vielmehr erfolgt eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalles.

Beispiel:

Der Unternehmer U plant eine auffällige Videotafel, die auf seinen Gewerbebetrieb hinweisen soll. Auf der Tafel sollen aktuelle Stellenangebote und sonstige kurze Informationen über das Unternehmen aufgeführt sein. Der Betrieb befindet sich am Ende der Gemeinde G in Baden-Württemberg. Er liegt aber noch innerhalb der Ortschaft und befindet sich in unmittelbarer Nähe zur durchführenden Bundesstraße. Das Gebiet ist als Industriegebiet ausgewiesen. Die Straße ist übersichtlich und es befinden sich keine gefährlichen Kreuzungen oder Fußgängerüberwege darauf. Welche verkehrsrechtlichen Vorschriften sind beim Genehmigungsverfahren zu beachten? Wird das Vorhaben dagegen verstoßen?

    • Zunächst ist festzustellen, dass der Betrieb innerhalb der Ortschaft liegt. Damit liegt keine generelle Unzulässigkeit nach § 9 Abs. 6 des Bundesfernstraßengesetzes vor. Grundsätzlich ist jedoch § 16 LBO BW zu beachten. Die Werbetafel darf nicht die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährden. Jedoch ist auch in Betracht zu ziehen, dass es sich um eine übersichtliche Straße handelt, auf der keine besonderen verkehrsspezifischen Gefahren zu finden sind. Vielmehr ist die Straße gut überschaubar und befindet sich am angrenzenden Industriegebiet, sodass auch nicht mit übermäßig viel Fußgängerverkehr zu rechnen ist. Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass sich heutzutage ein allgemeiner Gewöhnungseffekt im Bezug auf Werbeflächen eingestellt hat , sollte die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer nicht übermäßig in Anspruch genommen werden. Dafür spricht auch, dass auf der Videotafel nur Stellenanzeigen und andre Informationen über das Unternehmen abgebildet werden sollen. Anders könnte dies jedoch dann zu beurteilen sein, wenn Filme mit schnellen Schnitten oder ähnlichen Effekten abgespielt werden sollten. Da dies jedoch nicht der Fall ist, ist von einer Zulässigkeit im Bezug auf die verkehrsrechtlichen Vorschriften auszugehen.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Zulässigkeit von Werbeanlagen“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2016, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-006-9.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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