Umweltstrafrecht für Geschäftsführer – Teil 34 – KrWG, § 60 Abs. 3 WHG

8.3.3 Unerlaubter Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage nach dem KrWG

Nach § 327 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StGB ist strafbare Tatbestandshandlung das unerlaubte Betreiben einer Abfallentsorgungsanlage nach dem KrWG. Abfallentsorgungsanlagen sind Deponien nach § 3 Abs. 27 KrWG. Der unerlaubte Betrieb oder die Errichtung weiterer Arten von Abfallentsorgungsanlagen, die keine Deponien sind (Fußnote) ist nicht nach § 327 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 strafbar, sondern kann allenfalls Gegenstand des unerlaubten Betriebs von genehmigungsbedürftigen Anlagen oder einer sonstigen Anlage gemäß BImSchG gemäß § 327 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB sein (Fußnote), wenn deren Betrieb gemäß § 25 BImSchG untersagt wurde (Fußnote).

Beispiel
Die GumChem-GmbH betreibt auf Weisung des Geschäftsführers G neuerdings neben ihrem Betriebsgelände eine eigene Untertagedeponie zur Entsorgung ihrer ausgeschiedenen Kunststoffproduktionen. Dort werden jährlich über 50 Tonnen an Ausschussproduktionen gelagert. Eine Genehmigung für die Entsorgungsanlage hat G trotz Anraten eines befreundeten Fachanwalts für Verwaltungsrecht nicht eingeholt.

  • G erfüllt den Tatbestand des unerlaubten Betriebs einer Abfallentsorgungsanlage nach § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB. Zwar ist rechtlicher Anlagenbetreiber als Adressat der Genehmigungspflicht die GmbH selbst. Die strafrechtliche Verantwortung wird aber über die Vorschrift des Handelns für einen anderen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf den G übergewälzt. Die Deponie für die Produktionsabfälle stellt eine genehmigungsbedürftige Anlage nach der Vorschrift über die Genehmigungspflicht nach § 35 Abs. 1 KrWG. Die Vorschrift verweist direkt auf die Genehmigungsvorschrift des § 4 Abs. 1 BImSchG. Diese erklärt über die Vorschrift der genehmigungsbedürftigen Anlagen des § 1 der 4. BImSchV in Verbindung mit Nr. 8.14.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV Untertagedeponien wie vorliegend für genehmigungsbedürftig. Da G aber die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt hat, erfolgt der Betrieb dieser Deponie ohne die erforderliche Genehmigung und damit unerlaubt.


8.3.4 Unerlaubter Betrieb einer Abwasserbehandlungsanlage nach § 60 Abs. 3 WHG

Nach § 327 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 StGB macht sich strafbar, wer unerlaubt eine Abwasserbehandlungsanlage nach § 60 Abs. 3 WHG betreibt. Eine Abwasserbehandlungsanlage liegt vor, wenn die Anlage darauf ausgelegt ist, durch ihre spezielle Funktionsweise jede Art der schädlichen Wirkung des Abwassers zu verringern (Fußnote). Nach der Vorschrift über Abwasseranlagen des § 60 Abs. 3 WHG bedarf es einer Genehmigung für den Betrieb eine Abwasserbehandlungsanlage, wenn

  • für die Anlage eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Fußnote) vorgeschrieben ist oder
  • in der Anlage Abwasser behandelt wird, das seinerseits aus genehmigungsbedürften Anlagen nach § 3 der 4. BImSchV, wie z. B. Anlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf oder Warmwasser stammt oder
  • in der Anlage Abwasser behandelt wird, das kein häusliches Abwasser nach Art. 2 lit. 2 der Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser darstellt. Damit ist industrielles Abwasser gemeint, das aus Anlagen für gewerbliche oder industrielle Zwecke stammt (Fußnote).

Beispiel
Die ClearWater-GmbH reinigt gewerbsmäßig Abwasser, das organisch belastet ist. Die Reinigungsanlage ist dafür ausgelegt, pro Tag 10.000 kg organisch belastetes Abwasser zu behandeln. Problematisch ist nur, dass Geschäftsführer G hierfür keine Genehmigung eingeholt hat, obwohl er Kenntnis davon hat, dass er zum Betrieb der Reinigungsanlage eine solche Genehmigung hätte einholen müssen.

  • G macht sich wegen unerlaubten Betriebs einer Abwasserbehandlungsanlage nach § 327 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 StGB strafbar. G hat keine Genehmigung eingeholt, obwohl dieser erforderlich war. Denn bei dieser Reinigungsanlage handelt es sich um eine Abwasserbehandlungsanlage, die nach Nr. 13.1.1 der Anlage 1 des Gesetztes über die Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-pflichtig ist. Somit handelt es sich um eine solche Abwasserbehandlungsanlage, die nach der Vorschrift über die Genehmigungspflicht von Abwasseranlagen des § 60 Abs. 3 Nr. 1 WHG genehmigungspflichtig ist. Zwar ist Adressat dieser Pflicht die GmbH als rechtliche Anlagenbetreiberin selbst, jedoch wird dem W dieses Merkmal über die Vorschrift des Handelns für einen anderen zugerechnet. Zudem handelte W vorsätzlich.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers im Umweltstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Alexander Becker, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-79-3.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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