Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 14 – Die leichtfertige Steuerverkürzung

6 Weitere Steuerstraftaten – und ordnungswidrigkeiten

Es existieren eine Fülle von einschlägigen Vorschriften weiterer Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten.

6.1 Übersicht und Besonderheiten

Die praxisrelevanten, weiteren Steuerstraftaten- und ordnungswidrigkeiten sind:

  • Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO
  • Steuergefährdung, § 379 AO
  • Gefährdung der Abzugsteuer, § 380 AO
  • Bannbruch, § 372 AO
  • Wertzeichenfälschung, § 148 StGB
  • Schädigung des Umsatzsteueraufkommens, § 26b UStG

Diese Tatbestände sind zum Teil äußerst speziell ausgestaltet, um Strafbarkeitslücken im Rahmen der Ahndung des § 370 AO zu schließen und diesen damit zu ergänzen.

6.2 Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO

Die leichtfertige Steuerverkürzung des § 378 AO ist eine Steuerordnungswidrigkeit. Durch die Bußgeldbewehrung der fahrlässigen Begehungsform trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass dem öffentlichen Interesse an einer vollständigen und korrekten Steueranzeige eine besondere Schutzbedürftigkeit zugesprochen wird.(Fußnote) Die leichtfertige Steuerverkürzung in § 378 AO ist eine Ergänzung zur Steuerhinterziehung in § 370 AO und identisch aufgebaut. Allerdings begeht man eine leichtfertige Steuerverkürzung schon dann, wenn man leichtfertig unrichtige Angaben macht oder pflichtwidrig unterlässt. Das entspricht einer Ausweitung der Ahndung. Das Erkennen der Möglichkeit einer Steuerhinterziehung und dass man diese billigend in Kauf nimmt, wie es für § 370 AO erforderlich ist, muss nicht gegeben sein.

6.2.1 Tatbestand

Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung ist jeder, der einen ursächlichen Beitrag zur Verwirklichung des Tatbestandes geleistet hat. Eine Abstufung zwischen Täterschaft und Teilnahme findet nicht statt. Art und Intensität des Tatbeitrags finden lediglich im Rahmen der Festsetzung der Bußgeldzumessung Berücksichtigung.(Fußnote) Der Tatbestand (im Gegensatz zu § 370 AO) ist auf „Steuerpflichtige“ und „Personen, die Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen wahrnehmen“ begrenzt und stellt somit ein Sonderdelikt dar.(Fußnote) Die Steuerpflichtigkeit in diesem Sinne bestimmt sich nach § 33 AO.

„Steuerpflichtiger“ ist gemäß § 33 Absatz 1 AO:(Fußnote)

  • der Steuerschuldner, der die Steuer für eigene Rechnung selbst zu entrichten hat
  • der Steuerhaftende, der für die Schuld eines anderen mit seinem Vermögen einzustehen hat
  • der Steuerentrichtungspflichtige, der die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat
  • der Steuererklärungspflichtige (im Sinne des § 149 Absatz 1 AO).
  • der zur Sicherheitsleistung Verpflichtete (Im Sinne des § 241 Absatz 1 AO)
  • der Buchführungs- und Aufzeichnungsverpflichtete (Im Sinne der § 140ff. AO)
  • derjenige, den andere steuergesetzlich auferlegte Verpflichtungen treffen (z.B. gesetzliche Vertreter im Sinne der §§ 34f. AO)

Ausdrücklich ausgenommen davon ist jedoch gemäß § 33 Absatz 2 AO, wer

  • in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen hat (§ 93 AO),
  • Urkunden vorzulegen hat (§ 97 AO)
  • ein Sachverständigengutachten zu erstatten hat (§ 96 AO) oder
  • das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat (§ 99 AO).

Das „Wahrnehmen der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen“ wird großzügig ausgelegt und trifft deswegen einen weiten Personenkreis:(Fußnote) Bevollmächtige, Rechtsanwälte, Notare, Angehörige steuerberatender Berufe, aber auch bloße Hilfspersonen des Steuerpflichtigen, soweit deren Tätigkeit eine gewisse Selbstständigkeit aufweist, kommen in Betracht.(Fußnote)

Was die Tathandlungen angeht, bezieht sich § 378 AO auf § 370 AO, weswegen auf diese Ausführungen verwiesen werden kann. Ebenso verhält es sich mit dem Taterfolg: Dieser muss eingetreten sein und bestimmt sich analog zu § 370 AO. Es gibt jedoch keinen Versuch der leichtfertigen Steuerverkürzung. Damit muss es zwingend einen Verkürzungserfolg eingetreten sein, um eine Ahndung objektiv möglich zu machen.

Subjektiv ist für § 378 AO kennzeichnend, dass die Handlung leichtfertig begangen werden kann. Leichtfertigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn „der Täter die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten imstande ist, obwohl sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird“.(Fußnote) Kennzeichnend für die Leichtfertigkeit ist eine grobe Achtlosigkeit, mit derer er den Tatbestand verwirklicht. Er „lässt unbeachtet, was jedem anderen einleuchten muss“.(Fußnote)

Die Bestimmung der Leichtfertigkeit bereitet im Einzelfall meist Schwierigkeiten und muss im Rahmen des Prozesses geklärt werden. Die bloße Tatsache, dass der Vorsatz für eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO nicht nachgewiesen werden konnte, reicht allein nicht aus, um Leichtfertigkeit im Sinne des § 378 AO automatisch zu bejahen.(Fußnote)

6.2.2 Ahndung

Gemäß § 47 Absatz 1 OWiG steht die Bußgeldverhängung im pflichtgemäßem Ermessen der Steuerverwaltungsbehörden oder der zuständigen Staatsanwaltschaft. Das heißt, dass es nicht zwangsläufig zu einer Ahndung kommen muss. Die Regelungen entsprechen nicht dem System der Tagessätze aus dem Strafgesetzbuch. Grundlage für die Bemessung sind die objektive Bedeutung und der Grad des Vorwurfs, der den Täter in subjektiver Hinsicht trifft, außerdem seine wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 17 Absatz 3 OWiG).

Für die leichtfertige Steuerverkürzung droht das Gesetz eine Geldbuße von mindestens fünf und maximal 50.000 € an. Dieser Höchstbetrag darf jedoch unter anderem dann überschritten werden, wenn der wirtschaftliche Vorteil aus der Tathandlung höher gewesen ist, siehe § 17 Absatz 4 OWiG.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.


 

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Stand: Januar 2016


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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
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Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
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Telefon: 0721-20396-28

 

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