Steuergestaltung Geschäftsführer – Teil 19 – Strafrechtliche Folgen

Denkbar ist auch die Konstellation, dass eine Kapitalgesellschaft in die Insolvenz geht und sich in diesem Zusammenhang herausstellt, dass für den nicht sozialversicherungspflichtigen Geschäftsführer jahrelang fälschlicherweise Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind. In einem solchen Fall besteht für den Geschäftsführer ein Erstattungsanspruch der geleisteten Arbeitnehmerbeiträge nach § 26 Abs. 2 SGB IV. Begründet wird dieser Anspruch durch die Rechtsprechung damit, dass die Sozialversicherungsbeiträge demjenigen zustehen, der sie auch geleistet hat. Das ist für einen zu Unrecht abgeführten Arbeitnehmeranteil der angebliche Arbeitnehmer, also in diesem Fall der Geschäftsführer, sofern der Anteil von seinem Bruttogehalt abgezogen und abgeführt worden ist.(Fußnote) Die steuerrechtlichen Folgen

Die Weitergabe von zurückerstatteten Arbeitgeberbeiträge an den Geschäftsführer bzw. die Umwandlung in eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung kann als vGA zu beurteilen sein.
Bei einer Erstattung der bisherigen Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an den Gesellschafter-Geschäftsführer durch den Sozialversicherungsträger, bleibt dieser Vorgang ohne Auswirkung auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns.
Die zurückerstatteten Beiträge mindern im Kalenderjahr der Rückzahlung gleichartige Aufwendungen, die im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung als Sonderausgaben (Fußnote) geltend gemacht werden. Erstattungsüberhänge im Bereich der Sonderausgaben führen gem. § 10 Abs. 4b Satz 2 EStG zu keiner Korrektur des Einkommensteuerbescheides, bei dem sie sich ursprünglich ausgewirkt hatten. Vielmehr wird bei einem Erstattungsüberhang von Vorsorgeaufwendungen (Fußnote) der Betrag des Erstattungsüberhangs im Jahr, in dem er ausgezahlt wird, dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzugerechnet.
Kommt es zur Erstattung von Altersvorsorgeaufwendungen oder sonstigen Aufwendungen, die nicht mit entsprechenden Beiträgen im Erstattungsjahr verrechnet werden können, hat dies keine steuerlichen Auswirkungen.
Bei Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen, die nicht erstattet werden, weil Versicherungsleistungen zu erbringen waren, ist der Arbeitgeberanteil der Gesellschaft, der bisher als steuerfreier Arbeitslohn gezahlt wurde, nachträglich zu versteuern.
Kann die Gesellschaft den Lohnsteuerabzug nicht mehr korrigieren, weil es nach Ablauf des Kalenderjahres bereits die Lohnsteuerbescheinigung übermittelt hat, muss gem. § 41c Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG dies dem Betriebsstätten-Finanzamt angezeigt werden.

Beispiel
Die A-GmbH hat bei ihrem Fremdgeschäftsführer Herrn Meier für das Jahr 2018 irrtümlich einen zu geringen Lohnsteuerabzug durchgeführt. Der Fehler fällt der Buchhaltung erst im Februar 2019 auf. Die Lohnsteuerbescheinigung für 2018 ist bereits übermittelt worden.

  • Eine nachträgliche Einbeziehung von Lohnsteuer ist wegen der bereits erfolgten Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr möglich. Die A-GmbH ist daher verpflichtet, dem zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt darüber Anzeige zu machen. Diese Anzeige ersetzt die Erfüllung der Einbehaltungspflichten und führt zum Haftungsausschluss der A-GmbH. Das Finanzamt hat in einem solchen Fall die zu wenig erhobene Lohnsteuer von Herrn Meier gem. § 42d Abs. 2 EStG nachzufordern. Bei einer Unterlassung der Anzeige haftet die A-GmbH für die Lohnsteuer von Herrn Meier.

5.4.2 Die strafrechtlichen Folgen

Besteht ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis des Geschäftsführers, ist die Gesellschaft bzw. die Geschäftsführung verpflichtet, eine Meldung bei der Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle zu machen, Lohnunterlagen zu führen und die Gesamtsozialversicherungsbeiträge an die Krankenkasse abzuführen. Kommen die Gesellschaft bzw. die Geschäftsführung diesen Pflichten durch unwahre oder unvollständige Angaben bewusst nicht nach, ist eine Strafbarkeit wegen Betruges nach § 263 StGB möglich. Werden die Sozialversicherungsbeträge des Geschäftsführers nicht abgeführt, machen sich die Gesellschafter bzw. die Geschäftsführung nach § 266a StGB wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt strafbar. Dieses Delikt ist allerdings nur verwirklicht, wenn die Zahlung durch die Gesellschaft bzw. die Geschäftsführung auch möglich war, was unter bestimmten Umständen (Fußnote) nicht der Fall sein kann.

5.5 Rechtsweg

Rechtsstreitigkeiten über die Sozialversicherungspflicht werden vor den Sozialgerichten ausgetragen, während bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer über den nachträglichen Abzug von Arbeitnehmeranteilen am Sozialversicherungsbeitrag arbeitsgerichtlich entschieden werden. Ebenfalls vor den Arbeitsgerichten werden Schadensersatzansprüche des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht, wenn die Gesellschaft die Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt hat. Eine Statusklage vor dem Arbeitsgericht entfaltet keine Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger.
Es kommt gelegentlich vor, dass bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer fälschlicherweise eine Sozialversicherungspflicht angenommen wurde und die Arbeitgeberbeiträge steuerfrei bleiben.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Die Steuergestaltung des Geschäftsführers“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Jürgen Seul, Assessor mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-007-6.


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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