Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 19 – Zuwendung unter Ehegatten, Güterstandwechsel

3.6.2.4 Zuwendung unter Ehegatten

Eine Zuwendung unter Ehegatten, die unentgeltlich erfolgt, kann ebenso Probleme des Pflichtteilsergänzungsanspruchs mit sich führen. Unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten werden als unbenannte Zuwendungen bezeichnet. Sie dienen der Verwirklichung oder Ausgestaltung der ehelichen Gemeinschaft und stellen nach der Rechtsprechung keine Schenkung im rechtlichen Sinne dar.(Fußnote) Grund dafür ist, dass die Zuwendung unter Ehepartnern auf der Grundlage beruht, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben wird. Damit ist die unbenannte Zuwendung nicht vollkommen freigiebig und vermögensmindernd, was den Charakter einer Schenkung grundsätzlich ausmacht. Allerdings kann durch diese rechtliche Einschätzung der Pflichtteilsanspruch erheblich gemindert werden, ohne dass die Gefahr besteht, dass durch die unbenannte Zuwendung Pflichtteilsergänzungsansprüche geriert werden. Um diese potentielle Missbrauchsgefahr zu unterbinden, werden ehebezogenen Zuwendungen auf erbrechtlicher Schiene objektiv als Schenkung eingestuft.(Fußnote)

3.6.2.5 Unentgeltliche Übertragung der Gesellschafterstellung

Im Rahmen einer Personengesellschaft besteht die Möglichkeit, Dritte in das Unternehmen einzuführen, ohne dadurch eine Ergänzungspflicht nach § 2325 Abs. 1 BGB auszulösen. Der Unternehmer kann seinen Nachfolger auswählen und ihm unentgeltlich eine Gesellschafterstellung einräumen. Dieser Vorgang wird trotz der Unentgeltlichkeit nicht als Schenkung qualifiziert, da die mit der Gesellschafterstellung einhergehenden Pflichten eine entsprechende Gegenleistung für den Gesellschaftseintritt darstellen.(Fußnote)

Beispiel
Unternehmer U nimmt seinen Freund F in die dem U gehörende XY-OHG auf. F muss dafür keinen Preis bezahlen, aber er hat aufgrund der Gesellschafterstellung Pflichten zur Arbeitsleistung und die Last der persönlichen Haftung (§ 128 Satz 1 HGB) übernommen.

  • Damit besteht keine Unentgeltlichkeit und ein etwaiger Pflichtteilsergänzungsanspruch scheidet aus.
    Anders zu beurteilen ist die Sachlage dann, wenn dem Nachfolger eine Kommanditistenstellung ohne die Pflicht zur Einlagenerbringung eingeräumt wird. Einen Kommanditisten treffen, bis auf die Einlageverpflichtung, keine weiteren Pflichten gegenüber der Gesellschaft und deren Gläubigern. Damit liegt bei der Zuwendung einer Kommanditistenstellung, bei der die Kapitaleinlage bereits erbracht wurde, ein unentgeltliches und damit ergänzungspflichtiges Rechtsgeschäft vor.

Problematisch ist die Einordnung eines gesellschaftsvertraglichen Abfindungsausschlusses als entgeltliches oder unentgeltliches Rechtsgeschäft. Im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft wird meist ein Abfindungsausschluss dahingehend vereinbart, dass die Erben beim Ausscheiden eines Gesellschafters durch Tod keine Abfindungsansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen können. Damit werden die Unternehmenskontinuität und das Unternehmervermögen geschützt.(Fußnote) Der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters wächst den übrigen Gesellschaftern an, ohne eine Ausgleichungspflicht gegenüber den Erben auszulösen. Die Unentgeltlichkeit einer solchen Abfindungsklausel wird dann bejaht, wenn sich alle Gesellschafter gleichermaßen darauf einlassen. Denn dann opfert potentiell jeder Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil und erhält im Gegenzug die Chance, am Gesellschaftsanteil eines anderen beim Ausscheiden zu partizipieren.(Fußnote)

3.6.3 Güterstandwechsel

Den Ehegatten steht es nach der güterrechtlichen Vertragsfreiheit (§ 1408 BGB) frei, den Güterstand zu Lebzeiten zu wechseln. Motive, die dazu Anlass geben, sind insbesondere:

  • veränderte ehebezogene Umstände oder
  • erbschaftsrechtliche und
  • erbschafts- und schenkungssteuerrechtliche Aspekte.

Beispiel
Der Unternehmer U und seine berufstätige Ehefrau F vereinbarten bei der Eheschließung Gütertrennung. Nach einigen Jahren hegen U und F einen Kinderwunsch, den sie sich erfüllen. Insoweit erscheint es ihnen aber unbillig, dass F, die durch die Schwangerschaft und die Betreuung des Kindes nicht mehr arbeiten kann, nicht an dem Vermögenszuwachs des Unternehmers U beteiligt ist. Deshalb entschließen sie sich, für die Zeit ab der Schwangerschaft, in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft einzutreten.

  • Eine solche Vereinbarung ist wegen § 1408 BGB möglich und schützt die Privatautonomie der Ehegatten.

Durch einen Güterstandswechsel soll die Verlagerung von Vermögen des einen auf den anderen Ehepartner erreicht werden. Diese Vermögensverlagerung kann zu Lebzeiten geschehen, indem Vermögen aufgrund eines aufgelösten Güterstandes auseinandergesetzt und unter den Ehegatten verteilt wird. Sie kann auch erst im Todesfall eines Ehegatten eintreten, indem durch den Güterstandswechsel die erbrechtliche Stellung des Ehegatten verbessert wurde. Ziel des Güterstandswechsels ist die Korrektur etwaiger erbrechtlicher Konsequenzen für das Vermögen des Verstorbenen.

Interessant ist der Güterstandwechsel für die Unternehmerehe, da sich die Möglichkeit bietet, das Unternehmen oder den Unternehmensanteil aus der Erbmasse herauszuhalten und diesen vor etwaigen Pflichtteils- oder Auseinandersetzungsansprüchen zu schützen.(Fußnote) Dem Unternehmer steht die Möglichkeit offen, durch güterstandsbedingte Vermögensverlagerungen das Unternehmervermögen vor hohen Pflichtteilsansprüchen von Kindern des Erblassers zu verschonen.

Insoweit ist erforderlich, dass das Vermögen der Ehepartner zusammengeführt wird.(Fußnote)

Ein Güterstandwechsel kann erfolgen durch einen Wechsel von der:

  • Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung in die Gütergemeinschaft (Gütergemeinschaftsmodell) oder
  • Zugewinngemeinschaft durch vorzeitige Beendigung des Zugewinnausgleichsanspruchs in die Gütertrennung (Gütertrennungsmodell).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.


 

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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
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Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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