Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 15 – Testamentsvollstreckung über unternehmerische Vermögenswerte

3.5.2.1 Testamentsvollstreckung über unternehmerische Vermögenswerte

Um das Unternehmervermögen über den Tod des Unternehmers hinaus zu schützen, kann die Vermögensverwaltung einem Testamentsvollstrecker übertragen werden. Dadurch kann dem Willen des Erblassers zur Verwirklichung geholfen werden.

So kann es z.B. vorkommen, dass der Erblasser einen Unternehmensnachfolger bestimmt hat, der noch sehr jung und ohne unternehmerische Erfahrung ist. Um den Einstieg in die unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen, aber in der Zeit bis dahin das Unternehmen vor Fehlentscheidungen zu schützen, kann eine Testamentsvollstreckung sinnvoll sein. Ebenfalls wird dadurch der Schutz des Unternehmens vor Zugriffen von Gläubigern des Erben verwirklicht Ist der Erbe verschuldet und soll das Unternehmervermögen nicht darunter leiden aber trotzdem auf den Erben übergehen, kann die Testamentsvollstreckung aus diesem Dilemma helfen.

Sind sich die Unternehmenserben nicht im Klaren darüber, ob und wie mit dem Unternehmen fortzufahren ist, kann der Testamentsvollstrecker den Willen des verstorbenen Unternehmers gegen die schädigende Einflussnahme der Erben durchsetzen. Selbiges gilt für den ungeeigneten Unternehmenserben, der aber trotz seiner mangelnden unternehmerischen Kompetenz das Unternehmen in seinem Namen fortführen soll.

3.5.2.1.1 Einzelunternehmen

Ein Einzelkaufmann haftet gegenüber seinen Gläubigern unbeschränkt. Wenn der Testamentsvollstrecker ein Einzelunternehmen verwaltet und Verbindlichkeiten eingeht, kann die Situation entstehen, dass weder die Erben noch der Testamentsvollstrecker für diese Verbindlichkeiten unbeschränkt haften. Der Testamentsvollstrecker kann in Bezug auf den Nachlass, also das Einzelunternehmen, Verbindlichkeiten eingehen. In eigener Person haftet er für diese neu begründeten Verbindlichkeiten nicht persönlich. Die Erben werden aus diesen Rechtsgeschäften nur soweit verpflichtet, wie die Verpflichtung aus dem Nachlass erfüllt werden kann. Darüber hinaus besteht keine Haftung. Da diese Situation in Konflikt mit den für eine beschränkte Haftung vorgesehenen Rechtsformen (AG, GmbH) steht, muss ein anderer Lösungsweg für die Verwaltung des persönlich haftenden Einzelkaufmanns bestehen.

3.5.2.1.1.1 Treuhandlösung

Der Erblasser ordnet an, dass die Erben das Handelsgeschäft auf den Testamentsvollstrecker übertragen. Der Testamentsvollstrecker gilt im Außenverhältnis als Inhaber des Handelsgeschäfts und handelt in eigenem Namen. In seiner Person werden neue Verträge geschlossen und über Gegenstände verfügt. Er haftet in seiner Person unbeschränkt für die von ihm eingegangenen neuen sowie für die bereits bestehenden Verbindlichkeiten. Damit besteht eine Lösung für die sonst eintretende beschränkte persönliche Verpflichtung.
Die Erben sind weiterhin Inhaber des Unternehmervermögens. Die Berechtigung des Testamentsvollstreckers im Hinblick auf fremdes Vermögen Verpflichtungen eingehen und Verfügungen vornehmen zu können, ergeben sich aus der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 2205, 2206 BGB. Im Innenverhältnis sind die Erben dem Testamentsvollstrecker zur Freistellung von etwaigen Ansprüchen gegen den treuhänderisch tätigen Testamentsvollstrecker verpflichtet.(Fußnote)

3.5.2.1.1.2 Vollmachtlösung

Der Erblasser ordnet an, dass die Erben dem Testamentsvollstrecker Vollmacht erteilen müssen. Die Erben bleiben die Geschäftsinhaber des Handelsgeschäfts. Sie bevollmächtigen den Testamentsvollstrecker, der in ihrem Auftrag im Außenverhältnis für das Unternehmen tätig wird. Dieser handelt im Namen der Erben, die aus den vorgenommenen Rechtsgeschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet werden. Die neu eingegangenen Verbindlichkeiten beschränken sich nicht nur auf die Haftung aus dem Nachlass, sondern die Erben haften vielmehr in ihrer Person unbeschränkt. Dadurch verlieren die Erben konsequenterweise aber die Möglichkeit, ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

3.5.2.1.2 Personengesellschaft

Die Gesellschafter einer Personengesellschaft unterliegen ebenfalls der unbeschränkten persönlichen Haftung, sofern sie keine Kommanditisten sind. Damit ergibt sich das Problem der unbeschränkten Haftung im Konflikt mit der Testamentsvollstreckung auch bei einer Personengesellschaft. Neben der unbeschränkten Haftung, die aufgrund der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers nicht besteht, ist auch die Höchstpersönlichkeit der Gesellschafterstellung maßgeblich. Diese beiden Aspekte der Personengesellschaften werden durch die Einschaltung eines solchen untergraben.

Um dennoch eine Testamentsvollstreckung möglich zu machen ist erforderlich, dass die übrigen Gesellschafter ihre Zustimmung über ein solches Vorgehen bekunden. Alternativ kann eine grundsätzliche Zustimmung im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden.

Um eine Verwaltung der Gesellschafterstellung zu ermöglich, muss es der Erbe erdulden, dass der Testamentsvollstrecker die dem Erben zustehenden Mitgliedschaftsrechte ausübt. Diese Duldung kann dadurch erreicht werden, dass der Erblasser dies durch eine Bedingung oder eine Auflage in seiner Verfügung von Todes wegen anordnet.

3.5.2.1.3 Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften

Da die Anteile an Kapitalgesellschaften vererblich sind und kein Konflikt mit einer unbeschränkten Haftung besteht, ist die Testamentsvollstreckung in eine GmbH- oder AG-Beteiligung möglich.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.


 

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Stand: Januar 2017


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