MIETMINDERUNG - EINE EINFÜHRUNG

Mietminderung - Dichtung und Wahrheit

Um den Begriff der Mietminderung ranken sich oft mehr oder weniger diffuse Vorstellungen. Man hat einmal gehört, daß so etwas möglich ist, aber wie es genau funktioniert, ist weitgehend unbekannt. Unter anderem ist das Missverständnis weit verbreitet, Mietminderung müsste man einen Monat zuvor "anmelden". Das ist zwar "fast" richtig, aber der Unterschied zwischen "fast" und "ganz" kann zuweilen gut einige tausend DM betragen. Die einmonatige Anmeldungsfrist gibt es zwar, aber sie betrifft nur Schadensersatzansprüche des Mieters für Schäden aus einem Mangel der Mietsache gem. §§ 538, 552 a BGB. Mietminderung ist dagegen das Recht des Mieters, die Miete in Anbetracht von Mängeln der Mietsache herabzusetzen, um ein Gleichgewicht zwischen Mietwert der Mietsache und der zu leistenden Mietzahlung wiederherzustellen. Dieses Recht tritt gemäss § 537 BGB kraft Gesetzes ein. Daher muss weder der Mieter eine Minderung anmelden, noch muss der Vermieter sich damit einverstanden erklären. Allerdings muss der Mieter dem Vermieter den Mangel anzeigen und gem. § 539 BGB rechtzeitig erklären, daß er diesen Mangel nicht akzeptiert, da er sonst Gefahr läuft, sein Minderungsrecht zu verlieren. Ausserdem darf der Mieter mit seinem Minderungsanspruch nicht zu lange warten - hat der Mangel bereits längere Zeit bestanden, so kann das Minderungsrecht verwirkt sein.

So gibt es einige Voraussetzungen und Regeln, die man für den Umgang mit der Mietminderung beachten sollte:

  1. Sofortige Mängelmeldung an Vermieter
  2. Unabhängig von Verschulden des Vermieters
  3. Keine Gründe für Minderungsausschluss
  4. Vermieter unterlässt Mängelbeseitigung
  5. Mietminderzahlung unter Berufung auf Mangel
  6. Höhe der Minderung Minderungstabelle

1. Der Mieter sollte den Mangel unverzüglich dem Vermieter mitteilen und die Miete von da an unter Vorbehalt zahlen. Zwar genügt es in der Regel, daß der Mangel dem Vermieter bekannt war. Der Mieter sollte dennoch sicherheitshalber den Mangel dem Vermieter anzeigen. Um Beweisschwierigkeiten vorzubeugen, sollte dies schriftlich geschehen. In jedem Fall muss der Mieter deutlich machen, daß er die Mietsache in dem mangelbehafteten Zustand nicht als vertragsgemäss akzeptiert. Dies ist etwas anderes, als "die Mietminderung" anzukündigen. Angezeigt werden sollte daher:

  1. der Mangel,
  2. daß die Mietsache nicht vertragsgemäss ist, sowie
  3. daß ein vorgenommener Einbehalt von der Miete (= die Minderung) wegen gerade dieses Mangels gemacht wird.

Wenn der Mieter nicht sofort Miete einbehalten will, ist er gut beraten, von der Anzeige des Mangels an die Miete unter Vorbehalt zu zahlen. Zwar ist die Mietminderung an keine Frist gebunden, und kann daher auch noch nachträglich und für bereits bezahlte Miete geltend gemacht werden. Die langfristige Weiterzahlung der kompletten Miete ohne Vorbehalt kann jedoch einen Rückforderungsausschluss begründen: die Rechtsprechung sieht in diesem Verhalten des Mieters einen Rechtsverzicht auf die Minderung.

2. Minderung ist verschuldensunabhängig. Es bedarf keines Verschuldens / keiner Verursachung hinsichtlich Mangel oder Gebrauchsbeeinträchtigung durch den Vermieter. Das bedeutet, daß auch Beeinträchtigungen, die ausserhalb des Einflussbereichs des Vermieters liegen, wie z.B. Baulärm auf dem Nachbargrundstück, oder durch andere Mieter im Haus verursachte Störungen zur Mietminderung berechtigen.

3. Die Minderung darf nicht ausgeschlossen sein. Ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Mietminderung kann sich zum Beispiel aus einem der folgenden Umstände ergeben:

  • Der Mieter hat den Mangel selbst verschuldet
  • Der Mieter hat die Beseitigung des Mangels verhindert oder verzögert
  • Der Vermieter konnte den Mangel nur deswegen nicht beseitigen, weil der Mieter ihn entgegen § 545 BGB nicht angezeigt hat
  • Der Mieter kannte den Mangel bei Vertragsabschluss, oder hat ihn grob fahrlässig nicht wahrgenommen (§ 539 BGB)
  • der Mieter hat in Kenntnis des eingetretenen Mangels die Miete vorbehaltlos über längere Zeit weiterbezahlt
  • Der Mieter hat im Mietvertrag wirksam die Mängelbeseitigungspflichten übernommen. Dies ist auch für Wohnraummietverhältnisse zulässig.
  • Dagegen ist bei sogenannte Gewährleistungsausschlüssen zu differenzieren: Vertragliche Gewährleistungsausschlüsse sind lediglich für Gewerbemietverhältnisse zulässig. Für Wohnraummietverhältnisse sind alle Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Minderungsrechts ausschliessen oder beeinträchtigen, unzulässig.

Auf andere Umstände kommt es dagegen regelmässig nicht an. Insbesondere ist ohne Einfluss, ob und wie der Mieter die Mietsache nutzt. Der Vermieter kann daher nicht einwenden, der Mieter habe die mangelhafte Mietsache ohnehin nicht benutzt. Schliesslich steht es dem Mieter frei, mit der von ihm gemieteten Sache zu tun was er will - sie zu nutzen oder nicht.

4. Der Vermieter muss die unverzügliche Beseitigung des Mangels unterlassen haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Mangel überhaupt behebbar ist. Selbst Mängel, die objektiv unbehebbar sind, berechtigen zur Minderung. So können auch Modernisierungsarbeiten an den Mieträumen, zu deren Duldung der Mieter nach § 541 b BGB evtl. verpflichtet ist, zur Minderung berechtigen, soweit sich aus ihnen eine Beeinträchtigung des Wohnwerts ergibt.

5. Der Mieter muss sich auf die Mietminderung berufen, wenn er die Miete mindert. Eine einfach vorgenommene Kürzung der Mietzahlung ohne Hinweis auf den Zusammenhang mit der Gebrauchsbeeinträchtigung genügt daher nicht. Dies bedeutet allerdings ebenfalls nicht, daß der Mieter die Minderung einen Monat zuvor (oder überhaupt) anmelden müsste. Er muss lediglich bei der Minderung dem Vermieter anzeigen, daß diese aufgrund einer Gebrauchsminderung der Mietsache vorgenommen wird. Der Unterschied zur vorherigen "Anmeldung" wird ganz besonders deutlich, wenn man sich daran erinnert, daß Mietminderung auch noch nachträglich, also für bereits gezahlte Miete, geltend gemacht werden kann. Man sollte allerdings vorsichtig damit sein, eine Rückforderung aus Mietminderung mit der nächsten zu zahlenden Miete aufzurechnen. Es können mietvertraglich vereinbarte Aufrechnungsverbote entgegenstehen. Inwieweit diese wirksam sind, ist allerdings im Einzelfall nachzuprüfen

6. Minderungshöhe Die Berechnung der Minderungsquote ist einigermassen kompliziert. Die Rechtsprechung hat zwar hierfür eine Formel entwickelt. Diese lautet: Das Verhältnis:

Gebrauchstauglichkeit mangelhafter Sache Gebrauchstauglichkeit vertragsgemässer Sache

entspricht dem Verhältnis:

Minderungsquote vereinbarte Miete

Die Berechnung der "Gebrauchstauglichkeitsbeeinträchtigung" wird jedoch noch von etlichen weiteren Faktoren beeinflusst. So wird neben dem Mangel selbst unter anderem die Grösse der beeinträchtigten Raume im Verhältnis zum Rest der Wohnung berücksichtigt. Da aber nicht jeder Raum der Wohnung den gleichen Wohnwert hat, werden hier wiederum weitere Abstufungen vorgenommen. Der Wohnwert der verschiedenen Räume vermindert sich in folgender Rangfolge:

  • Wohnräume
  • Schlafzimmer
  • Kinderzimmer
  • Küche
  • Bad
  • Flur / Abstellraum

Letztendlich ist der Einzelfall ausschlaggebend. Da mit so komplexen Berechnungen kaum jemand etwas anfangen kann, werden häufig Tabellen über bisherige Entscheidungen der Gerichte herangezogen, wie bestimmte Mängel anzusetzen sind. Diese Tabellen haben jedoch den Nachteil, daß viele Faktoren des Einzelfalls unberücksichtigt bleiben. Sie können daher nicht mehr als Anhaltspunkte bieten. Wir haben für Sie eine solche Minderungstabelle mit Beispielen aus der Rechtsprechung zusammengestellt. Alle Informationen ohne Gewähr.


Dieser Beitrag mit beiden Anhängen wurde erstmals im April / Mai 1997 in der Zeitschrift "Bauen und Wohnen" veröffentlicht.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: 04 / 1997


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