Kreditvertragsrecht – Teil 35 – Außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin


2.6.5. Außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers

Gem. § 490 Abs. 2 BGB kann der Darlehensnehmer außerordentlich kündigen, wenn ein festverzinsliches Darlehen besteht und dieses zugleich mit einem Grundpfandrecht (z.B. einer Hypothek oder Grundschuld) gesichert worden ist und das berechtigte Interesse des Darlehensnehmers die Kündigung gebietet. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Sache, die das Darlehen besichert, anderweitig verwertet werden muss, etwa wegen Ehescheidung, Krankheit oder auch wegen einer guten Verkaufsgelegenheit für das Objekt.

Beispiel

Bei der T-Bank hat Herr Pröll ein Darlehen aufgenommen. Als Sicherheit hat er der T-Bank eine Hypothek auf sein Haus eintragen lassen. Drei Jahre nach Empfang des Darlehens lässt Herr Pröll sich von seiner Ehefrau scheiden. Um den Zugewinnausgleich realisieren und die Unterhaltsansprüche seiner Frau begleichen zu können, muss Herr Pröll das Haus verkaufen. Von einem Kaufinteressenten bekommt Herr Pröll ein sehr gutes Verkaufsangebot zu einem wesentlich höheren Preis als erwartet.Hier besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht zugunsten Herrn Pröll bezüglich seines Darlehensvertrages mit der T-Bank. Herr Pröll hat ein berechtigtes Interesse daran, sich vom Vertrag zu lösen und das Haus zu verkaufen.

Eine zusätzliche Voraussetzung für die außerordentliche Kündigung ist, dass seit dem vollständigen Empfang des Darlehens mindestens 6 Monate vergangen sind.

Beispiel

Hat Herr Pröll die Darlehensvaluta von der T-Bank erst am 01.01.2014 erhalten und will er das Haus schon am 01.03.2014 verkaufen, so kann er den Vertrag nicht außerordentlich kündigen. Dies ist frühestens 6 Monate nach dem Erhalt des Darlehens möglich. Herr Pröll kann also frühestens zum 01.07.2014 kündigen.

Im Einzelfall ist zu beachten, dass das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensnehmers wie auch das des Darlehensgebers eine Ausnahme darstellen muss. Es ist daher nur in engen Grenzen zulässig. So reicht es nicht aus, dass der Darlehensnehmer zu einem anderen Darlehensgeber wechseln will, weil dieser bessere Zinsen anbietet.
Der Darlehensnehmer hat darüber hinaus ein außerordentliches Kündigungsrecht gem. § 314 BGB, also wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der das Interesse der Bank am Beibehalten des Darlehensvertrages überwiegt. Hierbei gelten sehr strenge Anforderungen, sodass nur selten ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund angenommen werden kann. Anzunehmen ist dies etwa, wenn das Vertrauensverhältnis zum Darlehensgeber nachhaltig dermaßen zerstört ist, dass ein Festhalten am Vertrag für den Darlehensnehmer absolut unzumutbar ist.

Beispiel

Frau Launer hat bei der D-Bank ein Darlehen aufgenommen. 2 Jahre nach Abschluss des Vertrages stellt sich heraus, dass Mitarbeiter der Bank immer wieder Informationen über Frau Launers finanzielle Lage an Dritte herausgegeben haben. So haben sie z.B. Nachbarn von Frau Launer erzählt, wann Frau Launer ihre Darlehensraten nicht pünktlich zurückgezahlt hat und weshalb. Diese massiven Verstöße gegen das Bankgeheimnis erschüttern das Vertrauensverhältnis von Frau Launer zu ihrer Bank nachhaltig und gravierend, sodass ihr das Festhalten am Darlehensvertrag mit der D-Bank nicht mehr zugemutet werden kann. Sie kann den Vertrag außerordentlich kündigen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
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  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
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