Kreditsicherheiten – Teil 30 – Sicherungsvertrag


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


7.3. Sicherungsvertrag

Der Sicherungsvertrag bildet die schuldrechtliche Grundlage für die Sicherungsübereignung.

7.3.1. Form

Der Sicherungsvertrag ist an keine Formvorschriften gebunden. Aus Beweisgründen ist ein schriftliches Festhalten der Vereinbarung mit den einzelnen Regelungen allerdings ratsam. Ist der Sicherungsnehmer eine Bank, werden AGB benutzt. Dient der Sicherungsvertrag der Besicherung eines Grundstückkaufvertrages, ist notarielle Beurkundung erforderlich, wenn nach dem Willen der Parteien die beiden Verträge eine Einheit bilden sollen, das heißt, das der eine Vertrag nicht ohne den anderen Vertrag gelten sollen.

7.3.2. Sicherungszweck

Die Parteien müssen sich darauf einigen, welche Forderung durch die Sicherungsübereignung besichert werden soll. Dies ist die Sicherungszweckerklärung. Ist der Sicherungsnehmer eine Bank und der Sicherungsgeber zugleich Schuldner der zu sichernden Forderung wird in der Regel eine sogenannte weite Sicherungszweckerklärung vereinbart. Die Sicherungsübereignung besichert dann nicht nur eine bestimmte Forderung, sondern alle bestehenden und künftigen Forderungen, die der Bank gegenüber dem Schuldner aus allen geschäftsmäßigen Verbindungen, zustehen. Damit sind dann alle Forderungen erfasst, die aus Krediten, aus laufender Rechnung, Bürgschaften und weiteren Sicherungsmitteln bereits entstanden sind oder noch entstehen.

Ist der Sicherungsgeber nicht zugleich Schuldner und wird die weite Sicherungszweckerklärung nicht individuell ausgehandelt, sondern ist sie in den AGB der Bank enthalten, verstößt sie als überraschende Klausel gegen § 305 c BGB und ist unwirksam.

7.3.3. Rechtsstellung von Sicherungsnehmer und -geber

Aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich die rechtliche Stellung von Sicherungsnehmer und -geber gegenüber dem jeweils anderen.

Durch den Sicherungsvertrag wird der Sicherungsgeber verpflichtet, den zur Sicherung dienenden Gegenstand zu übereignen. Er erhält zugleich das Recht, die Sache weiterhin zu nutzen. Damit die Sache erhalten bleibt und der Sicherungsnehmer nicht das Risiko trägt, dass der Sicherungsgegenstand durch schlechte Behandlung an Wert verliert, muss der Sicherungsgeber die Sache pfleglich behandeln. Er darf den Sicherungsgegenstand nicht gegen den Willen des Sicherungsnehmers an Dritte weitergeben. Man spricht von einer „treuhänderischen Bindung“ des Sicherungsgebers im Umgang mit dem Sicherungsgut. Im Sicherungsfall muss der Sicherungsgeber die Sache an den Sicherungsnehmer zur Verwertung herausgeben.

Beispiel

Herr Maier hat an die G-Bank zur Besicherung einer Darlehensforderung seinen Traktor übereignet, welchen er allerdings zur Fortführung seiner Firma benötigt.Herr Maier darf den Traktor also weiterhin nutzen. Er muss aber sorgsam damit umgehen, d.h. er muss ihn regelmäßig warten und angemessen versichern und darf ihn nicht an Dritte verleihen. Wenn Herr Maier seine Forderung nicht bezahlt und die G-Bank zur Verwertung berechtigt ist, muss er den Traktor herausgeben.

Zu den wichtigsten Pflichten des Sicherungsnehmers, die sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, gehört zum einen die Gebrauchsüberlassung an den Sicherungsgeber. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Sicherungsvertrag die Pflicht zur Rückübereignung des Sicherungsgutes an den Sicherungsgeber beim Fortfall des Sicherungszwecks, also wenn die Hauptforderung nachträglich entfällt oder gar nicht erst zum Entstehen gelangt. Wegen der Nicht-Abhängigkeit der Sicherungsübereignung vom Bestehen der Hauptforderung bleibt die Sicherungsübereignung grundsätzlich wirksam, wenn die Hauptforderung nachträglich entfällt oder gar nicht erst entsteht. Allerdings hat der Sicherungsgeber für diesen Fall einen
Anspruch auf Rückübereignung des Sicherungsgutes. Fehlt eine solche Regelung im Sicherungsvertrag, besteht ist dies nicht schädlich. Dieser Anspruch wird durch Auslegung in jeden Sicherungsvertrag „hineingelesen“.

Eine weitere Pflicht des Sicherungsnehmers aus dem Sicherungsvertrag ist die Verwertung ausschließlich im Sicherungsfall. Der Sicherungsnehmer darf das Sicherungsgut nicht vorzeitig verwerten.
Schließlich ergibt sich aus dem Sicherungsvertrag auch der Freigabeanspruch des Sicherungsgebers für den Fall einer nachträglichen Übersicherung.

7.3.4. weitere Regelungen des Sicherungsvertrages

Die Parteien können weitere Regelungen in den Sicherungsvertrag mit aufnehmen. Dies ist insbesondere dann ratsam, wenn eine Sachgesamtheit, wie z.B. ein Warenlager oder ein Anlagevermögen übereignet wird, mit dem der Sicherungsgeber noch weiter arbeiten muss.Einige Vereinbarungen werden auch in den Vertrag „hineingelesen“, selbst wenn sie nicht ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen wurden.

7.3.4.1. Verwertungsvereinbarungen

Für den Fall, dass die gesicherte Forderung nicht getilgt wird, vereinbaren die Parteien, wie die Verwertung erfolgen soll.

7.3.4.2. Verarbeitungsklauseln

Hat der Käufer die Absicht die erworbene Sache weiterzuverarbeiten, so erwirbt er als Hersteller in der Regel gem. § 950 I BGB das Eigentum. Der Verkäufer verliert durch die Weiterverarbeitung das Eigentum. Um dies zu verhindern, werden zwischen den Parteien sog. Verarbeitungsklauseln vereinbart, wonach der Verkäufer auch nach der Verarbeitung Eigentümer bleibt.

7.3.4.3. Austauschklauseln

Insbesondere bei einer Sicherungsübereignung von verbrauchbaren Sachen eines wechselnden Bestands können Austauschklauseln vereinbart werden. Die übereigneten Gegenstände bedürfen dann eines Austausches, wenn sie veraltet oder unbrauchbar geworden sind.

7.3.4.4. Ablöserecht von Sicherungsrechten Dritter

Bei Zahlungsunfähigkeit des Sicherungsgebers, kann der Sicherungsnehmer Zwangsvollstreckung in ein dem Sicherungsgeber gehörenden Gegenstand betreiben. Verfügt ein Dritter über ein Sicherungsrecht an dem Gegenstand, so besteht durch die Zwangsvollstreckung die Gefahr, dass der Dritte sein Sicherungsrecht verliert. In einem solchen Fall, steht dem Dritten, dem sog. Ablösungsberechtigten die Möglichkeit zu, auf die fremde Schuld des Sicherungsgebers zu leisten. Dies hat zur Folge, dass die fremde Schuld nicht erlischt, sondern auf den Ablösungsberechtigten übergeht. Der Sicherungsnehmer wird durch die Leistung des Ablöseberechtigten befriedigt. Der Ablösungsberechtigte kann die Schuld gegenüber dem Sicherungsgeber geltend machen.

Beispiel

Siegmund übereignet Norbert zur Besicherung eines Darlehens eine seiner Landmaschinen. Tatsächlich war Siegmund nicht der Eigentümer der Landmaschine, da er diese von Dagmar für einen Zeitraum von 6 Monaten angemietet hat. Siegmund wird zahlungsunfähig, so dass Norbert die Zwangsvollstreckung der Landmaschine betreibt. Als Dagmar davon erfährt, erklärt sie sich bereit die Verbindlichkeiten des Siegmund zu tilgen, um ihre Landmaschine nicht im Wege der Zwangsvollstreckung zu verlieren. Die Verbindlichkeiten gegenüber Norbert sind dadurch erfüllt. Dagmar als Ablösungsberechtigte kann die Schuld nun gegenüber Siegmund geltend machen.

7.3.4.5. Informationspflichten

Der Sicherungsgeber verpflichtet sich im Sicherungsvertrag, den Sicherungsnehmer unverzüglich zu informieren, wenn das übereignete Sicherungsgut durch Pfändungen oder sonstige Maßnahmen Dritter beeinträchtigt ist. Pfändungen am Sicherungsgut können zum Eigentumsverlust auf Seiten des Sicherungsnehmers führen. Der Sicherungsgeber hat den Pfändungsgläubiger unverzüglich über das Eigentumsrecht des Sicherungsnehmers in Kenntnis zu setzen.
Ist die Informationspflicht des Sicherungsgebers nicht ausdrücklich im Vertrag niedergelegt, so ergibt sie sich immer aus einer Auslegung des Vertrages wegen der treuhänderischen Bindung des Sicherungsgebers im Umgang mit dem Sicherungsgut. Eine ausdrückliche Vereinbarung muss also nicht zwingend erfolgen.

7.3.4.6. keine Einrede der Verjährung der zu sichernden Forderung

Ist die Forderung des Sicherungsnehmers, für die die Sicherheit in Form der Sicherungsübereignung bestellt wurde, verjährt, ändert dies nichts daran, dass die Sicherungsübereignung bestehen bleibt und der Sicherungsnehmer sich aus dem Sicherungseigentum befriedigen kann, vgl. § 216 Abs. 2 BGB. Der Schuldner hat somit keinen Herausgabeanspruch wegen der Verjährung der gesicherten Forderung.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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