Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 30 - Überblick der europäischen Länder ohne Restschuldbefreiung Teil 2

5. Kroatien

Das kroatische Rechtssystem kennt keine Möglichkeit der Erteilung einer Restschuldbefreiung für Privatpersonen. Das kroatische Insolvenzgesetz trat im Januar 1997 in Kraft und wurde seitdem mehrmals novelliert. Nach den Bestimmungen des Gesetzes ist es möglich einen Konkurs oder eine Reorganisation durchzuführen. Konkursfähig sind juristische wie natürliche Personen. Zu den Gründen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gehören die schwerwiegende Überschuldung oder die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.

6. Litauen


Das Konkursgesetz in Litauen trat im Jahre 2001 in Kraft. Das Gesetz findet auf alle in Litauen registrierte Unternehmen, öffentliche Institutionen, Geschäftsbanken und andere Kreditinstitutionen Anwendung.
Ein Verbraucherinsolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung sehen die Gesetze in Litauen gegenwärtig nicht vor.

7. Estland, Lettland

 

Anders ist die Rechtslage in den zwei übrigen baltischen Ländern Lettland und Estland. Seit der Insolvenzreform im Jahre 2008 gibt es in Lettland die Möglichkeit der Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. In der estnischen Insolvenzordnung ist die Möglichkeit der Restschuldbefreiung im Kapitel 11 geregelt.

8. Polen

Im polnischen Insolvenz- und Reorganisationsgesetz ist ein Insolvenzverfahren entweder mit der Möglichkeit zum Abschluss eines Vergleichs oder der Abwicklung des Schuldnervermögens sowie ein Restrukturierungsverfahren vorgesehen. Ein Verbraucherinsolvenzverfahren mit einer Restschuldbefreiung ist derzeit in Polen nicht möglich. Den Selbständigen kann in Polen die Restschuldbefreiung auch nicht gewährt werden. Jedoch tritt am 30.03.2009 das neue Gesetz zur Regelung dieser Problematik in Kraft.

9. Rumänien

Das rumänische Insolvenzrecht wurde durch das im Juli 2006 in Kraft getretene Gesetz über das Insolvenzverfahren neu geregelt. Das Gesetz regelt zwei Formen des Insolvenzverfahrens – das vereinfachte Verfahren und das allgemeine Verfahren.
Das vereinfachte Verfahren betrifft die natürlichen Personen und Gesellschaften, die z. B. kein Vermögen oder keine buchhalterischen Unterlagen haben. Nach Eröffnung des Verfahrens wird unmittelbar der Konkurs (die Verwertung der Insolvenzmasse) und anschließend die Liquidation durchgeführt.
Im Rahmen des allgemeinen Insolvenzverfahrens wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der entweder die Durchführung einer Reorganisation oder einer Liquidation vorschlägt.
Ein Verbraucherinsolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung, die die Privatpersonen am Ende dieses Verfahrens erlangen können, ist nach den gesetzlichen Bestimmungen des rumänischen Insolvenzgesetzes grundsätzlich nicht möglich, da die Bestimmungen nur für die Unternehmer und natürliche Personen gelten, die geschäftlich tätig sind.

10. Ungarn

Im ungarischen Insolvenzrecht ist die Verbraucherinsolvenz oder ein ähnliches Verfahren gegen zahlungsunfähige natürliche Personen nicht gegeben. Ein Insolvenzverfahren kann in Ungarn weder gegen Privatpersonen noch gegen Selbständige eröffnet werden. Eine Restschuldbefreiung können diese Personen nicht erlangen.
Nach gescheiterten Versuchen im Jahre 2001 und 2004 ist das Thema nochmals aufgegriffen worden. Zur Zeit werden Konzepte der einzuführenden Regelung zwischen den betroffenen Ministerien abgestimmt. Es ist daher wahrscheinlich, dass dieses Rechtsinstitut auch in Ungarn eingeführt wird.

11. Weißrussland

Ein weiteres Land, in dem keine Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung vorgesehen ist, ist Weißrussland. Obwohl in Weißrussland seit 2003 ein neues Insolvenzgesetz gilt, das mehrere Änderungen gebracht hat, wurde im Bereich der Privatinsolvenz keine Regelung der Restschuldbefreiung für Privatpersonen eingeführt. Im Schuldenfall kann man sich an eine Anwaltskanzlei oder Verbraucherschutzorganisationen wenden. Kostenlose Beratung im Rahmen des Verbraucherschutzes bietet seit 1992 die Weißrussische Vereinigung der Verbraucher.

 

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.

 


 

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Stand: März 2009


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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Telefon: 0721-20396-28

 


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