Heilmittelwerbung – Teil 20 – Beispiele der Irreführung

In dem Fall, in dem sich die Werbung an Fachkreise und an das Publikum richtet, genügt es, wenn die Werbung dazu geeignet ist, eine der beiden Adressatengruppen in die Irre zu führen (Fußnote). Unerheblich ist, ob die Adressaten tatsächlich einer Irreführung unterliegen (Fußnote).

Die Beweislast für das Vorliegen einer Irreführung trägt derjenige, der die Irreführung geltend macht. Er muss alle Merkmale des § 3 HWG beweisen (Fußnote). Ausnahmsweise weicht die Rechtsprechung von diesem Grundsatz ab. Bezieht sich der Werbende auf eine fachlich umstrittene Meinung, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen, hat er die objektive Richtigkeit seiner Aussage zu beweisen. Der Werbende soll durch die Entscheidung für eine bestimmte Auffassung die Verantwortung für ihre Richtigkeit tragen (Fußnote).

7.1.3 Normierten Beispiele der Irreführung

§ 3 S. 2 HWG normiert Beispiele, in denen eine Irreführung angenommen werden kann. Diese Beispiele lassen sich in drei Gruppen aufteilen:

  • Werbung mit nicht vorhandener Wirksamkeit/Wirkung (Nr.1)
  • Irreführung hinsichtlich Erfolgserwartungen, schädlichen Wirkungen und Wettbewerbszweck (Nr.2)
  • unwahre bzw. täuschende Angaben über die Zusammensetzung oder Hersteller (Nr.3)

7.1.3.1 Werbung mit nicht vorhandener Wirksamkeit /Wirkung

Gem. § 3 S.2 Nr.1 HWG liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn den

  • Arzneimitteln
  • Medizinprodukten
  • Verfahren
  • Behandlungen
  • Gegenständen oder
  • anderen Mitteln

eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben.

Therapeutische Maßnahmen sind Maßnahmen, die auf die Heilung, Linderung oder Beseitigung von krankhaften Beschwerden gerichtet sind (Fußnote).
Die therapeutische Wirksamkeit ist der therapeutische Erfolg eines Heilmittels auf bestimmten Anwendungsgebieten bei bestimmungsgemäßem Gebrauch (Fußnote).
Unter therapeutischen Wirkungen versteht man die durch das Heilmittel hervorgerufenen Veränderungen des Zustandes oder Funktion des Körpers oder eines Körperorgans (Fußnote). Die Unterscheidung zwischen therapeutischer Wirksamkeit und Wirkungen stellt sicher, dass nicht nur Aussagen über gewünschte Folgen der Anwendung der Heilmittel erfasst werden, sondern auch der therapeutische Erfolg als solcher (Fußnote).Aussagen zu Wirkungen müssen deshalb keine Angaben über das Ergebnis der Anwendung des Heilmittels enthalten (Fußnote).

Die Regelung verbietet Werbeaussagen, bei denen das beworbene Heilmittel die therapeutischen Wirkungen oder Wirksamkeit nicht besitzt. Die Rechtsprechung hat insbesondere die Werbung für Therapieverfahren ohne eindeutige Hinweise auf die fehlenden Nachweise der behaupteten therapeutischen Wirkungen als irreführend angesehen (Fußnote). Zu diesen Therapieverfahren gehören z.B:

  • Augenakupunktur 
(Fußnote),
  • Kernspinresonanztherapie 
(Fußnote)
  • Kältebehandlung zur Fettreduktion 
(Fußnote)


Die Rechtsprechung zu diesem Themenbereich ist vielfältig und einzelfallbezogen (Fußnote). Weitere Beispiele irreführender Werbeaussagen nach Nr.1 sind (Fußnote):

Darstellung als Allheilmittel:

  • Werben mit therapeutischer Wirkung unter Bezugnahme auf eine Studie, die die beworbenen Wirkungen nicht belegt
  • „so wirksam wie ein Antibiotikum“ bei Fehlen einer bakteriziden Wirkung
  • „gegen Einschlafstörungen“ bei einem Baldrianpräparat

Der Hinweis darauf, dass die Wirksamkeit der Therapie schulmedizinisch nicht gesichert ist, lässt die Irreführung bezüglich der Wirksamkeit nicht entfallen (Fußnote). Unzulässig sind auch relativierende Hinweise wie z.B „die Chinesen glauben, dass Panax Ginseng C.A. Meyer Krebs bekämpfen kann“. Der Werbende macht sich in diesem Fall den Glauben zu eigen (Fußnote).

7.1.3.2 Irreführung hinsichtlich Erfolgserwartungen, schädlichen Wirkungen und Wettbewerbszweck

Gem. § 3 S.2 Nr.2 HWG liegt eine Irreführung insbesondere vor, wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass
a) ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann
b) bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten
c) die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird


7.1.3.2.1 § 3 S.2 Nr. 2 a HWG: sicherer Erfolg

Individuelle Dispositionen beim einzelnen Patienten und vielfältige Erscheinungsformen von Krankheiten können zu einem Therapieversagen führen (Fußnote). Deshalb kann keine Erfolgsgarantie für die beworbenen Therapien erteilt werden. Eine Werbung, die beim Adressaten den Eindruck erweckt, dass der Therapieerfolg sicher sei, ist nicht objektiv. Sie ist deshalb irreführend und unzulässig (Fußnote). Der Regelung unterfällt nicht nur Werbeaussagen die den Ausdruck „mit Sicherheit“ enthalten. Eine sinngemäße Erfolgsgarantie reicht aus (Fußnote). Die Aussage „die phänomenalen Heilungserfolge werden schon seit Langem durch die Ärzte bestätigt“ stellt eine sinngemäße Erfolgsgarantie dar (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

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Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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