Heilmittelwerbung – Teil 10 – Einzelne Werbeverbote

6.2.1 Einzelne Werbeverbote (Nr.1-Nr.15)

§ 11 Abs.1 S. 1 HWG normiert in den Nr.1 – 15 die Werbeverbote für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel. Die Nummern 1, 4, 6 und 10 des § 11 S.1 HWG wurden zwischenzeitlich aufgehoben. Auf deren Darstellung wird verzichtet.

6.2.1.1 § 11 Abs. 1 S.1 Nr.2: Werbung mit fachlicher Empfehlung oder Empfehlung Prominenter

Gem. § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 2 HWG darf außerhalb der Fachkreise nicht mit Angaben oder Darstellungen geworben werden, die sich auf eine Empfehlung von folgenden Personengruppen beziehen:

  • Wissenschaftlern
  • im Gesundheitswesen tätigen Personen
  • im Bereich der Tiergesundheit tätigen Personen
  • anderen Personen, die sich auf Grund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können

Die Wirkung der Werbung, die sich auf die (angebliche) Empfehlung von Wissenschaftlern etc. bezieht, ist dazu geeignet, den Adressaten unsachlich zu beeinflussen. Die Regelung der Nr. 2 soll verhindern, dass der Werbeadressat ein wirkungsloses oder gar schädliches Präparat nur aufgrund der Empfehlung der in § 11 S.1 Nr.2 HWG genannten Personen erwirbt (Fußnote).

Die Empfehlung, auf die sich die Werbung bezieht, muss nicht zwingend fachlicher Natur sein. Sie muss sich nicht auf ein bestimmtes Arzneimittel oder Krankheitsbild beziehen (Fußnote). Ausreichend ist, dass die Empfehlung dazu geeignet ist, durch ihre Aussage die Willensbetätigung des Adressaten zu beeinflussen und diesen zum Arzneimittelverbrauch anzuregen (Fußnote). Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn die Empfehlung von Personen stammt, die das Werbepublikum tatsächlich beeinflussen können. Solche Personen sind z.B. Angehörige der Heilberufe oder die im Gesundheitswesen tätigen Personen. Zu letzteren zählen auch Personen, die selbst nicht dem Heilberuf angehören wie z.B. die Sekretärin eines Arztes (Fußnote). Unklar ist, ob die Stiftung Warentest zu den im Gesundheitswesen tätigen Personen zählt. Der Bundesgerichtshof hat dies für die frühere Fassung der Vorschrift bejaht (Fußnote). Unabhängig davon, könnte die Empfehlung von Stiftung Warentest als Empfehlung prominenter Personen zu qualifizieren sein. Gut bekannte Testinstitutionen können die Verbraucher auch stark beeinflussen und zum Arzneimittelverbrauch anregen (Fußnote).

Prominente iSd Nr. 2 sind Personen, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können. An die Bekanntheit der Person sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Der Begriff der Bekanntheit iSd Nr. 2 erfasst nicht nur „Superstars“, die in allen Teilen der Bevölkerung bekannt sind (Fußnote).

Auch Empfehlungen, die nicht auf eine bestimmte Gewährperson zurückzuführen sind, können in den Anwendungsbereich des § 11 S. 1 Nr. 2 HWG fallen. Ein Verweis auf alle Angehörigen der Heilberufe, die sich mit der Behandlung der Krankheit befassen, kann einen großen Einfluss auf die Willensbetätigung des Verbrauchers haben (Fußnote).

Die Empfehlung iSd Nr.2 muss stets konkrete Äußerungen in Anspruch nehmen. Bloße Hinweise auf das Interesse der Wissenschaft für ein bestimmtes Heilmittel genügen nicht. Das Gleiche gilt für den Hinweis auf eine „belegte Wirksamkeit“ mit Verweis auf eine Studie (Fußnote).

Beispiel

Die Werbeaussage enthält die Angabe „ÖKO-TEST Gesamturteil sehr gut“ stellt eine unzulässige Empfehlung dar.

  • Die Bewertung des Arzneimittels als „sehr gut“ ist eine konkrete Äußerung. Sie stellt eine, jedenfalls unterschwellige, Empfehlung des Produkts seitens der Zeitschrift „ÖKO-TEST“ dar. Die Empfehlung einer bekannten Zeitschrift ist als eine Empfehlung Prominenter zu qualifizieren (Fußnote).

Die Empfehlung muss beim Werbeadressaten den Eindruck entstehen lassen, dass das Präparat von fachlicher Seite empfohlen wird. Ein solcher Eindruck entsteht z.B. bei einem Verweis auf die „moderne Medizin“ (Fußnote). Ein Verweis auf das Interesse der Wissenschaft an der Erforschung eines bestimmten Gebiets reicht nicht aus (Fußnote).

Die Werbung mit Testergebnissen für ein Arzneimittel ist zulässig, weil sie lediglich bei der Entscheidung zwischen verschiedenen Präparaten helfen. Sie regen nicht zum Arzneiverbrauch an sich an (Fußnote).

6.2.1.2 § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3: Werbung mit Krankengeschichten

Gem. § 11 Abs. 1 S.1 Nr. 3 HWG darf außerhalb der Fachkreise nicht mit Wiedergabe von Krankengeschichten sowie mit Hinweisen darauf geworben werden, wenn diese

  • in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt oder
  • durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann.

Die Regelung soll nicht generell die Werbung mit Krankengeschichten verbieten, sondern die Beeinflussung der Werbeadressaten durch eindrucksvolle Schilderungen einer Krankengeschichte verhindern. Der Adressat könnte sich mit dem Krankheitsverlauf identifizieren und unzutreffende Schlüsse auf den eigenen Gesundheitszustand schließen. Die möglichen Folgen der unzutreffenden Schlüsse wären falsche Selbstmedikation und Gesundheitsschädigung der Adressaten (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Werbung für Heilmittel“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Irina Golubkov, wissenschaftliche Mitarbeiterinmit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


 

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Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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