Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 08 – Fehlende Personenverschiedenheiten, Fehlende wirtschaftliche Kausalität, Schadensersatz, Lieferungen


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.4.3 Fehlende Personenverschiedenheiten

Umsätze zwischen verschiedenen Betrieben eines Unternehmers sind als Innenumsätze nicht steuerbar.

Beispiel
Herr S, Getränkehändler aus Karlsruhe, betreibt neben dem Getränkehandel eine Gastwirtschaft. Herr S liefert beliefert seine Gastwirtschaft mit seinem Getränkehandel.

  • Herr S ist sowohl Leistender als auch Leistungsempfänger, weshalb kein Leistungsaustausch vorliegt.

4.4.4 Fehlende wirtschaftliche Kausalität

Kein Leistungsaustausch liegt vor, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt.

Beispiel
Der Sportverein B e.V. in Karlsruhe stellt seinen Mitgliedern eine Turnhalle zur Verfügung. Die Mitglieder zahlen monatlich einen gewissen Beitrag.

  • Zwischen der Zurverfügungstellung der Turnhalle und der Zahlung der Beiträge besteht kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Somit liegt kein Leistungsaustausch vor.

4.4.5 Schadensersatz

Bei einem echten Schadensersatz erbringt der Schädiger entweder Geldersatz - dies ist keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne - oder der Schädiger erbringt Naturalrestitution. Bei letzterer handelt es sich zwar um eine Leistung des Schädigers, welcher jedoch keine Gegenleistung des Geschädigten gegenübersteht. Der echte Schadensersatz ist damit nicht steuerbar.

Beispiel
Das Fahrrad des Hoteliers Herrn M aus Freiburg wird gestohlen. Seine Versicherung leistet eine Zahlung in Höhe von 550 €.

  • Die Zahlung der Versicherung erfolgt auf Grund des Versicherungsvertrages zwischen Herrn M und seiner Versicherung. Eine Gegenleistung von Herrn M liegt nicht vor. Es fehlt an einem Leistungsaustausch.

Beim einem unechten Schadensersatz liegt dagegen ein Leistungsaustausch vor. Dies ist der Fall, wenn der Geschädigte im Auftrag des Schädigers den Schaden beseitigt und hierfür vom Schädiger eine Gegenleistung erhält.

Beispiel
Herr S hat als Handelsvertreter bei der Baum GmbH in Karlsruhe gearbeitet. Nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses zahlt die Baum GmbH ihm einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von 40.000 €.

  • Die Zahlung der Baum GmbH stellt eine Gegenleistung für erlangte Vorteile (z.B. Erweiterung des Kundenstamms) der Baum GmbH aus der früheren Tätigkeit des Herrn S dar. Es liegt ein Leistungsaustausch vor.

4.4.5.1 Vertragsstrafen

Vertragsstrafen, die wegen Nichterfüllung oder wegen nicht gehöriger Erfüllung geleistet werden, haben (echten) Schadensersatzcharakter. Eine Vertragsstrafe ist deshalb nicht Teil des Entgelts für die Leistung und damit nicht steuerbar.

4.4.5.2 Zahlungszuschläge

Mahngebühren oder Kostenerstattungen für ein Gerichtsverfahren an einen Unternehmer sind nicht Teil des Entgelts für eine steuerbare Leistung, sondern Schadensersatz.

4.5 Lieferungen

Eine Lieferung liegt nach § 3 Abs. 1 UStG mit "Verschaffung der Verfügungsmacht" an einem Gegenstand vor. Neben körperlichen Gegenständen im Sinne der §§ 90, 90a BGB fallen darunter auch Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie Sachen umgesetzt werden können (z.B. Strom, Wärme). Bei geistigen Leistungen, die sich in Plänen, Zeichnungen, Manuskripten u.ä. gegenständlich konkretisieren, steht die geistige Leistung im Vordergrund. Die Übereignung solcher Papiere ist keine Lieferung, sondern nur Mittel zur Erbringung einer geistigen (sonstigen) Leistung.

Unter der umsatzsteuerlichen Verfügungsmacht ist die uneingeschränkte Gewalt über eine Sache zu verstehen (Benutzen, Vernichten, Veräußern oder Verbrauchen), die aber mit dem zivilrechtlichen Eigentum nicht identisch ist. Nicht das zivilrechtliche Verfügungsrecht ist für eine Lieferung entscheidend, sondern die tatsächliche Verfügungsmacht. Der Lieferer muss den Abnehmer lediglich befähigen, nicht aber unbedingt berechtigen, über den Gegenstand zu verfügen (vgl. auch § 39 Abs. 2 AO). Die zivilrechtliche Eigentumsübertragung ist für eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung unbeachtlich, der Lieferer muss also selbst nicht Eigentümer des Liefergegenstandes sein.

In aller Regel knüpft die Verschaffung der Verfügungsmacht jedoch an eine zivilrechtliche Eigentumsübertragung an. Entsprechend den zivilrechtlichen Möglichkeiten einer Eigentumsübertragung erfolgt die Verschaffung der Verfügungsmacht bei:

  • § 929 S. 1 BGB - Übergabe der Sache
  • § 929 S. 2 BGB - Einigung über die Sache
  • § 930 BGB - Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (Bspw. die Sicherungsübereignung von Gegenständen des Anlagevermögens)
  • § 931 BGB - Abtretung des Herausgabeanspruches
  • § 873, 925 BGB - Übergang von Nutzen und Lasten (Grundstück).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

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