Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising - Teil Vorüberlegungen für Existensgründer

12. Vorüberlegungen


12.1. Grundlegendes zu den Vorüberlegungen

Der Schritt in die Selbständigkeit ist eine Entscheidung, die erhebliche Konsequenzen für die Zukunft des Existenzgründers nach sich zieht. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung wohl durchdacht sein will. Der Gründer sollte sich deshalb vollkommen sicher sein, dass der Schritt in die Selbständigkeit notwendig und realisierbar ist.

Der folgende Abschnitt kann und soll keine vollständige Anleitung für den Weg in die Selbständigkeit sein. Viel mehr ist darin eine Hilfestellung und ein Wegweiser für Existenzgründer zu sehen, der ein Herangehen an diese bedeutende Entscheidung erleichtern soll.

Betrachtet werden schrittweise folgende Entscheidungsstationen:

  • Anforderungen an den Existenzgründer (12.2.),
  • Die Frage, ob die Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht beibehalten werden sollte (12.3.),
  • Die Wahl der Unternehmensform (12.4.),
  • Die Wahl des Marktes (12.5.),
  • Die Wahl des Franchisegebers (12.6.),
  • Die Finanzierung (12.7.)

12.2. Anforderungen an den Existenzgründer

Dem Wunsch nach der beruflichen Selbständigkeit geht nicht selten die Hoffnung auf eine Verbesserung der eigenen finanziellen Situation voraus. Oft ist jedoch zu beobachten, wie dieser Schritt unüberlegt und ohne wirkliche Vorbereitung gegangen wird und letztlich schlimmsten Falles in der Insolvenz endet. Vor der Existenzgründung sollte der künftige Unternehmer daher überprüfen, welchen Anforderungen er gerecht werden muss, um im späteren Geschäftsleben bestehen zu können.

Nachstehende Anforderungen werden im Folgenden näher betrachtet:

  • Persönliche Anforderungen (12.2.1.),
  • Fachliche (12.2.2.),
  • Unternehmerische (12.2.3.),
  • Und wirtschaftliche Anforderungen (12.2.4.)

Beispiel 98:


Die hier aufgeführten Anforderungen an den Existenzgründer stellen lediglich einen kurzen Überblick dar. Zur Vertiefung lohnt beispielsweise ein Blick auf das Existenzgründerportal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Eignungstests und Checklisten finden sich dort unter: http://www.existenzgruender.de/selbstaendigkeit/erste_schritte/gruender_und_unternehmertests/index.php

12.2.1. Persönliche Anforderungen

Ein Unternehmer muss vielseitig sein und vielen Anforderungen gerecht werden können. Allen voran muss er jedoch verschiedenen persönlichen Anforderungen entsprechen können. Selbstständig zu sein bedeutet, Entscheidungen zu treffen und schließlich die Verantwortung für die Konsequenzen dieser Entscheidungen zu übernehmen. Eine wichtige Voraussetzung eines jeden Unternehmers ist daher die Fähigkeit, gezielte Entscheidungen zu treffen. Da diese Entscheidungen nicht immer leicht fallen werden und oftmals unter erheblichen Druck zu treffen sind, muss ein Unternehmer weiterhin belastbar und selbst unter Druck in der Lage sein, überlegt zu handeln. Er muss jedoch nicht nur psychisch belastbar sein. Gesundheit und körperliche Belastbarkeit sind weitere wichtige Eigenschaften, über die ein Existenzgründer verfügen sollte. Weiterhin muss er bereit sein, Menschen zu leiten und zu motivieren. Ein Unternehmer muss somit fähig sein, zu führen und mit seiner Umwelt zu interagieren und zu kommunizieren. Schließlich muss ein Unternehmer bereit sein, das unternehmerische Risiko zu tragen, sowie einen beträchtlichen Arbeitseinsatz zu leisten. Gerade zu Beginn der Unternehmung ist ein persönlicher Arbeitseinsatz von zumindest 60 Stunden in der Woche keine Seltenheit. Ein Existenzgründer sollte daher bereit sein, selbst abends und an den Wochenenden für sein Unternehmen zu arbeiten und dabei womöglich auf Urlaub zu verzichten. Deshalb sollte sich ein Gründer auf den Rückhalt seiner Familie verlassen können. Die meisten der genannten Schlüsselkompetenzen sind im Übrigen erlernbar und werden nicht selten in den Schulungen durch den Franchisegeber vermittelt.


12.2.2. Fachliche Anforderungen

Zusätzlich zur persönlichen Eignung sollte ein Existenzgründer fachlich in der Lage sein, den Aufgaben seiner späteren Tätigkeit entgegenzutreten. Welche Anforderungen in diesem Punkt an ihn zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein beantworten. Die Beantwortung dieser Frage hängt einerseits vom Systemgegenstand ab, andererseits ist der Umfang des Schulungsangebotes des Franchisegebers zu berücksichtigen. Festzuhalten ist jedoch, dass die fachlichen Anforderungen an einen späteren Franchisenehmer geringer anzusetzen sind. Durch das Know-How und die Unterstützung durch den Franchisegeber können dem späteren Franchisenehmer die ersten Schritte in seiner selbständigen Tätigkeit erheblich vereinfacht werden.

12.2.3. Unternehmerische Anforderungen

Von besonderer Bedeutung für einen Existenzgründer ist die unternehmerische Eignung. Darunter ist die Fähigkeit, ein Unternehmen gewinnbringend zu führen und somit die Existenz des Unternehmens zu sichern, zu verstehen. Neben branchenspezifischem Wissen empfiehlt sich eine kaufmännische Vorbildung: Kenntnisse über die Personalführung, die Buchführung, die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, das Marketing und der Vertrieb, sowie Vorwissen über die Grundlagen des Rechts sind stets von Vorteil. Gerade im Hinblick auf das Franchising ist ein fachliches und unternehmerisches Vorwissen zwar von Vorteil, jedoch nicht immer zwingend erforderlich. Viele Franchisegeber vermitteln durch Schulungen das notwendige fachliche Wissen und übernehmen für den Franchisenehmer zahlreiche Aufgaben, die ein Unternehmer ansonsten eigenständig zu bewältigen hätte.


12.2.4. Wirtschaftliche Anforderungen

Neben die persönliche und fachliche Eignung tritt schließlich die wirtschaftliche oder finanzielle Eignung. Wie bereits bei der fachlichen Eignung lässt sich hierbei nicht allgemein sagen, welche Voraussetzungen ein Existenzgründer hierbei zu erfüllen hat. Je nach gewählter Unternehmensform (12.4.) wird der anfängliche Kapitalbedarf anders ausfallen. Beim Franchising hängt der Kapitalbedarf stark von der Art des Franchisings (1.2./1.3.) und vom jeweiligen Franchisegeber ab. Je nachdem fallen die Einstiegsgebühren (7.1.2.1.) und weitere Kosten verschieden aus. Unabhängig von der Höhe des anfänglichen Kapitalbedarfes sollte sich der Existenzgründer jedoch bereits zuvor sicher sein, diesen aufbringen zu können. Die Frage der Finanzierung (12.7.) ist somit bereits früh zu klären. Weiterhin sollte der Gründer bedenken, dass die Situation eines Selbständigen im Vergleich zum Arbeitnehmer vor allem in den Bereichen der persönlichen Haftung, des Steuerrechts und des Versicherungsrechts anders gelagert ist. Schließlich sollte ein Existenzgründer beachten, dass sein persönliches Einkommen gerade in der Anfangszeit unregelmäßig sein kann. Private finanzielle Reserven sollten daher im Idealfall vorhanden sein.

12.3. Unternehmer oder Arbeitnehmer

Selbst wenn alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schritt in die Selbständigkeit vorliegen, muss dieser nicht zwangsläufig notwendig sein. Ein Existenzgründer sollte sich ernsthaft fragen, ob seine Stellung als Arbeitnehmer nicht ausreichend oder gar profitabler und sicherer ist. Es sollte daher überdacht werden, welche Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten als Arbeitnehmer noch bleiben. Sofern eine Vergleichsrechnung nicht deutlich zur Selbständigkeit tendieren lässt, sollte der Schritt in die Selbständigkeit erneut und gründlich durchdacht werden.

Beispiel 99: Unternehmer oder Arbeitnehme
rA ist studierter Betriebswirt und langjähriger Arbeitnehmer des G und arbeitet als Abteilungsleiter der Bilanzbuchhaltung. Obwohl ihm eine Beförderung zum Direktor der Abteilung Finanzen angeboten wird, plant er, sich als Unternehmensberater selbständig zu machen. A ist sich sicher, dem Schritt in die Selbständigkeit gewachsen zu sein. Er ist sich jedoch der Tatsache bewusst, dass er durch die Beförderung ein sehr hohes Gehalt erhielte. Eine Kalkulation ergibt schließlich, dass seine finanzielle Lage durch die Selbständigkeit im Vergleich zur neuen Stelle weitaus weniger lukrativ ausfallen würde. A beschließt daraufhin, die Beförderung anzunehmen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising" von Harald Brennecke und Christian Metzger, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-15-1.


 

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Stand: September 2007


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Provision des Handelsvertreters
  • Handelsvertreterausgleich in der aktuellen Rechtsprechung
  • Der Buchauszug – Anforderung und Auswertung
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  • Grundlagen der Franchise – wie Franchisenehmer gute Franchisesysteme erkennen
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  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis


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