Einführung ins Erbrecht - Teil 1: Die gesetzliche Erbfolge – 5. Ehegatten

Um die Versorgung des Ehepartners nach dem Tod des Erblassers sicherzustellen und der persönlichen und wirtschaftlichen Verbundenheit zwischen den Eheleuten Rechnung zu tragen, wird der Ehegatte besonders behandelt. So wird beispielsweise zunächst der Erbteil des Ehegatten bestimmt. Auf die Verwandten des Erblassers, insbesondere die Kinder verteilt sich der Rest des Nachlasses. Regelungen für den Ehegatten finden sich in §§ 1931 ff BGB. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten wird von drei Faktoren bestimmt:

  • ob Verwandte des Erblassers vorhanden sind,
  • in welche Ordnung die Verwandten einzustufen sind und
  • welcher Güterstand zwischen den Ehegatten im Zeitpunkt des Todes bestand

Die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten werden durch den gesetzlichen oder vereinbarten Güterstand geregelt. Es ist zwischen dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung zu unterscheiden. Siehe dazu im Folgenden:

5.1. Die Zugewinngemeinschaft

Das Gesetz geht vom Grundsatz der Vertragsfreiheit aus. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben. Das Wesen der Zugewinngemeinschaft besteht darin, dass sowohl das bei der Eheschließung vorhandene, wie das später erworbene Vermögen beider Ehegatten getrennt bleibt und grundsätzlich von jedem selbständig verwaltet wird, §§ 1363 II, 1364 BGB. Umgangssprachlich kennt man die Zugewinngemeinschaft unter dem Motto: „meins bleibt meins, deins bleibt deins“. Das in der Ehe hinzugewonnene Vermögen verbleibt zwar nach dem Ende der Ehe beim jeweiligen Ehegatten, wird aber im Interesse des anderen Ehegatten ausgeglichen. Das Vermögen eines jeden Ehepartners wird gesondert vererbt.

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten neben den Kindern und Enkeln des Erblassers beträgt 1/4 des Nachlasses, § 1931 BGB. Hinzu kommt der Zugewinn. Dieser beträgt pauschal 1/4 des Nachlasses, unabhängig davon, ob ein Zugewinn bestand oder nicht ("pauschalierter Zugewinnausgleich"). Mit anderen Worten: Der Ehegatte erhält im Rahmen der Zugewinngemeinschaft die Hälfte des Nachlasses.

Neben Verwandten der 2. Ordnung erhält der überlebende Ehegatte nicht nur die Hälfte des Nachlasses, § 1931 I 1 BGB, sondern zusätzlich nach § 1371 I BGB ¼ des Nachlasses. Insgesamt erhält der überlebende Ehegatte ¾ des Nachlasses.
Neben den Großeltern erhält der überlebende Ehegatte die Hälfte des Nachlasses, § 1931 I 1 BGB zuzüglich eines weiteren ¼. Damit erhält der überlebende Ehegatte ¾ des Nachlasses, § 1371 I BGB.
Von dem restlichen ¼ des Nachlasses erhält der überlebende Ehegatte alles, was an Kinder/ Abkömmlinge verstorbener Großeltern gefallen wäre, § 1931 I 2 BGB. Mit anderen Worten: ist ein Großelternteil verstorben, erhält der überlebende Ehepartner zusätzlich den Vermögensanteil, den die Kinder/Abkömmlinge des verstorbenen Großelternteils von diesem geerbt hätten. Sind keine Großeltern mehr am leben, so erbt der Ehegatte den gesamten Nachlass, § 1931 II BGB: Abkömmlinge von Großeltern des Erblassers werden nie Erben neben einem überlebenden Ehegatten.
Gleiches gilt neben Verwandten der 4. und 5. Ordnung, auch hier erhält der überlebende Ehegatte den gesamten Nachlass, § 1931 II BGB.

Beispiel:
Herr H hinterlässt seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen Kindern insgesamt ein Vermögen von 100.000 Euro. Die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Von den 100.000 Euro stehen Frau H der gesetzliche Ehegattenerbanteil von ¼ und der Zugewinn von pauschal ebenfalls ¼ zu. Insgesamt erbt sie die Hälfte des Vermögens, d.h. 50.000 Euro. Die beiden gemeinsamen Kinder erben je 25.000 Euro.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Isabell Hartung, ISBN 978-3-939384-17-5.


 

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Stand: Jan. 09


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

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