Die Sonderumlage: Finanzspritze als Nachtrag zum Wirtschaftsplan - 1. Einleitung und Zweck

I. Einleitung und Zweck der Sonderumlage

Eines der wesentlichen Pflichten des Wohnungseigentümers ist die Pflicht zur Zahlung von (anteiligen) Beiträgen zur Absicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dazu gehört neben der Zahlung des Wohn- bzw. Hausgeldes auch die anteilige Leistung im Rahmen der Erhebung einer so genannten Sonderumlage. Bei der Sonderumlage handelt es sich um die Erhebung finanzieller Beiträge, die den für ein Wirtschaftsjahr beschlossenen Wirtschaftsplan ergänzen sollen. Die Sonderumlage bezweckt also die Deckung der Kosten, die allein mit den Mitteln aus dem bestandskräftigen Wirtschaftsplan (Sprich: Wohn- bzw. Hausgeldern) nicht beglichen werden könnten. Die Sonderumlage wird von den Wohnungseigentümern im Laufe eines Wirtschaftsjahres also immer dann beschlossen, wenn die im Wirtschaftsplan angesetzten Kosten entweder falsch bewertet wurden oder neue, zu finanzierende Maßnahmen entstehen. Kurz gesagt: Sonderumlagen dienen primär der Befriedigung außergewöhnlicher oder nicht vorhergesehener Finanzierungslücken.

2. Zweckbestimmung der Sonderumlage

Eine Sonderumlage kann von den Wohnungseigentümern nur dann beschlossen werden, wenn er einen bestimmten Zweck erfüllen soll und der Beschluss diesen Zweck wenigstens grob benennt. Von der Rechtsprechung sind insbesondere folgende Zweckbestimmungen für zulässig erklärt worden:

  • Bereitstellung von Mittel für außergewöhnliche oder nicht vorhergesehene Finanzierungslücken;
  • Nicht ausreichend angesetzte Finanzmittel im Wirtschaftsplan auf Grund neuer Tatsachen wie z. B. die (vorübergehende oder dauernde) Uneinbringlichkeit von Nachzahlungen einzelner Wohnungseigentümer aus den Jahresabrechnungen, wodurch Ausfälle zur Deckung/Tilgung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten entstehen;
  • Liquiditätslücke nach Ablauf des Wirtschaftsjahres und eine Abrechnung noch nicht erstellt werden kann;
  • überraschende Wohngeldausfälle;
  • nachträgliche Finanzierung von Notgeschäftsführungsmaßnahmen eines Wohnungseigentümers oder Verwalters;
  • Deckung von Kosten zur Durchführung eines Rechtsstreits/selbstständigen Beweisverfahrens der Wohnungseigentümergemeinschaft;
  • Auffüllung einer ausgeschöpften Instandhaltungsrücklage und
  • Finanzierung von (außerordentlichen) Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen.

Bei Instandhaltungsmaßnahmen haben die Wohnungseigentümer zwar die Wahl, ob sie die erforderlichen Mittel aus der Instandhaltungsrücklage entnehmen oder die Mittel durch die Erhebung einer Sonderumlage aufbringen wollen. Da es aber primär keinen Rechtsanspruch auf Ausschöpfung der Instandhaltungsrücklage gibt, ist die Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung einer Instandhaltungsmaßnahme durch die Wohnungseigentümer grundsätzlich zulässig, selbst dann, wenn die Instandhaltungsrücklage zur Finanzierung der Instandhaltungsmaßnahme ausreichend wäre.

Hinweis: Die Erhebung einer Sonderumlage als so genannter Nachtrag zum bestandskräftigen Wirtschaftsplan darf jedoch nicht für jeden Zweck beschlossen werden. Daher entspricht ein Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er beispielsweise zur Finanzierung

  • von Rechtsanwaltskosten für die Durchführung eines Beschlussanfechtungsverfahren oder für die vorläufige Aufbringung der Kosten eines solchen Verfahrens,
  • zu erwartender Wohngeldausfälle und bekannter Liquiditätsmängel, die bereits in den Wirtschaftsplan einzustellen waren

beschlossen werden soll. Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich an den von ihnen selbst festgelegten Zweck der Sonderumlagenerhebung gebunden. Dabei kann die Zweckbestimmung ausdrücklich oder aber auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen.

Hinweis: Allein durch die Benennung eines bestimmten Zwecks tritt jedoch keine Zweckbindung in dem Sinne ein, dass die Wohnungseigentümer die durch die Sonderumlage eingenommenen Beiträge nur für die im Beschluss genannten Verbindlichkeiten verwenden dürfen. Vielmehr haben die Wohnungseigentümer die Möglichkeit, die finanziellen Mittel auch für andere als den zunächst beabsichtigten Zweck zu verwenden; sie können durch einen weiteren Beschluss die gesammelten Finanzmittel umwidmen und so auch für andere Zwecke verwenden.

Vorsicht: Der Verwalter ist – im Gegensatz zu den Wohnungseigentümern – immer an den ihm bekannten Zweck gebunden. Er darf nicht eigenmächtig Mittel ,,umwidmen`` und beispielsweise aufgetretene Außenstände mit den – z.B. für die Sanierung der Hausfassade – durch den Son-derumlagenbeschluss eingenommenen Geldern begleichen.

Der Beitrag wird fortgesetzt in Die Sonderumlage: Finanzspritze als Nachtrag zum Wirtschaftsplan - 2. Wirksamkeitsvoraussetzungen


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Stand: 10/2006


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