Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters - Teil 17 - Höhe des Ausgleichsanspruchs

Der Ausgleichsbetrag, den der Unternehmer dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zu zahlen hat, wird in einem zweistufigen Verfahren ermittelt:

(1) Ermittlung des Rohausgleichs
(2) Vergleich mit der Höchstgrenze

Rohausgleich

Der Rohausgleich ist die Grundlage für die Berechnung der konkreten Ausgleichssumme. Werden die Vorteile für das Unternehmen wertmäßig bestimmt, misst man sie an den Verlusten des Handelsvertreters. Der Ausgleich kann nur insoweit verlangt werden, als sich diese zwei Größen decken. Im Regelfall stehen sie einander als Spiegelbild gegenüber. Weichen sie jedoch voneinander ab, ist das Geringere maßgeblich .
Wenn der Unternehmer behauptet, für ihn ergebe sich ein betragsmäßig geringerer Vorteil als der Umfang der Nachteile für den Handelsvertreter, muss er das beweisen. Ansonsten stützt man die weitere Berechnung auf den Vertreternachteil.
Ausgangspunkt der Berechnung sind die Provisionseinnahmen des Handelsvertreters aus Geschäften mit von ihm neu geworbenen Kunden während der letzten 12 Vertragsmonate. Dieser Betrag wird nun von der ermittelten jährlichen Abwanderungsquote bereinigt. Damit erhält man die Provisionsverluste des Handelsvertreters für das erste Folgejahr. Davon wird wieder die Abwanderungsquote abgezogen, um das 2. Folgejahr zu ermitteln. Diese Prozedur setzt man für die gesamte Prognosedauer von z.B. 5 Jahren fort. Anschließend bildet man die Summe der Provisionsverluste der einzelnen Folgejahre.
Falls Billigkeitsgesichtspunkte für eine Minderung sprechen, sind die so ermittelten Provisionsverluste um einen pauschalen Billigkeitsabschlag zu kürzen.

Da der Ausgleich laut § 89b Abs.1 Satz 1 HGB angemessen sein muss, ist das Ergebnis auf den Barwert abzuzinsen. Der Grund hierfür ist der Kapitalisierungseffekt: Der Handelsvertreter bekommt den Ausgleich auf einmal ausbezahlt, während sich seine Provisionen auf mehrere Jahre verteilt hätte. Legt der Handelsvertreter den ihm ausgezahlten (abgezinsten) Barwert am Kapitalmarkt für die Dauer der Prognose an, so erhält er im Ergebnis den Betrag der Summe der in diesem Zeitraum verdienten Provisionen.
Das Ergebnis dieser Rechnung wird Rohausgleich genannt.

Höchstgrenze

Der Ausgleichsbetrag wird durch die Obergrenze des § 89b Abs. 2 HGB begrenzt. Diese „Kappungsgrenze“ des Ausgleichsanspruchs liegt bei einer durchschnittlichen Jahresvergütung der letzten 5 Vertragsjahre des Handelsvertreters. Bei kürzerer Vertragsdauer ist der Jahresdurchschnitt während dieser Dauer maßgeblich.

Berechnungszeitraum

Bestand das Vertragsverhältnis fünf Jahre oder länger, liegt die Höchstgrenze des Ausgleichsanspruchs bei einer durchschnittlichen Jahresprovision der letzten fünf Jahre. Der Durchschnitt ergibt sich aus den gesamten Provisionseinnahmen geteilt durch die Anzahl der Monate des Vertragsverhältnisses und multipliziert mit 12.
Bei einer Vertragsdauer zwischen ein und fünf Jahren ist die durchschnittliche Jahresprovision während der Vertragsdauer maßgebend.
Bestand das Vertragsverhältnis weniger als ein Jahr, wird die Jahresprovision im Wege einer entsprechenden Hochrechnung ermittelt und als Höchstgrenze behandelt.

Berechnungsbasis

Wenn der Berechnungszeitraum feststeht, sind die zu berücksichtigenden Provisionen und Vergütungen zusammenzustellen.
Im Gegenteil zur Berechnung der Provisionsverluste werden bei der Höchstgrenzenbestimmung alle dem Handelsvertreter zugeflossenen bzw. verdienten Provisionen und sonstige Vergütungen zusammengefasst. Einschränkungen auf Vermittlungsprovisionen oder Provisionen aus den Geschäften mit Neukunden gibt es nicht.
Auch inzwischen verjährte Provisionsansprüche sind dabei zu berücksichtigen. Die Überhangsprovisionen, die erst nach Vertragsbeendigung fällig werden, sind in die Berechnung aufzunehmen. Solche Provisionen, die vor der fünfjährigen Frist zur Berechnung der Höchstgrenze entstanden, aber erst während dieser Zeitspanne fällig wurden, bleiben außen vor .
Der Handelsvertreter trägt in der Regel seine Geschäftskosten selbst und finanziert diese aus der verdienten Provision. Diese Provision ist die so genannte Bruttoprovision. Bei der Berechnung der Höchstgrenze für den Ausgleich ist diese Bruttoprovision maßgebend. Eine Bereinigung um die Geschäftskosten findet nicht statt. Auszuklammern sind jedoch solche Zahlungen, die als durchlaufende Kosten beim Handelsvertreter verbucht werden. Durchlaufende Posten sind beispielsweise Erstattung der Mietkosten für ein Auslieferungslager und Provisionen für unechte Untervertreter, die über den Hauptvertreter abgerechnet werden.

Ausgleichsbetrag

Den Rohausgleichsbetrag vergleicht man mit der errechneten Ausgleichshöchstgrenze. Wenn der Rohausgleich diese Grenze überschreitet, reduziert sich das Ergebnis auf den Betrag der Höchstgrenze. Liegt der berechnete Rohausgleich darunter, bleibt es bei diesem Betrag. Einfacher formuliert: es gilt der niedrigere der beiden Beträge.

Der Unternehmer trägt die Beweislast hinsichtlich der Bestimmung des Höchstbetrages, da dieser als Einrede den Ausgleichsanspruch begrenzt und dadurch den Unternehmer begünstigt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" von Harald Brennecke und Irina Schatz, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-04-5, 2007


 

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Stand: Februar 2007


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit Jahren im Vertriebsrecht, insbesondere in den Bereichen Handelsvertreterrecht, Franchiserecht und Vertragshändlerrecht tätig.

Er vertritt Unternehmen, Handelsvertreter und Vertragshändler bei der Gestaltung und Verhandlung von Handelsvertreterverträgen und Vertragshändlerverträgen. Er begleitet bei Auseinandersetzungen über Provisionen, Überhangsprovisionen oder Handelsvertreterausgleich für Handelsvertreter, Versicherungsvertreter oder Franchisenehmer. Er begleitet bei der Erstellung n Prüfung von Buchauszügen.

Er begleitet den Aufbau und die Konzeption von Franchisesystemen und Partnersystemen im Bereich Handel, Dienstleistung und Beratung. Er gestaltet und prüft Franchiseverträge und Masterfranchiseverträge. Er verhandelt für Parteien von Franchisesystemen im Interesse einer konstruktiven Zusammenarbeit und vertritt bei Verletzungen der Verpflichtungen von Franchisegebern und Franchisenehmern.

Rechtsanwalt Brennecke vertritt weiterhin bei der Verletzung von Wettbewerbsverboten und Geschäftsgeheimnissen. Er ist besonders spezialisiert auf zivilrechtliche wie strafrechtliche Verfahren in Bezug auf  unzulässige Verwendung von Kundendaten und anderen Geschäftsgeheimnissen (17 UWG).

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat mehrere Bücher im Bereich Vertriebsrecht veröffentlicht, so

  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Provision des Handelsvertreters - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0


Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Vertriebsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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