Das neue Familienrecht 2012 - Teil 1.2.3 und 1.2.4 - Ehegattenunterhalt - gemeinsame Regelungen - Formbedürftigkeit

1.2. Nachehelicher Unterhalt

1.2.3. gemeinsame Regelungen

Alle nachehelichen Unterhaltsansprüche (also z.B. Betreuungsunterhalt, Altersunterhalt, Krankheitsunterhalt, Aufstockungsunterhalt) sind nach der neuen gesetzlichen Regelung zeitlich befristbar (Übergangszeitraum nach Scheidung) und innerhalb dieser Übergangszeit auch betragsmäßig reduzierbar. Auch hier schlägt der vom Gesetzgeber mit der Neuregelung verfolgte Zweck der Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten nach der Scheidung durch. Um eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung abzuwenden, muss insbesondere der Unterhaltsberechtigte (meistens die Ehefrau) erhebliche Gründe darlegen und auch nachweisen können, die eine zeitliche Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs unbillig (ungerechtfertigt oder ungerecht) erscheinen lassen. Dabei muss im Prinzip auch eine Gesamtwürdigung der Ausgestaltung des ehelichen Zusammenlebens und der Einkommensverhältnisse der Eheleute vor und nach der Ehe zugrunde gelegt werden. Aber dann besteht immerhin die Chance, dass trotz des Grundsatzes der Befristung und Herabsetzung in Einzelfällen auch eine unbefristete oder in der Höhe unverminderte Unterhaltsberechtigung durchgesetzt werden kann. Hier müssen also insbesondere die Ehefrauen aktiv werden und darlegen und nachweisen, dass z.B. infolge der Rollenverteilung in der Ehe, sowie der Dauer der Ehe, oder die Zahl der während der Ehe von ihr betreuten gemeinsamen Kinder nunmehr ein ehebedingter Nachteil entstanden ist, der ohne die Ehe nicht eingetreten wäre und den die Ehefrau auf nicht absehbare Zeit weiterhin benachteiligt.

Für die Höhe des nachehelichen Unterhalts gilt nach wie vor der Grundsatz, dass es auf die Einkommensverhältnisse und Ausgabenverhältnisse während des ehelichen Zusammenlebens ankommt (sogenannte ehelichen Lebensverhältnisse), die den Lebensstandard der Eheleute geprägt hatten. Veränderungen nach der Trennung sind aber auch zu berücksichtigen, soweit diese nicht willkürlich oder in unterhaltsschädlicher Absicht veranlasst wurden.

Eine wichtige Änderung bei der Berechnung des nachehelichen, wie auch Trennungsunterhalts ist durch die Neuregelung der Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter (z.B. Ehefrau, Kinder) eingetreten. Die in der Praxis wohl am häufigsten betroffene Änderung ist die Tatsache, dass minderjährige ehegemeinsame Kinder und ehegemeinsame Kinder bis zum 21. Lebensjahr, die noch im Haushalt eines Elternteils leben und in der allgemeinen Schulausbildung sind, allen anderen (auch der Ehefrau) vorrangig sind. D.h., der Unterhaltsbedarf dieser Kinder wird vom Einkommen Unterhaltspflichtigen zunächst voll abgezogen (soweit dieser überhaupt finanziell dazu leistungsfähig ist). Und nur was dann übrig bleibt, steht der Unterhaltsberechnung für den Ehegattenunterhalt noch zur Verfügung. Dies führt in nicht wenigen Fällen dazu, dass lediglich noch der Kindesunterhalt gezahlt werden kann und eventuell der Ehegatte damit dann leer ausgeht. Rangstreitigkeiten können auch in dem Fall entstehen, wenn der geschiedene Ehegatte wieder heiratet und mit dem neuen Ehegatten ein gemeinsames minderjähriges Kind hat, welches der neue Ehegatte betreut. Dann kann dieser zweite Ehegatte im Rang möglicherweise einen Ex-Ehegatten im Rang gleichstehen, so dass auch hier eine Unterhaltsminderung der Höhe nach eintreten kann.

Ein Unterhaltsverpflichteter hat natürlich auch einen Selbstbehalt, mit dem er seine eigene Existenz absichern muss. Diese Selbstbehaltsätze sind z.B. in den süddeutschen Leitlinien (über Internet abrufbar) beziffert worden. Allerdings haben diese Leitlinien keinen Gesetzesrang. In der Praxis richten sich die Familiengerichte jedoch danach aus. Gegenüber einem minderjährigen Kind hat ein unterhaltspflichtiges erwerbstätiges Elternteil einen Selbstbehalt von monatlich 950,00 € (beim Nichterwerbstätigen 770,00 €). Und der Selbstbehalt beim Ehegattenunterhalt beträgt monatlich 1.050,00 € (bei Nichterwerbstätigen 770,00 €). Die Selbstbehaltsätze werden je nach Entwicklung der Lebenshaltungskosten durch die Leitlinien von Zeit zu Zeit angepasst.

Wer nachehelichen Unterhalt (also den nach Rechtskraft der Scheidung) will, muss dies auch rechtzeitig dem anderen am besten schriftlich mitteilen und ihn auffordern einen solchen Anspruch schriftlich anzuerkennen. Kommt der andere dieser Aufforderung nicht nach, sollte zur Vermeidung von Unterhaltslücken der nacheheliche Unterhaltsanspruch als Folgesache im Scheidungsverbund beim Familiengericht an das Scheidungsverfahren angehängt werden. Es besteht hierfür grundsätzlich An-waltszwang. Es ist nach der gesetzlichen Verfahrensneuregelung zu beachten, dass ein solcher Folgeantrag spätestens 2 Wochen vor dem mündlichen Ehescheidungstermin beim Familiengericht eingereicht werden muss. Ansonsten kann das Gericht zunächst die Scheidung aussprechen und erst irgendwann einmal im Anschluss danach den nachehelichen Unterhalt entscheiden. Damit besteht die Gefahr einer Unterhaltslücke, weil der Trennungsunterhaltsanspruch grundsätzlich mit Rechtskraft der Ehescheidung endet. Und wenn bis dahin kein Folgeunterhalt (also nachehelicher Unterhalt) geregelt ist, besteht die Gefahr einer Unterhaltslücke.

1.2.4. Neuregelung bei der Formbedürftigkeit nachehelicher Unterhaltsvereinbarungen nach rechtskräftiger Scheidung.

Nacheheliche Unterhaltsvereinbarungen die vor der Rechtskraft einer Ehescheidung geschlossen werden, müssen notariell beurkundet werden. Ersatzweise kann statt der notariellen Beurkundung eine solche Vereinbarung auch anlässlich des Scheidungsverhandlungstermins vom Gericht protokolliert werden und ersetzt dann die notarielle Beurkundung. Nach Rechtskraft der Ehescheidung unterliegt eine Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt keiner besonderen Formvorschrift. Es empfiehlt sich aber alleine schon aus Beweiszwecken zumindest eine privatschriftliche Vereinbarung (Originale aufheben) zu erstellen.


 

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Stand: April 2012


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