Das Recht der Baugenehmigung – Teil 20 – Öffentliche Belange und gesicherte Erschließung


Autor(-en):
Pascal Bothe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


13.2 Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich

Eben haben wir betrachtet, wie es sich mit Vorhaben im Innenbereich einer Gemeinde verhält. Doch oftmals betreffen geplante Bauvorhaben den sog. Außenbereich.

Der Außenbereich ist das Areal eines Gemeindegebiets, das außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegt und für das kein Bebauungsplan vorhanden ist. Der Außenbereich ist damit das Pendant zum Innenbereich insoweit, als eine ortsgesetzlich fixierte planungsrechtliche Vorgabe nicht existiert. Unterschiedlich sind die beiden Kategorien insoweit, als nach der bundesgesetzlichen Vorgabe das Bauen im unbeplanten Innenbereich grundsätzlich erwünscht und möglich ist, während der Außenbereich grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden soll

Der Außenbereich ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der „freien Landschaft“, da auch hier Bebauung vorhanden ist. Diese entspricht jedoch keinesfalls der Struktur einer Bebauung im Innenbereich: Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil setzt – im Gegensatz zum Außenbereich - voraus, dass die vorhandene Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erweckt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Kleingartengelände fallen beispielsweise nicht darunter, weil es sich nicht um Gebäude handelt, die zumindest teilweise dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen.

Da es „genug Außengebiet“ zu geben scheint, sind Grundstückspreise hier oftmals bedeutend niedriger, als im „Innenbereich“. Der Gesetzgeber hat grundsätzlich vorgeschrieben, dass nur privilegierte Vorhaben im Außenbereich zulässig sind.

13.2.1 Privilegierte Vorhaben

Im Außenbereich soll grundsätzlich nicht gebaut werden. Bauen im Außenbereich ist grundsätzlich – im Sinne eines Gehmigungsanspruchs - nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn ein "privilegiertes Vorhaben" vorliegt.

Um ein privilegiertes Vorhaben handelt es sich, wenn es:

  • einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen, im Gesamtgefüge betrachtet, untergeordneten Teil der (Betriebs)-fläche einnimmt
  • einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
  • wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll
  • der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient
  • der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dient

13.2.2 Sonstige Vorhaben

Nicht privilegierte Bauvorhaben, also solche, die nicht den oben genannten Kategorien unterfallen, können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Im Gegensatz zu den privilegierten Vorhaben, die einen Genehmigungsanspruch bei Erfüllen der weiteren Voraussetzungen (gesicherte Erschließung etc.) auslösen, handelt es sich hier um eine Ermessensvorschrift. Entsprechend liegen die Zulassungshürden auch insoweit höher, als die privilegierten Vorhaben öffentlichen Belangen nicht entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB) – sie dürfen also nicht schlechthin vereitelt werden. Eine Zulassung nicht privilegierter Vorhaben scheidet hingegen tatbestandlich bereits aus, wenn öffentliche Belange hierdurch lediglich beeinträchtigt werden, § 35 Abs. 2 BauGB.

Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben:

  • den Planungen des Flächennutzungsplans widerspricht
  • den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht
  • schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen droht oder ihnen ausgesetzt wird
  • unwirtschaftliche Aufwendungen für die Erschließung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert
  • Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes, sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt
  • das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt oder die Wasserwirtschaft gefährdet
  • die Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Bebauungsplan Einführung in das Bauplanungsrecht“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Pascal Bothe LL.B.,wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-19-9.


 

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Stand: Januar 2015


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