Bilanzierung – Teil 15 – Außerplanmäßige Abschreibungen, Zuschreibungen, Leasing


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


5.4.3.3 Außerplanmäßige Abschreibungen

Außerplanmäßige Abschreibungen können sowohl bei abnutzbaren als auch bei nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen angewandt werden. Es sollen die nicht erwartbaren außergewöhnlichen Wertminderungen berücksichtigt werden, also Wertminderungen die bei der planmäßigen Abschreibung nicht erfassbar sind. Ursachen für solche Abschreibungen sind technisch oder wirtschaftlich bedingt wie bspw. höhere Gewalt, Feuer- und Unfallschäden oder mangelnde Auslastung wegen Fehlinvestitionen. Die gesetzliche Regelung ist in § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB normiert. Entscheidend für die außerplanmäßige Abschreibung sind der niedrigere beizulegende Wert und die voraussichtlich dauernde Wertminderung.

5.4.3.3.1 Niedrigere beizulegende Wert

Der niedrigere beizulegende Wert ist der Vergleichswert zur Durchführung des Niederstwert-Tests im Anlagevermögen. Am Abschlussstichtag ist dazu der Buchwert eines Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens mit diesem niedrigeren beizulegenden Wert zu vergleichen. Ist der beizulegende Wert niedriger, so ist auf diesen abzuschreiben, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauernd ist. Der niedrigere beizulegende Wert leitet sich vom Beschaffungsmarkt ab. Für den zu bewertenden Vermögensgegenstand ist damit ein Wiederbeschaffungswert zu ermitteln. In Betracht kommt ein Wiederbeschaffungszeitwert oder auch Wiederbeschaffungsneuwert abzüglich der planmäßigen Abschreibungen.

5.4.3.3.2 Voraussichtlich dauernde Wertminderung

Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt vor, wenn der beizulegende Wert während eines erheblichen Teils der Restnutzungsdauer den Wert nicht erreichen wird, der sich unter Berücksichtigung der planmäßigen Abschreibungen ergibt oder wenn der beizulegende Wert voraussichtlich für mindestens die halbe Restnutzungsdauer oder die nächsten 5 Jahre unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.

Beispiel
Unternehmer Müller erwirbt am 01.01.01 eine Maschine zum Listenpreis von 60.000,- € netto. Die voraussichtliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird auf 6 Jahre geschätzt. Die Maschine wird linear abgeschrieben. Am 31.12.02 stellt Müller fest, dass wegen einer voraussichtlich dauernden Wertminderung eine außerplanmäßige Abschreibung von 10.000,- € vorgenommen werden muss.

  • Im ersten Jahr wird normal abgeschrieben. Im zweiten Jahr kommen die 10.000,- € hinzu. Dieser Betrag wird dann von den 4 Jahren abgezogen, sodass der Buchwert 0 € beträgt.

    Jahr 01 10.000,- € 50.000,- €
    Jahr 02 20.000,- € 30.000,- €
    Jahr 03 7.500,- € 22.500,- €
    Jahr 04 7.500,- € 15.000,- €
    Jahr 05 7.500,- € 7.500,- €
    Jahr 06 7.500,- € 0,- €

5.4.3.4 Zuschreibungen

Zuschreibungen bilden das Gegenstück zu Abschreibungen. Es geht um eine wertmäßige Erhöhung des Buchwertes eines Vermögensgegenstandes und zwar im Rahmen einer Folgebewertung. Der Zeck ist eine zutreffende Darstellung der Vermögenslage durch die Auflösung der Unterbewertung von Aktiva d.h. ihr Buchwert ist niedriger als der tatsächliche Wert. Es liegen also stille Reserven vor. Stille Reserven werden durch eine Zuschreibung aufgedeckt. Allerdings nur bis zu einer Obergrenze.

Voraussetzung für eine Zuschreibung ist

  • die Vornahme von außerplanmäßigen Abschreibungen in früheren Geschäftsjahren und
  • dass die Gründe für diese außerplanmäßigen Abschreibungen nicht mehr bestehen.

Beispiel 1
Eine Maschine wird außerplanmäßig abgeschrieben, weil man einen Konstruktionsfehler festgestellt hat, der die Leistungsfähigkeit der Maschine erheblich einschränkt.

  • Der Wert der Maschine erscheint im Zeitpunkt dauerhaft gemindert. Im nächsten Geschäftsjahr wird festgestellt, dass der Konstruktionsfehler leicht zu beheben ist, so dass er behoben wird. Damit besteht der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr. Die außerplanmäßige Abschreibung ist dann durch eine Zuschreibung aufzuholen.

Beispiel 2
Unternehmer Müller erwirbt am 01.01.01 eine Maschine zum Listenpreis von 60.000,- € netto. Die voraussichtliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird auf 6 Jahre geschätzt. Die Maschine wird linear abgeschrieben. Es wurde im Verlaufe der Zeit eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen. Am 31.12.04 stellt Müller fest, dass der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung weggefallen ist. Aus bilanzpolitischen Gründen möchte Müller von einer Zuschreibung absehen.

  • Nach § 253 Abs. 5 HGB besteht ein Wertaufholungsgebot unabhängig von der Rechtsform. Also muss Müller eine Zuschreibung vornehmen, wodurch sich die Abschreibungen ändern.

    Jahr 01 10.000,- € 50.000,- €
    Jahr 02 20.000,- € 30.000,- €
    Jahr 03 7.500,- € 22.500,- €
    Jahr 04 7.500,- € 15.000,- €
    Jahr 05 10.000,- € 10.000,- €
    Jahr 06 10.000,- € 0,- €

5.5 Leasing

Leasinggeschäfte sind im heutigen Wirtschaftsleben kaum noch wegzudenken. Nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Maschinen werden über Leasinggeschäfte angeschafft. In der Bilanzpraxis ist es daher umso wichtiger, sich mit den Unterschieden des Leasings auseinanderzusetzten. Von besonderer Bedeutung sind daher das sog. Operating- und Finanzierungsleasing.

5.5.1 Überblick

Da im deutschen Recht keine Legaldefinition des Leasings existiert und zahlreiche Vertragsgestaltungen möglich sind, fällt es schwer, Leasinggeschäfte allgemeingültig konkret zu beschreiben. Ihre Einordnung kann vom Mietvertrag bis zum Ratenkaufvertrag reichen. Die eigentliche Motivation eines Unternehmens, einen Leasingvertrag abzuschließen, besteht in der Regel darin, Investitionsgüter für eine begrenzte Zeit gegen Entgelt zu gebrauchen bzw. zu nutzen, ohne dabei das zivilrechtliche Eigentum an diesem Gegenstand zu erwerben. Da zur Bilanzierung in der Handelsbilanz keine Zurechnungskriterien für Leasinggegenstände existieren, orientiert sich die Praxis an den steuerlichen Zurechnungskriterien, die durch die Bundesfinanzhof-Rechtsprechung und die Finanzverwaltung entwickelt worden sind.

5.5.2 Operating-Leasing

Ist ein Leasingvertrag wie ein jederzeit kündbarer Miet- oder Pachtvertrag ausgestaltet, d.h. ist er in erster Linie auf die Nutzungsüberlassung und nicht auf die Verschaffung wirtschaftlichen Eigentums ausgerichtet, spricht man von Operating-Leasing. Der Leasinggeber und juristische Eigentümer bleibt bei dieser Vertragsgestaltung zugleich wirtschaftlicher Eigentümer des Leasinggegenstandes. Derartige Verträge werden hauptsächlich abgeschlossen, wenn kurzfristiger Bedarf an Produkten besteht, oder Produkte benötigt werden, die schnell veralten, so dass eine ständige wiederholende Neuanschaffung nicht angezeigt ist. Solche Verträge sind z.B. in der EDV-Branche üblich und bringen bei der Aufstellung des Jahresabschlusses keine besonderen Probleme mit sich, da die Gegenstände wie gewöhnlich im Fall der Miete beim juristischen Eigentümer zu bilanzieren sind.[1]


5.5.3 Finanzierungsleasing

Ist ein Leasingverhältnis seinem Charakter nach eher ein Finanzierungsgeschäft in der Art eines Ratenkaufs unter Eigentumsvorbehalts (§ 449 Bürgerliches Gesetzbuch), spricht man von Finanzierungsleasing. In diesem Fall ist das wirtschaftliche Eigentum dem Leasingnehmer zuzurechnen, der den Leasinggegenstand zu aktivieren und die Leasingverbindlichkeit zu passivieren hat.[2]


[1] Fußnote

[2] Fußnote

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.


 

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Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 

Normen: § 253 HGB

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