Bankzulassungsrecht – Teil 22 – Pflichten der Kreditinstitute

6.3 Erlöschen und Aufhebung der Erlaubnis

Die bereits erteilte Erlaubnis kann beim Vorliegen der Voraussetzungen nach § 35 Abs. 1 KWG erlöschen oder nach § 35 Abs. 2 KWG aufgehoben werden.

6.3.1 Erlöschen der Erlaubnis

Das Erlöschen der Erlaubnis tritt automatisch aufgrund des Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 KWG vorliegen. Eine Feststellung über das Erlöschen bedarf es nicht. Daher können keine Rechtsbehelfe gegen das Erlöschen der Erlaubnis eingelegt werden.

Nach § 35 Abs. 1 S. 1 KWG erlischt die Erlaubnis, wenn von ihr nicht innerhalb eines Jahres seit Zugang Gebrauch gemacht wird. Lediglich vorbereitende Tätigkeiten, wie die Beschaffung von Geschäftsräumen oder die Einstellung von Personal genügen nicht. Es genügt aber, wenn der Inhaber nur mit einer von mehreren erlaubten Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beginnt. Nach § 35 Abs. 1 S. 2 KWG erlischt die Erlaubnis, wenn deren Inhaber keiner Entschädigungseinrichtung nach dem Einlagensicherungs- und Anlagenentschädigungsgesetz angehört, das den Entschädigungsfall zum Schutz von Einlagen und Wertpapieren dient.

6.3.2 Aufhebung der Erlaubnis

Ein Aufhebungsgrund nach § 35 Abs. 2 KWG liegt vor, wenn

  • der Geschäftsbetrieb über sechs Monate ruht (Nr. 1)
  • das Kreditinstitut in der Rechtsform eines Einzelkaufmannes betrieben wird (Nr. 2)
  • eines der in § 33 KWG genannten Versagungsgründe vorliegt (Nr. 3)
  • die Gefahr besteht, dass das Institut seine Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern, vor allem gegenüber seinen Kunden nicht einhalten kann, z.B. bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse, aber nur als ultima ratio (Nr. 4)
  • gegen das Aufsichtsrecht (KWG, GwG, WpHG) verstoßen wird (Nr. 6)
  • aufsichtsrechtliche Anforderungen nicht erfüllt werden, was jeden Verstoß gegen dort enthaltene Vorgaben beinhaltet (Nr. 8)

Darüber hinaus wird die Erlaubnis aufgehoben, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, § 35 II a KWG.

Aufgrund des Vertrauensschutzes darf die Erlaubnis nur innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Behörde von dem Aufhebungsgrund aufgehoben werden.

6.4 Grenzüberschreitende Tätigkeit der Kreditinstitute

Kreditinstitute, die eine vergleichbare Erlaubnis in einem anderen Staat des europäischen Wirtschaftsraums erhalten haben, dürfen ihre Geschäfte grundsätzlich auch in anderen Mitgliedsstaaten auszuüben. Die Kreditinstitute müssen ihrer Heimat-Aufsichtsbehörde lediglich mitteilen, dass sie grenzüberschreitend tätig werden wollen Die grenzüberschreitende Tätigkeit erfolgt entweder über eine Zweigstelle im Rahmen der sog. europarechtlichen Niederlassungsfreiheit oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs im Rahmen der europarechtlich geschützten sog. Dienstleistungsfreiheit.

Die rechtliche Grundlage für die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der Kreditinstitute bilden auf europäischer Ebene die Artikel 33 bis 39 der CRD IV (Richtlinie 2013/36/EU), die in §§ 24a, 53b KWG entsprechend umgesetzt wurde.

Beispiel
Die B-Bank verfügt über eine Erlaubnis der BaFin zum Betrieb ihrer Bankgeschäfte und hat mehrere Filialen in NRW. Nun möchte Sie eine weitere Zweigstelle in den Niederlanden eröffnen.

  • Die B-Bank darf im Rahmen ihrer Niederlassungsfreiheit eine weitere Filiale in den Niederlanden eröffnen. Dafür muss sie die BaFin darüber informieren.

7 Pflichten der Kreditinstitute

Den Kreditinstituten und Finanzdienstleistern werden verschiedene Pflichten auferlegt.

7.1 Verhaltenspflichten

Die Verhaltenspflichten von Kreditinstituten und Finanzdienstleistern betrifft zum einen die Erfüllung der Hauptleistungspflicht, welche in einer spezifischen Handlungs- oder Erfolgspflicht bestehen kann. Insoweit besteht eine Garantiehaftung im Sinne der Übernahme des Beschaffungsrisikos. Für den Bereich des Zahlungsgeschäftes ist dies in § 675y BGB gesetzlich geregelt. Für das Kreditgeschäft ergibt sich gleiches aus § 276 Abs. 1 S. 1 BGB, ebenso für die Beschaffung und Veräußerung von Effekten, wobei hier noch §§ 18, 24 DepG dazu tritt.

Zum anderen, unterliegen Kreditinstitute und Finanzdienstleister zusätzlich hohen Sorgfalts- und Organisationsanforderungen, wie z.B. Aufklärungspflichten. Darüber hinaus bestehen noch Risikovorbeugungsmaßnahmen im Massenzahlungsverkehr, wobei diese Regeln Verhaltenspflichten für beide Seiten statuieren, also sowohl für den Zahlungsdienstleister als auch für den -nutzer.

7.2 Anzeigepflichten

Kreditinstitute und Finanzdienstleister unterliegen außerdem zahlreichen ad hoc oder regelmäßig anfallenden Anzeige- und Meldepflichten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Bankenaufsicht kontinuierlich über die Entwicklung der beaufsichtigten Unternehmen und diesbezüglich über bankenaufsichtsrechtlich relevante Vorkommnisse unterrichtet wird. Um der Bankenaufsicht eine gewisse Sicherheit bezüglich der rechtzeitigen und vollständigen Anzeigen zu gewährleisten, wird ein extra vom jeweiligen Institut bestellter Abschlussprüfer mit der Prüfung der Einhaltung der Anzeigepflichten und Anforderungen nach § 29 KWG beauftragt.

Über die dort aufgezählten Pflichten hinaus kann die BaFin den Prüfern über die Prüfberichtsverordnung oder über § 30 KWG mit der Beurteilung der Einhaltung zusätzlich anderer Anzeigepflichten betrauen, sofern dies für erforderlich gehalten wird, wie z.B. mit einer Analyse der Zinsänderungsrisiken oder der Überprüfung und Verwertung gestellter Immobiliensicherheiten.

Bei der Prüfung der Einhaltung der Anzeigepflichten sind die Bestimmungen der

  • Anzeigenverordnung (AnzV)
  • Solvabilitätsverordnung (SolvV)
  • Liquiditätsverordnung (LiqV)
  • der Großkredit- und Millionenkreditverordnung (GroMiKV) sowie
  • Verordnung nach § 24 a Abs. 5 vom 22. Februar 1996 (BGBl. I S. 319), die die Anwendung der §§ 24 a und 53 b, die die Auswirkungen des KWG auf Island und Norwegen als Länder außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums regelt,

zu beachten.

Konkretisiert wird die Prüfung der Einhaltung der Anzeigepflichten durch § 19 PrüfbV, wonach der Prüfer die Organisation des Anzeige- und Meldewesens zu beurteilen hat. Genauer einzugehen ist hierbei auf die Vollständigkeit, Richtigkeit und Rechtzeitigkeit der Anzeigen und Meldungen. Es müssen außerdem festgestellte wesentliche Verstöße aufgeführt werden. Der Prüfer achtet vor allem auf die organisatorischen Regelungen des Systems des jeweiligen Anzeige- und Meldewesens, da selbiges ordnungsgemäß, korrekt und vollständig arbeiten muss, um die aufsichtsrechtlich erforderlichen Informationen weiterzugeben. Es folgt darüber hinaus eine stichprobenartige Befassung mit einzelnen meldepflichtigen Sachverhalten.

Insgesamt umfassen die zu prüfenden Anzeigepflichten folgende Regelungen des KWG:

  • § 10 Anforderungen an die Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholdinggruppen
  • § 10 b Eigenmittelausstattung von Finanzkonglomeraten
  • § 11 Liquidität
  • § 12 a Begründung von Unternehmensbeziehungen
  • § 13 Großkredite von Nichthandelsbuchinstituten
  • § 13 a Großkredite von Handelsbuchinstituten
  • § 13 b Großkredite von Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen
  • § 13 c Gruppeninterne Transaktionen mit gemischten Unternehmen
  • § 13 d Risikokonzentrationen und gruppeninterne Transaktionen von Finanzkonglomeraten
  • § 14 Abs. 1 Millionenkredite
  • § 15 Organkredite
  • § 24 Anzeigen in Bezug auf rechtliche, organisatorische und personelle Veränderungen, geschäftspolitische Entscheidungen und geschäftliche Entwicklungen (einschließlich Zinsänderungsrisiko und modifizierte bilanzielle Eigenkapitalquote (leverage ratio)).
  • § 24 a Errichtung einer Zweigniederlassung und Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen in anderen Staaten des EWR.

Das Bankzulassungsrecht wird von einer Vielzahl rechtlicher Grundlagen auf nationaler und europäischer Ebene geprägt, die zum Ziel haben, sowohl auf nationaler Ebene, als auch auf europäischer Ebene einen stabilen Bankensektor zu gewährleisten und die Geldwäsche zu bekämpfen. Auf nationaler Ebene gilt in erster Linie das Kreditwesengesetz (kurz: „KWG“) für die Erlaubnis, ein Bank- bzw. Finanzdienstleistungsgeschäft zu betreiben sowie die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleistungsinstitute. Das KWG schreibt Reglungen für Banken und Finanzdienstleistungsinstituten vor, die sie bei der Gründung und beim Betreiben ihrer Geschäfte zu beachten haben. Auf diese Weise sollen Fehlentwicklungen vorgebeugt werden, die das reibungslose Funktionieren des Bankenapparates stören könnten. Daneben gibt es einige Spezialgesetze, wie das Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (kurz: „ZAG“). Das ZAG ermöglicht Zahlungsinstituten, Dienstleistungen im Zahlungsverkehr anzubieten, ohne selbst Kreditinstitut zu sein. Im Vergleich zum KWG sind die Voraussetzungen für eine Erlaubnispflicht im Bereich des ZAG weniger streng.

Das Bankenzulassungsrecht ist keine Materie, die ausschließlich für große Kreditinstitute gilt. Die Vorschriften des KWG oder ZAG können bereits auf kleinere Unternehmen Anwendung finden, die nur nebenbei einzelne Finanzdienstleistungen anbieten möchten, um ihren Kunden beispielsweise eine bequeme Zahlungsart zu ermöglichen, während ihre Haupttätigkeit mit dem klassischen Bankenrecht nichts zu tun hat. Diese Unternehmen unterstehen auf nationaler Ebene wie die üblichen Kreditinstitute der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: „BaFin“) und auf europäischer Ebene der Europäischen Zentralbank (kurz: „EZB“) als zentrale europäische Bankenaufsicht.

Oft ist auf den ersten Blick nicht erkennbar, dass Finanzdienstleistungen erbracht werden, wie z.B. bei Kundenkartensystemen, Geschenkgutscheinen oder Bonuskarten oder wenn der Telekommunikationsdienstleister eine eigene Zahlungsabwicklung für Musik oder Apps anbietet oder der Verbraucher nach einem Online-Einkauf eine Sofort-Überweisung tätigen kann. Für all diese Dienstleistungen kann eine Erlaubnis nach dem ZAG erforderlich sein.

In diesem Buch werden die wichtigsten Regelwerke im Bankenzulassungsrecht, die Voraussetzungen zur Erteilung einer Bankenerlaubnis und die verschiedenen Aufsichtsinstitute dargestellt. Betrachtet werden dabei insbesondere die erlaubnispflichtigen Banken- und Finanzdienstleistungen nach dem KWG und dem ZAG.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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