Arbeitnehmerüberlassung – Teil 06 – Abgrenzungskriterien

4.1.1 Abgrenzungskriterien

Die Abgrenzung erfolgt nach folgenden Kriterien:

  • Geschuldeter Erfolg
  • Tätigkeitsbezogene Vergütung
  • Organisationshoheit
  • Weisungsrecht
  • Vollständige Eingliederung in den Betrieb
  • Gelebte Gewährleistung
  • Gesamtbetrachtung
  • Vorrangigkeit der Arbeitnehmerüberlassung

4.1.1.1 Geschuldeter Erfolg

Charakteristisch für den Werkvertrag ist der geschuldete Erfolg. Die Parteien vereinbaren den Erfolg in Form der Herstellung eines bestimmten und konkretisierten Werks. Das Werk ist nicht ausreichend konkretisiert, wenn eine gattungsmäßige Leistung erbracht werden soll, wie beispielsweise Montagarbeiten, Malerarbeiten, Schreinerarbeiten oder Schweißarbeiten. Ferner genügt eine Beschreibung im Vertrag über die Art der geschuldeten Leistung als „Mitarbeit in der Fertigung“ nicht.

Ist nur eine gattungsmäßige Leistung vereinbart, ist die Abgrenzung von der Arbeitnehmerüberlassung besonders schwierig.

Ist in einem Vertrag zwischen Werkunternehmer und Besteller der geschuldete Erfolg mit „Malerarbeiten“ bezeichnet, erweckt das äußere Erscheinungsbild den Eindruck, dass eine bloße Tätigkeit geschuldet ist und der Erfolg für die Vertragsparteien nicht im Vordergrund steht. In diesem Fall ist der Parteiwille zur Auslegung unter Berücksichtigung der, dem Vertrag zugrundeliegenden Umstände und Indizien, heranzuziehen.

Die Abgrenzungsproblematik bei einer gattungsmäßigen Leistung stellt sich besonders bei Rahmenverträgen. Bei Rahmenverträgen wird anstatt eines einzelnen konkreten Werkes eine Reihe von Einzelwerken erbracht. Welche Pflicht der Werkunternehmer im Einzelnen schuldet, wird erst im Nachhinein durch Einzelaufträge bestimmt. Vorzugsweise findet diese Vertragsart bei langjährigen Vertragsbeziehungen Anwendung.
Bei dem ursprünglichen Vertragsschluss wird nicht genau festgelegt, welcher Erfolg wann geschuldet wird. Der Vertrag muss aber für die Vertragsparten hinreichend bestimmt sein, damit jeder weiß, was zu leisten ist. Daher dürfen die Leistungen nicht zu allgemein gehalten sein, sondern es muss, zumindest ein Leistungsverzeichnisses bestehen, das die Einzelleistungen festlegt.
Mit dem Leistungsverzeichnis hat der Werkunternehmer eine genaue Vorstellung dessen, was er künftig in den Einzelaufträgen leisten muss. Wurde im Rahmenvertrag als Leistungspflicht nur „Malerarbeiten“ festgelegt, kann im Leistungsverzeichnis eine Bestimmung erfolgen, in welchen zeitlichen Abschnitten welche Hauswand gestrichen werden muss. Der Einzelauftrag spricht für einen Werkvertrag, nach dem ein Erfolg geschuldet wird, und nicht für ein bloßes Tätigwerden.

Entscheidend für die Abgrenzung zwischen dem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht und dem werkvertraglichen Anweisungsrecht ist der Grad der Beschreibung des werkvertraglichen Vertragsinhalts. Sowohl die arbeits- als auch die werkvertragliche Anweisung stellt eine Konkretisierung des Vertragsinhalts dar. Von einer werkvertraglichen Anweisung kann nur dann ausgegangen werden, wenn der werkvertragliche Inhalt zuvor hinreichend definiert wurde. Ohne einen bestimmten Werkgegenstand, kann dieser nicht durch ein werkvertragliches Anweisungsrecht konkretisiert werden. In Abgrenzung dazu liegt eine arbeitsvertragliche Weisung vor, wenn das Fremdpersonal erst durch die Weisung den Inhalt des Vertrags erfährt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Arbeitnehmerüberlassung“ von Tilo Schindele, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Patricia Netto, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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