Aufrechnung des Vorsteuererstattungsanspruchs durch das Finanzamt


Urteil des BGH IX ZR 115/04

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.07.2005 ausdrücklich festgestellt, dass Insolvenzgläubiger mit ihren Insolvenzforderungen gegen Ansprüche der Schuldner aufrechnen können, die in der Restschuldbefreiungsphase entstehen.

Erstattung aus Einkommensteuer

Entschieden wurde der Sachverhalt für einen Fall, in welchem ein steuerpflichtiger Schuldner in der Restschuldbefreiungsphase einen Steuererstattungsanspruch aufgrund seiner Einkommensteuererklärung hatte. Nach Ansicht des BGH durfte das Finanzamt mit Insolvenzforderungen gegen das Guthaben des Schuldners aufrechnen, da in der Wohlverhaltensphase kein allgemeines Aufrechnungsverbot mehr besteht.

Aus der differenzierten Ausgestaltung der Aufrechnungsverbote in den §§ 94 ff. InsO im Insolvenzverfahren und § 294 Abs. 3 InsO in der Wohlverhaltensperiode gegenüber dem grundsätzliche Verbot der Zwangsvollstreckung sowohl in § 89 Abs. 1 InsO als auch in § 294 Abs. 1 InsO schließt der BGH darauf, dass gerade kein generelles Verbot für Aufrechnungen bestehen soll, sondern lediglich in den vorgenannten genau geregelten Fällen.

Vorsteuererstattungsansprüche

Dieses Urteil des BGH stützt nunmehr auch eine - in manchen Bundesländern schon seit Jahren übliche – Praxis der Finanzämter, die eine selbständige Tätigkeit in der Wohlverhaltensphase für manche Geschäftszweige nahezu unmöglich macht.

Sofern aufgrund einer monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung einem selbständigen Schuldner ein Vorsteuererstattungsanspruch zusteht, rechnet das Finanzamt gegen den Erstattungsanspruch mit seinen Insolvenzforderungen auf. In der Praxis sind damit zwar die aktuellen Umsatzsteuern ganz regulär abzuführen, Erstattungsansprüche werden jedoch aufgerechnet.

Bei Gewerben, in denen sich - etwa aufgrund von Materialeinkäufen - regelmäßig Vorsteuererstattungsansprüchen ergeben und erst in den folgenden Monaten die entsprechende Rechnung für die eigene Leistung gestellt werden kann, dürfte durch die Aufrechnungspraxis der Finanzämter während der laufenden Restschuldbefreiungsphase, die Selbständigkeit kaum noch möglich sein.

Freigabe des Geschäftsbetriebs

Eine vergleichbare Problematik ergibt sich, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners noch im laufenden Insolvenzverfahren aus der Insolvenzmasse freigegeben wurde. Auch in diesem Fall schützt der § 94 InsO freigegebene Vermögenswerte nicht mehr vor Aufrechnungen. Lediglich das Zwangsvollstreckungsverbot des § 89 InsO gilt weiterhin, Aufrechnungen auch mit Insolvenzforderungen hingegen sind ab dem Moment der Freigabe wieder möglich.


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Stand: Februar 2007


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Gericht / Az.: BGH IX ZR 115/04
Normen: §§ 89, 94 InsO, § 294 InsO

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