Restschuldbefreiung: Wohlverhaltensperiode, Teil 3.2 - Obliegenheiten - Arbeitsverpflichtung - zumutbare Tätigkeit

Der arbeitslose Schuldner ist angehalten, nach einem zumutbaren Arbeitsplatz zu suchen. Was unzumutbare Tätigkeiten sind, beschreibt das dritte Sozialgesetzbuch (Fußnote) weiter. Die dortigen Ausführungen dürften auch für die Auslegung des Begriffes der ,,zumutbaren Tätigkeit`` des § 295 I Ziff. 1 InsO herangezogen werden. § 121 II SGB III sagt aus, das eine Beschäftigung unzumutbar ist, wenn sie gegen gesetzliche und tarifliche Arbeitsschutzbedingungen verstößt. Weiter wird festgelegt, dass eine Beschäftigung nicht schon deshalb unzumutbar ist weil der Schuldner für die Arbeit nicht ausgebildet ist oder weil der arbeitsuchende Schuldner sie bisher noch nicht ausgeübt hat (Fußnote). Beispiel: Herr Schubert könnte aufgrund eines Angebots einer Firma eine Arbeitsstelle in der Baubranche als Installateur annehmen. Herr Schubert lehnt dies ab. Er sagt, dass er bisher noch nie als Installateur gearbeitet hätte. Außerdem sei er gelernter Maurermeister und kennt sich nicht mit der Tätigkeit aus, die ein Installateur zu leisten hat. In diesem Beispiel ist Herr Schubert – wie oben beschrieben – verpflichtet die angebotene Tätigkeit anzunehmen. Denn allein die Tatsache, dass er noch nicht in dem Beruf gearbeitet hat oder für die Tätigkeit nicht ausgebildet ist, macht die angebotene Stelle nicht unzumutbar! Schubert könnte nach einer Einarbeitungs- oder Anlernphase dort arbeiten. Der Absatz 3 des § 121 SGB III enthält für eine fortgeschrittene Dauer der Arbeitslosigkeit eine absinkende, flexible Zumutbarkeitsgrenze hinsichtlich des Arbeitseinkommens, das mit der neuen Beschäftigung erzielt werden soll.

- In den ersten drei Monaten (Fußnote) der Arbeitslosigkeit darf das neue Arbeitsentgelt das alte – bisher erlangte Entgelt – nicht um mehr als 20 % unterschreiten. - In den folgenden drei Monaten (Fußnote) der Arbeitslosigkeit darf das alte Arbeitsentgelt nicht um mehr als 30 % unterschritten werden. - Ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit ist jede Tätigkeit zumutbar. Allerdings muss das Netto-Arbeitsentgelt die Höhe des Arbeitslosengeld das der Schuldner bekommen würde nicht unterschreiten. Die oben genannten Bestimmungen gelten für jeden Arbeitssuchenden, nicht nur für diejenigen Arbeitssuchenden, die ein Insolvenzverfahren hinter sich haben und sich nun in der Wohlverhaltensperiode befinden. Eine Verschärfung der Regelungen für die Arbeitsuchenden, die sich in der Wohlverhaltensperiode befinden ist nicht sinnvoll. Denn auch die Gläubiger haben das Interesse, dass der Schuldner möglichst schnell eine möglichst gut bezahlte Arbeitsstelle findet. Notfalls ist es dem Schuldner auf jeden Fall zuzumuten, dass er Aushilfs- und Gelegenheitsarbeiten durchführt. Dieser ,,mittelbare Zwang`` zur Übernahme von berufsfremden Arbeiten stellt keinen Verstoß gegen Art. 12 II GG (Fußnote) dar. Auf einzelne Fragen bezüglich der Zumutbarkeit, die immer wieder auftauchen, soll hier kurz eingegangen werden:

- Schichtarbeit

Schichtarbeit ist grundsätzlich zumutbar. Dies gilt auch, wenn in der Arbeitsstätte in drei Schichten gearbeitet wird (Fußnote). In individuellen Fällen kann sie aus zwingend familiären Gründen oder aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar sein.

- Pendeln zum Arbeitsplatz

Die Zeiten, welche bei der täglichen Pendelzeit als zumutbar gelten, nennt § 121 IV SGB III. Hier werden bei bis zu sechsstündiger Tätigkeit 2 Stunden Pendelzeit und bei über sechsstündiger Tätigkeit eine Pendelzeit von 2,5 Stunden als zumutbar angesehen. Sollten aber regional längere (Fußnote) Pendelzeiten üblich sein, so gelten diese.

- Umzug

Grundsätzlich ist dem Schuldner auch ein Ortswechsel aufgrund der Arbeitsaufnahme zuzumuten. Insbesondere gilt dies natürlich für jüngere, allein stehende Arbeitssuchende. Ältere Arbeitssuchende, die auch familiär gebunden sind ist der Ortswechsel dem Schuldner in der Regel nicht zuzumuten. Beachtung muss hier auch finden, dass im Falle eines Ortswechsels dem Schuldner (Fußnote) Umzugskosten entstehen, die er im Regelfall nicht bezahlen kann, da er über keinerlei Mittel verfügt.

- Befristete Arbeitsverhältnisse

Die Aufnahme befristeter Arbeitsverhältnisse ist zumutbar. Ist allerdings mit der Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses ein Ortswechsel verbunden, so ist die Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Die mit dem Umzug verbundenen Kosten stehen nicht im Verhältnis zu dem Risiko, dass der Schuldner in dem Betrieb nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden könnte.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Restschuldbefreiung - Schuldenabbau durch Insolvenz (Chancen und Risiken der Restschuldbefreiung)" von Harald Brennecke und Markus Jauch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 3-939384-00-3, ISBN ab 01.01.2007: 978-3-939384-00-7.


 

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Stand: Juni 2006


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Normen: § 295 I Ziff. 1 InsO, § 121 SGB III, § 212 V SGB III, Art. 12 II GG

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