Crowdfunding – Teil 05 – Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland

2.2.1.1.2.3 Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland

Auch ausländische Crowdinvesting- Plattforme benötigen eine gewerberechtliche Erlaubnis, wenn sie in Deutschland tätig werden. Eine Tätigkeit in Deutschland liegt schon dann vor, wenn Anlagen auch an das deutsche Publikum vermittelt werden sollen. Es ist nicht erforderlich, dass die Crowdinvesting-Plattform eine (Fußnote)Gesellschaft mit Sitz in Deutschland gründet. Allerdings kann der fehlende Sitz in Deutschland zu praktischen Problemen führen. Behörden halten sich häufig für unzuständig, wenn die ausländische Plattform keinen Sitz in ihrem Zuständigkeitsbereich hat. Da ein solcher Anknüpfungspunkt gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, hat diese Praxis keine rechtliche Grundlage. Dennoch scheinen manche Behörden daran festhalten zu wollen. (Fußnote).

2.2.1.2 Informations- und Prospektpflichten

Gesetzliche Informations- bzw. Prospektpflichten dienen dazu, den Anleger über das abzuschließende Geschäft im Vorfeld aufzuklären und ihm dadurch eine informierte und verantwortungsvolle Entscheidung zu ermöglichen. Prospektpflichten können dabei als eine spezielle Ausprägung der allgemeinen Informationspflichten angesehen werden. Während sich Prospektpflichten ausschließlich aus dem Kapitalmarktrecht ergeben, können sonstige Informationsrechte ihre Grundlage sowohl im Kapitalmarkt- als auch im allgemeinen Zivilrecht haben.

2.2.1.2.1 Prospektpflicht und Ausnahme

Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts kann sich aus verschiedenen Gesetzen, unter anderem aus der Prospektverordnung sowie aus dem Vermögensanlagengesetz ergeben. In Deutschland werden derzeit die meisten Crowdinvestments als Nachrangdarlehen herausgegeben (Fußnote) Da diese Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes darstellen, werden im Folgenden nur die Bestimmungen dieses Gesetzes näher behandelt. Die Einhaltung des Vermögensanlagengesetzes wird von der BaFin überwacht, vgl. § 3 VermAnlG.

2.2.1.2.1.1 Grundsatz: Prospektpflicht

Wer Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes (Fußnote) in Deutschland öffentlich anbietet, muss einen Verkaufsprospekt veröffentlichen (Fußnote).
Anbieter und damit Verpflichteter ist derjenige, der die Vermögensanlage maßgeblich entwickelt und umsetzt (Fußnote Dies ist beim Crowdinvesting regelmäßig das kapitalsuchende Unternehmen. Das Unternehmen ist zugleich Emittent der Anlage, was unter anderem für seine Haftung relevant werden kann (Fußnote).
Bei den Crowdinvesting-Plattformen ist hingegen zu differenzieren. Plattformen, die auch eigene Projekte anbieten, sind in der Regel als Anbieter anzusehen. Auf Plattformen, die nur fremde Projekte vermitteln, trifft dies hingegen nicht zu (Fußnote). Da die Mehrheit der Crowdinvesting-Plattformen keine Eigenprojekte anbietet, hat die Prospektpflicht für die meisten Plattformen keine praktische Relevanz.

2.2.1.2.1.2 Ausnahme von der Prospektpflicht; sog. Crowdfunding- Ausnahme

Das Vermögensanlagengesetz sieht in § 2a Abs.1 bzw. 2 i. V. m. Abs.3 eine Befreiung für Anbieter bestimmter Vermögensanlagen vor. Diese sog. Crowdfunding-Ausnahme (Fußnote befreit den Anbieter von der Prospektpflicht und von den daran anknüpfenden Folgepflichten (Fußnote). Außerdem gelten die Haftungsfolgen sowie die Befugnisse der BaFin nur eingeschränkt (Fußnote).

2.2.1.2.1.2.1 Anwendungsbereich

Die Ausnahme ist ausschließlich auf partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und sog. wirtschaftlich vergleichbare Anlagen anwendbar (Fußnote), Genussrechte fallen aus dem Anwendungsbereich des § 2a Abs.1 bzw. 2 i. V. m. Abs.3 VermAnlG heraus. (Fußnote). Da Genussrechte (Fußnote) Nachrangdarlehen sehr ähnlich und von diesen in der Praxis häufig nur schwer abgrenzbar sind, ist diese Unterscheidung allerdings kaum nachvollziehbar (Fußnote).
Genussrechte und partiarische Darlehen unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass bei partiarischen Darlehen grundsätzlich keine Verlustbeteiligung vorgesehen ist.

2.2.1.2.1.2.2 Vertrieb ausschließlich über eine Internetplattform

Die wichtigste Voraussetzung der Crowdfunding-Ausnahme ist, dass die Anlagen ausschließlich über eine Internet-Dienstleistungsplattform (Fußnote) vertrieben werden, vgl. § 2a Abs.3 VermAnlG. Der Vertrieb muss außerdem als Anlageberatung oder Anlagevermittlung im Sinne des Vermögensanlagengesetzes anzusehen sein (Fußnote). Dies ist in der Crowdinvesting-Praxis in der Regel unproblematisch.
Mit dieser Einschränkung versucht der Gesetzgeber, sich die sogenannte Gatekeeper-Funktion der Crowdfunding-Plattformen zunutze zu machen. Plattformen haben regelmäßig kein Interesse daran, dass von ihnen angebotene Projekte scheitern oder negative Schlagzeilen machen. Zum einen schaden solche Projekte der eigenen Reputation der Plattform, zum anderen lassen sich dabei häufig auch die eigenen Provisionsansprüche nicht realisieren. Deshalb nehmen Plattformen eine teilweise strenge Vorauswahl vor (Fußnote). Dieser Auswahlprozess steht gewissermaßen als Garant für die Seriosität der angebotenen Projekte, aber auch für die Einhaltung der gesetzlichen Informationspflichten. Deshalb ist in solchen Fällen die Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts aus Sicht des Gesetzgebers ausnahmsweise nicht erforderlich.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Crowdfunding“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2020, www.vmur.de


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de

Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Über die Autoren:

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Mandanten in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Im Bereich Kapitalanlegerrecht prüft Sie, ob Ansprüche gegen Vermittler, Kreditinstitute oder freie Anlageberater wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen und macht etwaige Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich für Sie geltend.

Ein Schwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt im Bereich des Bank- und Bankvertragsrecht sind Fragestellungen rund um die Rechtmäßigkeit und Inanspruchnahme aus Darlehensverträgen, Krediten und Bürgschaften. Durch ihre Tätigkeit im Insolvenzrecht hat Frau Rechtsanwältin Dibbelt regelmäßig insbesondere auch immer wieder mit Fragen zur Verrechnung von Haben und Salden bei Kreditinstituten sowie der Berücksichtigung einer Inanspruchnahme aus (persönlichen und sachlichen) Sicherheiten im Rahmen von Insolvenzen zu tun.

Kreditsicherheiten sowie die Gestaltung klassischer Formen der Fremdkapitalfinanzierung, Mezzanine- und strukturierter Finanzierungen bilden einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt.

Sie unterstützt ihre Mandanten auch bei Kontenpfändungen durch Einrichtung von P-Konten bzw. eines Antrages auf Erhöhung des Pfändungsschutzbetrages. Derartige Pfändungsschutzanträge können nicht nur Verbraucher sondern auch Selbständige stellen.

Darüber hinaus berät und prüft Frau Rechtsanwältin Dibbelt, ob für eine Erlaubnis der Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) erforderlich ist und erstellt ggf. die notwendigen Anträge.

Rechtsanwältin Monika Dibbelt ist Mitglied der Bankrechtlichen Vereinigung e.V.

Sie bereitet derzeit mehrere Veröffentlichungen im Bank- und Kapitalmarktrecht vor.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Dibbelt bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Haftung von Vermittlern und freien Anlageberatern bei Beratungsfehlern
  • Sicherheiten und ihr Nutzen in der Krise des Sicherheitengebers
  • BaFin – erlaubnispflichtige Tätigkeit oder nicht?
  • Zinsswap und Cross-Currency – was ist das?
  • Kapitalanlagen in der Insolvenz
  • Streitschlichtung und Mediation im Bank- und Kapitalmarktrecht

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-26

 


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosBankrecht