Kapitalmarktrecht – Teil 20 – Emittenten- oder Finanzinstrumentbezug

7.1.2.2 Emittenten- oder Finanzinstrumentbezug

Eine Information hat dann Emittentenbezug, wenn die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage, der allgemeine Geschäftsverlauf oder die Struktur des Emittenten betroffen sind. Finanzinstrumentbezug liegt vor, wenn der Handel mit dem Finanzinstrument betroffen ist (Fußnote). Die Information muss den Emittenten nicht direkt betreffen. Auch mittelbare Informationen reichen aus, z.B. allgemeine Marktdaten, die sich auf die Chancen des Unternehmens auswirken. Solche Informationen sind dann allerdings meistens öffentlich bekannt (Fußnote)

7.1.2.3 Keine öffentliche Bekanntheit

Ein Umstand ist öffentlich bekannt, wenn eine unbestimmte Anzahl von Personen davon Kenntnis nehmen kann, die Information also der Öffentlichkeit zugänglich ist. Das ist z.B. dann der Fall, wenn sie in den Medien oder einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht wurde. Mit der Öffentlichkeit ist die allgemeine Öffentlichkeit gemeint, nicht öffentlich bekannt ist eine Information, die nur den Marktteilnehmern zugänglich ist (Fußnote). Ein Wissensvorsprung, der aus öffentlich bekannten Informationen zusammengetragen wurde, gilt nicht als Insiderinformation. Wenn eine Bank z.B. öffentliche zugängliche Informationen über Unternehmen sammelt und daraus eine Analyse erstellt, gilt die Analyse nicht als Insiderinformation, auch wenn die Bank damit bessere Chancen im Handel hat (Fußnote).

7.1.2.4 Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung

Eine Information ist zur erheblichen Kursbeeinflussung geeignet, wenn ein verständiger Anleger aufgrund der Information ein Finanzprodukt wahrscheinlich kaufen oder verkaufen würde, vgl. Art. 7 Abs. 4 MAR (Fußnote). Ob sich der Kurs tatsächlich nach Bekanntwerden der Information verändert hat, ist egal. Eine Kursänderung ist aber ein Indiz dafür, dass die Information zur erheblichen Kursänderung geeignet ist (Fußnote). Zur erheblichen Kursbeeinflussung geeignet sind z.B. Informationen über die geplante Übernahme einer Gesellschaft (Fußnote)

7.1.3. Adressaten

Das Insiderhandelsverbot gilt für alle Personen, die Kenntnis von einer Insiderinformation haben, Art. 8 Abs. 4 MAR. Begrifflich wird zwischen Primär- und Sekundärinsidern unterschieden. Primärinsider sind Personen, die "bestimmungsgemäß" Insiderinformationen erhalten haben. Dazu gehören z.B. die Leitungsorgane von Unternehmen, Mitarbeiter, Aktionäre oder Rechtsanwälte und Steuerberater, die die Information im Rahmen dieser Tätigkeit erhalten haben, aber auch Personen, die die Information durch eine Straftat erlangt haben, Art. 8 Abs. 4 Buchst. d MAR (Fußnote).

Beispiel
Die A-AG ist börsennotiert. Sie plant die Übernahme eines Konkurrenten K und trifft dafür die ersten Vorbereitungen. Sie hat deswegen Kontakte zu einer auf Übernahmen spezialisierten Anwaltskanzlei und einem Wirtschaftsprüfer aufgenommen, um klären zu lassen, ob die Übernahme rechtlich zulässig und wirtschaftlich sinnvoll ist.
o Die Vorstandsmitglieder der A-AG, die mit der Planung der Übernahme befasst sind und darüber entscheiden, sind Primärinsider. Daneben sind die Mitarbeiter, die an der Übernahme mit arbeiten Primärinsider, genauso wie die Mitarbeiter der Anwaltskanzlei und des Wirtschaftsprüfers.

Sekundärinsider sind alle anderen Personen, die Insiderinformationen erlangt haben, z.B. der Finder liegen gebliebener Akten in einem Café. Ein Sekundärinsider muss aber wissen oder fahrlässig nicht wissen, dass es sich bei der Information um eine Insiderinformation handelt (Fußnote).

Beispiel
Der Mitarbeiter M der A-AG nimmt Unterlagen über die geplante Unternehmensübernahme mit nach Hause, um dort abends noch weiter daran zu arbeiten. Auf dem Aktenordner steht in gut erkennbar in großen roten Buchstaben "Vertraulich: Inhalt nur für internen Gebrauch". Beim Einsteigen in sein Auto legt er den Aktenordner auf das Dach seines Autos und vergisst ihn dort. Auf der Fahrt nach Hause fällt der Ordner vom Dach auf die Straße. Dort findet ihn F. Ihm fällt der rote Schriftzug sofort auf. Da aber außen auf dem Ordner kein Hinweis darauf zu finden ist, wem der Ordner gehört, öffnet der F ihn und liest, bis er den Namen und die Adresse der A-AG findet. Dabei erfährt er von der geplanten Übernahme. Später gibt er den Ordner bei der A-AG am Empfang ab.

  • F hat den Aktenordner zufällig auf der Straße gefunden. Dadurch hat er erfahren, dass die A-AG eine Übernahme ihres Konkurrenten plant. Er ist also in den Besitz von Insiderinformationen gelangt. Das war aber nicht bestimmungsgemäß. Ihm ist außerdem direkt aufgefallen, dass der Ordner eigentlich nur für den internen Gebrauch bestimmt war und die Informationen darin nicht öffentlich waren. Damit wusste er auch, dass es sich bei den Informationen um Insiderinformationen handelte. F ist damit Sekundärinsider.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

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  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Mandanten in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Im Bereich Kapitalanlegerrecht prüft Sie, ob Ansprüche gegen Vermittler, Kreditinstitute oder freie Anlageberater wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen und macht etwaige Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich für Sie geltend.

Ein Schwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt im Bereich des Bank- und Bankvertragsrecht sind Fragestellungen rund um die Rechtmäßigkeit und Inanspruchnahme aus Darlehensverträgen, Krediten und Bürgschaften. Durch ihre Tätigkeit im Insolvenzrecht hat Frau Rechtsanwältin Dibbelt regelmäßig insbesondere auch immer wieder mit Fragen zur Verrechnung von Haben und Salden bei Kreditinstituten sowie der Berücksichtigung einer Inanspruchnahme aus (persönlichen und sachlichen) Sicherheiten im Rahmen von Insolvenzen zu tun.

Kreditsicherheiten sowie die Gestaltung klassischer Formen der Fremdkapitalfinanzierung, Mezzanine- und strukturierter Finanzierungen bilden einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt.

Sie unterstützt ihre Mandanten auch bei Kontenpfändungen durch Einrichtung von P-Konten bzw. eines Antrages auf Erhöhung des Pfändungsschutzbetrages. Derartige Pfändungsschutzanträge können nicht nur Verbraucher sondern auch Selbständige stellen.

Darüber hinaus berät und prüft Frau Rechtsanwältin Dibbelt, ob für eine Erlaubnis der Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) erforderlich ist und erstellt ggf. die notwendigen Anträge.

Rechtsanwältin Monika Dibbelt ist Mitglied der Bankrechtlichen Vereinigung e.V.

Sie bereitet derzeit mehrere Veröffentlichungen im Bank- und Kapitalmarktrecht vor.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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