Europäisches Erbrecht – Teil 17 – Planung des eigenen Nachlasses

11. Planung des eigenen Nachlasses

Es ist verständlich, dass den meisten Menschen einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod gerne aus dem Weg gehen. Hat man aber ungefähre Vorstellungen darüber wem das Erbe zukommen soll oder wem gerade nicht und möchte man zusätzlich für Erben komplizierte Situationen vermeiden, ist es von größter Wichtigkeit, sich rechtzeitig mit dem eigenen Nachlass auseinanderzusetzen. Dies ist besonders bedeutend, falls absehbar ist, dass es sich um eine Erbschaft mit Auslandsbezug handeln könnte. Bei Erbschaften mit Auslandsbezug ist verallgemeinernd zu raten, sich mit der Rechtslage in beiden Staaten auseinanderzusetzen und eine Verfügung von Todes wegen aufzusetzen, in der eine Rechtswahl getroffen wird. So können ungewollte Überraschungen für die Erben vermieden werden, die im Falle des Todes einer nahestehenden Person nicht auch noch einen Kampf ums Erbe ausfechten müssen sollten.

Folgende Punkte gilt es daher frühzeitig zu klären:

• Wo haben Sie momentan, bzw. während der nächsten Jahre Ihren gewöhnlichen Aufenthalt? Das Erbrecht welchen Staates entspricht eher Ihren Vorstellungen und könnte Ihnen möglicherweise Vorteile bringen?

• Wie und an wen möchten Sie Ihren Nachlass verteilen? Ist es dafür nötig, eine Verfügung von Todes wegen (meist in Form eines Testaments) zu errichten?

• Falls Sie bereits ein Testament errichtet haben: entspricht dieses noch immer Ihren Vorstellungen und aktuellen Lebensumständen oder muss es verändert werden? (Achten Sie bei einer Änderung Ihres Testaments darauf, die vorgeschriebene Form einzuhalten.)

• Haben Sie bereits eine Rechtswahl getroffen? Falls dem nicht so ist, ist es in den allermeisten Fällen mit Auslandsbezug dringend anzuraten, eine Wahl per Testament oder Erbvertrag zu treffen. Falls bereits eine Wahl getroffen wurde, ist immer wieder zu überprüfen, ob das gewählte Recht einem die gewünschte Verteilung des Nachlasses verschafft oder ob (möglicherweise durch einen erneuten Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes) eine andere Erbrechtsordnung vielleicht größere Vorteile mit sich bringen würde. Dann wäre es anzuraten, das bestehende Testament abzuändern oder einen Erbvertrag möglicherweise zu kündigen.

12. Erklärung juristischer Begriffe
Die im Folgenden genannten Begriffe werden in alphabetischer Reihenfolge dargestellt.

• „Berliner Testament“:
Beim Berliner Testament setzen sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben ein. In der BRD ist dies gängige Praxis, wohingegen es in vielen anderen EU-Staaten nicht anerkannt wird.

• „Erbfähigkeit“:
Die Erbfähigkeit ist die Fähigkeit, Erbe zu werden. Im deutschen Recht ist dies natürlichen und juristischen Personen vorbehalten. In anderen Rechtsordnungen aber können etwa auch Tiere erben. Nach welchem nationalen Erbrecht die Erbfähigkeit ermittelt wird, bestimmt sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers oder nach dessen Rechtswahl (Fußnote).

• „Erblasser“:
Der Erblasser ist die Person, die zu Tode kommt und dem Erben den Nachlass vererbt.

• „Erbschein“:
Der Erbschein ist ein Legitimationsdokument, das den Erben als solchen ausweist. Er wird beispielsweise benötigt, um Zugang zu einem Bankkonto zu erhalten.

• „Erbstatut“:
Dasjenige Erbrecht, das auf einen Erbrechtsfall angewendet wird, wird Erbstatut genannt. Bestimmt wird das Erbstatut mit Hilfe des internationalen Privatrechts, insbesondere der EuErbVO.

• „EU-Verordnung“:
Eine Verordnung kann von der Europäischen Union gem. Art. 288 II des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) erlassen werden, um eine bestimmte Regelung, die die Mitgliedstaaten direkt betrifft, verbindlich zu treffen (Fußnote). Das Besondere an EU-Verordnungen ist, dass sie direkt in den Mitgliedstaaten gelten, ohne dass diese zuvor zustimmen müssten.

• „Güterrecht“:
Das Güterrecht bestimmt bei Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften wem das Vermögen in welcher Form zuzurechnen ist und wie die Verteilung (Fußnote) im Trennungsfall vorzunehmen ist.

• „Heimatstaat“:
Im Sinne der EuErbVO ist der Heimatstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit die betreffende Person besitzt. Es genügt also nicht, dass jemand in dem Staat arbeitet oder lebt.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Einführung ins europäische Erbrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-015-1.


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Stuttgart

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Schindele begleitet IT-Projekte von der Vertragsgestaltung und Lastenheftdefinition über die Umsetzung bis hin zur Abnahme oder Gewährleistungs- und Rückabwicklungsfragen.

Tilo Schindele ist Dozent für IT-Recht und Datenschutz bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Seminare und Vorträge unter anderem zu folgenden Themen an:

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  • Rechtssicherheit im Internet: - Praktische Rechtstipps für Unternehmer von AGB über Disclaimer und E-Mails bis zu web2.0
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