Immobilienmaklerrecht – Teil 16 – Provisionsverwirkung

Beispiel

Der Immobilienmakler I wird von dem Verkäufer V beauftragt, dessen Eigentumswohnung zu verkaufen. Sie vereinbaren einen Makleralleinauftrag, in dem I mit der Vermittlung und dem Nachweis eines Käufers beauftragt wird. Eine Woche später betritt der Kunde K das Maklerbüro des I und erteilt ihm einen Alleinauftrag für die Suche einer Eigentumswohnung. I merkt sofort, dass K der geeignete Käufer für V ist, da sich dessen Wünsche hinsichtlich der Eigentumswohnung exakt mit dem Angebot des V decken. Er erzählt K deshalb direkt von dem Maklervertrag mit V und dessen Eigentumswohnung. Er bietet K außerdem an, dass er sich mit V in Verbindung setzt und einen Besichtigungstermin vereinbart. K erklärt sein Einverständnis. D daraufhin ruft I bei V an und erzählt ihm von der Beauftragung durch K und dem Kaufgesuch. V bevollmächtigt I dahingehend, dass er in seinem Namen einem Verkauf an K zusagen darf, wenn dieser mit einem Mindestkaufpreis von 100,000 € einverstanden ist.
I trifft sich mit K zur Besichtigung der Eigentumswohnung. K gefällt die Wohnung und er schlägt vor die Eigentumswohnung für 110,000 € zu kaufen. I stimmt dem Vorschlag sofort zu und erklärt im Namen des V das Einverständnis zum Vertragsschluss.

  • Der Immobilienmakler I kann seine Provision verlangen. Der Provisionsanspruch ist nicht durch die Doppeltätigkeit verwirkt. I hat offenkundig agiert und sowohl K als auch V darüber aufgeklärt, dass er von beiden Seiten beauftragt wurde. Darüber hinaus war er nicht mit Preisverhandlungen beauftragt. Die Erlaubnis von V ab einem Mindestkaufpreis einem Verkauf zuzustimmen ändert daran nichts. I kam hier nicht in einen Interessenkonflikt denn die Entscheidung, ob der Kaufvertrag zu Stande kommt hing nicht von ihm ab. V hatte die Zusage zum Verkauf zu dem Mindestpreis bereits vorab erteilt. Die Doppeltätigkeit des I war daher legitim und er behält seinen Provisionsanspruch.

5.4.3 Provisionsverwirkung nach § 654 BGB in analoger Anwendung

Neben der Doppeltätigkeit ist es im Immobilienmaklerrecht anerkannt, dass der Makler auch dann seinen Provisionsanspruch verwirkt, wenn er andere schwerwiegende Treuepflichtverletzungen gegenüber seinem Kunden oder einem Interessenten begeht. Die Verwirkung ergibt sich dann aus einer analogen (entsprechenden) Anwendung des § 654 BGB. Hintergrund ist der, dass rechtsmissbräuchliches und widersprüchliches Verhalten des Immobilienmaklers zum Verlust der Provision führen soll. Insoweit wird die analoge Anwendung des § 654 BGB als Unterfall der Vorschrift des § 242 BGB angesehen, der für den geschäftsmäßigen Verkehr das Gebot von Treu und Glauben enthält (Fußnote).

Typische Fälle einer Provisionsverwirkung nach § 654 BG analog sind z. B. Verstöße gegen eine Verschwiegenheitsverpflichtung oder eine Aufklärungspflicht (Fußnote). Auch Fälle, in denen ein Immobilienmakler seine Kunden bewusst eine formnichtige "Ankaufsverpflichtung" unterschreiben lässt, um später daraus eine Verpflichtung zur Zahlung einer erfolgsunabhängigen Provision zu verlangen, führen zur Verwirkung (Fußnote).

Beispiel
Der Immobilienmakler I sucht bereits seit über einem Jahr für seinen Kunden K ein geeignetes Objekt für eine Gaststätte. Bisher war kein Objekt dabei gewesen, dass K interessierte. Nun besichtigt K mit I ein altes Fachwerkhaus mit Windmühle und verliebt sich sofort in das Objekt, auch wenn auf den ersten Blick klar ist, dass einige Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erforderlich sind, um darin einen Gaststättenbetreib zu führen. K informiert I sofort hinsichtlich seines Interesses und den angedachten (erforderlichen) Umbaumaßnahmen.
I kontaktiert daraufhin Verkäufer V und fragt nach dem Kaufpreis. Dieser erklärt, dass er einen günstigen Preis von 120.000,00 € ansetzen könnte, da das Haus sehr renovierungsbedürftig sei und wohl sehr bald unter Denkmalschutz gestellt werden würde. Zukünftige Renovierungsarbeiten seien daher nur sehr eingeschränkt und unter Auflagen möglich. Auf Nachfrage des I bzgl. des Denkmalschutz erzählt V, dass sich die Denkmalschutzbehörde bei ihm gemeldet habe und die Absicht der Behörde besteht, das Fachwerkhaus mit Windmühle zu besichtigen und gegebenenfalls unter Denkmalschutz zu stellen. Es sei aber noch nichts Konkretes passiert.
I erzählt K eine Woche später von seiner Unterredung mit V und von dem Kaufpreis. Die Absicht der Denkmalschutzbehörde erwähnt er absichtlich nicht um K nicht in seiner Kaufentscheidung zu verunsichern. Auf die Nachfrage des K warum der Kaufpreis angesichts des wunderschönen Objekts so günstig sei, beruft sich I auf die Renovierungsbedürftigkeit. K und V schließen den Kaufvertrag. Ein halbes Jahr später wird das Haus dem Denkmalschutz unterstellt und K erfährt von dem verheimlichten Vorwissen des I.

Durch die fehlende Aufklärung des K hat I seinen Provisionsanspruch nach § 654 BGB analog verwirkt. Da die Kaufentscheidung des K wesentlich von den Möglichkeiten der Renovierung und Sanierung des Objektes abhing, hatte K ein berechtigtes Interesse zu erfahren, dass ein Denkmalschutzverfahren im Raum steht. I wusste davon und hat diese Information bewusst unterschlagen, um sich den Kaufvertragsabschluss zu sichern. I hat seine Aufklärungspflicht gegenüber K verletzt. Der Provisionsanspruch ist daher verwirkt.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Immobilienmaklerrecht“ von Olaf Bühler, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-005-2.


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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist seit vielen Jahren vertieft im Vertriebsrecht tätig, wozu auch das Maklerrecht zählt. Rechtsanwalt Brennecke gestaltet Maklerverträge für Immobilienmakler und Handelsmakler als AGB oder Individualvertrag, als einfachen Maklervertrag, Alleinauftrag oder qualifizierten Alleinauftrag, als Nachweis oder als Vermittlungsgeschäft. So gestaltete er beispielsweise Handelsmaklerverträge für die Vermittlung von Ölgeschäften im Bereich von mehreren hundert Millionen Dollar. 
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Harald Brennecke ist Dozent für Maklerrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet im Bereich des Maklerrechts folgende Vorträge an:

  • Gestaltung von Maklerverträgen
  • Handelsmakler in Recht und Praxis
  • Die Provision des Handelsmaklers

Harald Brennecke bereitet derzeit, zusammen mit Olaf Bühler, eine Veröffentlichung zum Thema Maklerrecht vor.

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