Kapitalmarktrecht – Teil 07 – Regulierter Markt

3.2.1 Regulierter Markt

Der regulierte Markt findet an der Börse statt und gehört zum organisierten Markt. Wenn ein Emittent Wertpapiere am regulierten Markt handeln will, müssen diese vorher durch die Börsengeschäftsleitung zugelassen oder einbezogen werden, § 32 Abs. 1 BörsG. Zulassung heißt dabei die öffentlich-rechtliche Erlaubnis, an der Börse Geschäfte mit den zugelassenen Papieren abzuschließen (siehe dazu das Kapitel zur Börsenzulassung). Einbezogen werden können Wertpapiere z.B., wenn sie bereits an einer anderen deutschen oder europäischen Börse zugelassen sind, vgl. § 33 Abs. 1 BörsG. Außerdem dürfen keine Umstände vorliegen, die zu einer Übervorteilung der Käufer oder zu einer Schädigung allgemeiner Interessen führen. Die Einziehung kann auf Antrag eines Handelsteilnehmers erfolgen, sie kann aber auch von Amts wegen durch die Börsengeschäftsführung erfolgen. Bei einer Einbeziehung müssen die Zulassungsvoraussetzungen des § 32 Abs. 3 BörsG nicht erfüllt sein, weil das Wertpapier schon an einer anderen Börse zugelassen ist. Das bedeutet vor allem, dass kein Wertpapierprospekt für eine Einbeziehung erstellt werden muss (Fußnote).

An der Frankfurter Wertpapierbörse ist der regulierte Markt in zwei Bereiche unterteilt. Der erste Bereich ist der General Standard. Um ein Wertpapier im General Standard zuzulassen, müssen nur die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung an einem regulierten Markt erfüllt werden. Der General Standard ist als Einstieg in den Regulierten Markt gedacht und vor allem für Emittenten relevant, die nationale Investoren suchen.

Der zweite Bereich ist der Prime Standard. Um in den Prime Standard zugelassen zu werden, müssen die Emittenten der Wertpapiere neben den gesetzlichen Zulassungsanforderungen hohe Transparenzanforderungen erfüllen. Z.B. müssen Unternehmen, die im Prime Standard gelistet sind, Quartalsmitteilungen oder Ad-hoc-Mitteilungen in deutscher und englischer Sprache veröffentlichen.

Der Prime Standard richtet sich eher an internationale Investoren. Die Zulassung im Prime Standard ist Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen in den Deutschen Aktienindex (DAX), M-DAX, Tec-DAX und den S-DAX aufgenommen werden kann (Fußnote).

3.2.2 Multilaterale Handelssysteme („MTF“)

Multilaterale Handelssysteme ("Multilateral Trading Facility", MTF) sind Handelssysteme, die privatrechtlich betrieben werden. Sie sind kein Teil der Börse. An ihnen werden, ähnlich wie an einer Börse, Finanzinstrumente gehandelt. Sie bringen ebenfalls Kauf- und Verkaufsanfragen zusammen. MTFs unterscheiden sich von der Börse, weil sie nicht öffentlich-rechtlich betrieben werden. Grundsätzlich bestehen für sie die gleichen Anforderungen, wie für den regulierten Markt. Allerdings gibt es keine gesetzlichen Anforderungen, die Finanzinstrumente oder deren Emittenten erfüllen müssen, um in den Handel einbezogen werden zu können. Außerdem entfallen bestimmte Zulassungsfolgepflichten (Fußnote). So besteht bei Wertpapieren, die nur an MTFs gehandelt werden, keine Stimmrechtsmeldepflicht gem. §§ 33 ff. WpHG. Daneben bestehen auch die allgemeinen Zulassungsfolgepflichten der §§ 48 ff. WpHG nicht. Ebenfalls entfallen die Finanzberichtspflichten der §§ 114, 115 WpHG. Die Pflicht zur ad-hoc-Veröffentlichung von Insiderinformationen gem. Art. 17 MAR besteht nur, wenn der Emittent einen Antrag auf Zulassung zu dem MTF gestellt hat, bzw. diese Zulassung erhalten hat. Das Gleiche gilt für die Pflicht zum Führen von Insiderlisten gem. Art. 18 MAR.

Um Zugang zu einem MTF zu erhalten, müssen die Handelsteilnehmer (nicht die Emittenten!) mindestens die Zulassungsanforderungen erfüllen, die auch an der Börse gelten. § 19 Abs. 2 und 4 BörsG werden entsprechend angewandt. Der Betreiber des MTF muss Handelsteilnehmer aber nicht zulassen, wenn sie diese Anforderungen erfüllen.

Das Betreiben eines MTF ist eine Wertpapierdienstleistung, deswegen muss der Betreiber auch die Pflichten der §§ 72 ff. WpHG erfüllen. Er muss Regeln für die Einbeziehung von Finanzinstrumenten, die Durchführung des Handels und die Preisermittlung bestimmen (Fußnote) und er muss kontrollieren, dass das Insiderhandelsverbot und das Verbot der Marktmanipulation eingehalten werden. Die Erlaubnis zum Betrieb eines MTF erteilt die BaFin (Fußnote). Sie beaufsichtigt außerdem die Betreiber (Fußnote).

3.2.3 Freiverkehr/Open Market

Der Freiverkehr ist ein privatrechtlich organisierter, außerbörslicher Markt. Er zählt zu den multilateralen Handelssystemen. Der Freiverkehr kann von den Börsenträgern neben der öffentlich-rechtlichen Börse betrieben werden. Dazu muss die Börsenaufsichtsbehörde ihre Erlaubnis geben, § 48 Abs. 3 BörsG. An der Frankfurter Wertpapierbörse heißt der Freiverkehr Open Market.

Wertpapiere werden im Freiverkehr nicht zugelassen, sondern nur einbezogen. Geregelt sind die Bedingungen dafür in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Börsenträger. An der FWB sind dies z.B. die Richtlinien für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Einbeziehung kann von den Handelsteilnehmern beantragt werden, sie kann aber auch ohne Antrag durchgeführt werden. Der Emittent der Wertpapiere muss nicht zustimmen. Der Ablauf des Handels ist durch die sog. Handelsordnung geregelt. Diese wird vom Börsenrat der Börse erlassen, an der der Freiverkehr stattfindet. Sie ist öffentlich-rechtlich. Ihre Einhaltung wird vom Sanktionsausschuss überwacht.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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