Kapitalmarktrecht – Teil 05 – Wertpapiere und Aktien

2.4.1 Wertpapiere

Wertpapiere sind ein Unterfall der Finanzmarktprodukte. Sie werden in § 2 Abs. 1 WpHG in drei Gruppen unterteilt (Fußnote):

    • Aktien,
    • mit Aktien vergleichbare Wertpapiere, die Anteile an juristischen Personen, Personenhandelsgesellschaften oder sonstigen Unternehmen sind und
    • Schuldtitel, wobei diese auch Papiere erfassen, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Aktien oder vergleichbaren Anteilen berechtigen oder zu einer Barzahlung führen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr.3 b WpHG).

Die Wertpapiere müssen auf den Finanzmärkten handelbar sein. Man spricht von "fungiblen" (=umlauffähigen) Produkten. Das heißt aber nicht, dass die Produkte tatsächlich gehandelt werden müssen. Es reicht, wenn sie grundsätzlich für den Handel geeignet sind (Fußnote). Außerdem müssen sie nicht in einer Urkunde verbrieft sein. So werden z.B. Anleihen der öffentlichen Hand in einem Register geführt und nicht als Urkunden verbrieft. Sie zählen aber trotzdem als Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 WpHG. Bei Wertpapieren, die eine Verbriefung voraussetzen, wie z.B. Aktien und Unternehmensanleihen, wird diese Verbriefung in der Praxis regelmäßig in einer Globalurkunde vorgenommen. Das heißt, für alle ausgegebenen Aktien oder Anleihen wird nur eine einzige Urkunde angelegt, in der alle Aktien bzw. Anleihen verbrieft sind. Diese wird in Deutschland meist von der Clearstreambanking AG verwahrt.

2.4.1.1 Aktien

Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 WpHG sind Aktien Wertpapiere. Aktien verbriefen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten an einer Aktiengesellschaft (AG) und stellen einen Anteil an deren Grundkapital dar. Der Inhaber einer Aktie, also der Aktionär, ist Miteigentümer der Aktiengesellschaft (vgl. Deutsche Bundesbank, Aktie, abrufbar unter https://www.bundesbank.de, Glossar). Als Wertpapiere unterliegen Aktien dem Kapitalmarktrecht. Darüber hinaus finden sich die Regeln, die die Aktie als Mitgliedschaftsrecht in der AG betreffen, im Aktiengesetz (AktG).

Es gibt verschiedene Arten von Aktien. Aktien können zum einen entweder als Nennbetrags- oder als Stückaktien begeben werden. Nennbetragsaktien lauten auf einen bestimmten Kapitalbetrag, der mindestens 1 Euro betragen muss. Wie hoch ihr Anteil am gesamten Grundkapital der AG ist bestimmt sich über das Verhältnis von Nennbetrag zu Grundkapital (Fußnote).

Beispiel

Aktionär A ist Inhaber einer Aktie der X-AG mit dem Nennbetrag von 100 €. Das Grundkapital der X-AG beträgt 100.000 Euro.

    • Damit beträgt der Anteil des A an der X-AG 0,1%.

Stückaktien lauten dagegen nicht auf einen bestimmten Kapitalbetrag. Ihr Anteil am Grundkapital bestimmt sich, indem das Grundkapital durch die Anzahl der Aktien dividiert wird (Fußnote).

Beispiel

Aktionär B ist Inhaber von 10 Aktien der Y-AG, die ohne Nennbetrag ausgegeben sind. Das Grundkapital der Y-AG beträgt ebenfalls 100.000 Euro. Die Y-AG hat 10.000 Aktien ausgegeben.

    • Eine Aktie hat einen Anteil am Grundkapital der Y-AG von 0,01% oder 10 Euro (100.000/10.000). Mit seinen zehn Aktien hat B also ebenfalls einen Anteil von 0,1% oder 100 Euro an der Y-AG.

Darüber hinaus können Aktien als Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden. Gem. § 10 Abs. 1 AktG sind Aktien grundsätzlich als Namensaktien auszugeben und können nur ausnahmsweise als Inhaberaktien ausgegeben werden, wenn die Voraussetzungen von § 10 Abs. 1 S. 2 AktG vorliegen.

Namensaktien sind sog. Orderpapiere im wertpapierrechtlichen Sinn. Das heißt, sie lauten auf den Namen einer bestimmten Person und werden durch Übereignung der Urkunde und Indossament übertragen. Indossament bedeutet, dass auf der Urkunde ein Vermerk angebracht wird, der den Wechsel der Inhaberschaft kennzeichnet. Zugleich sind die Inhaber der Namensaktien im Aktienregister eingetragen, so dass die AG einen Überblick über ihre Mitglieder behält. Nur die dort eingetragene Person gilt gegenüber der AG als Inhaber, vgl. § 67 Abs. 2 AktG. Gegenüber Dritten gilt die zuletzt durch Indossament in der Urkunde genannte Person als Inhaber (Fußnote). Inhaberaktien sind Inhaberpapiere. Das heißt, sie können wie bewegliche Sachen ohne Formalitäten nach den §§ 929 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) übertragen werden. Das Recht, das die Aktie verkörpert, wird durch die Übereignung der Aktienurkunde übertragen. Der Besitzer des Papiers gilt als Aktionär (Fußnote).

Aktien sind ein typisches Instrument zur Eigenkapitalfinanzierung. Entscheidend aus kapitalmarktrechtlicher (Anleger-)Sicht sind vor allem die Vermögensrechte, die dem Aktionär zustehen. Zum einen steht dem Aktionär eine Beteiligung am Bilanzgewinn der Gesellschaft, die sog. Dividende zu. Zum anderen kann auch ein Ansteigen des Aktienkurses das Vermögen des Anlegers erhöhen (Fußnote).

2.4.1.2 Schuldtitel

Unter die Schuldtitel fallen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a WpHG vor allem die klassischen Anleihen (engl. "bonds"). Anleihen sind typische Instrumente der Fremdfinanzierung. Eine Anleihe ist ein Schuldversprechen, das in einer Urkunde als Inhaberschuldverschreibung verbrieft ist. Der Emittent verspricht dem Anleger darin eine Leistung, nämlich die Rückzahlung des Kapitals, dass der Anleger dem Emittenten mit Kauf der Anleihe zur Verfügung stellt. Gleichzeitig verpflichtet sich der Emittent, dem Anleger Zinsen für das angelegte Kapital zu zahlen (Fußnote).

Die Höhe der Zinsen, die Länge der Laufzeit und die Tilgungsmodalitäten werden durch die Anleihebedingungen festgelegt, die der Emittent bei der Ausgabe der Anleihen vorgibt. Dabei wird die Höhe der Zinsen typischerweise nach dem Ausfallrisiko des Emittenten bestimmt. Die Laufzeit kann zwischen wenigen Tagen und bis zu 30 Jahren liegen. Anleihen können als öffentliche Anleihen ("Staatsanleihen") vom Staat oder als Unternehmensanleihen von Unternehmen ausgegeben werden.

Zudem können Anleihen abgesichert werden. Dabei wird der Rückzahlungsanspruch durch den Emittenten mit einer Sicherheit versehen, die verwertet werden kann, falls der Emittent mit der Rückzahlung ausfällt. Sie können z.B. als Hypothekenpfandbriefe mit einer Hypothek besichert werden oder als sog. "asset-backed-securities" durch Forderungen besichert werden (Fußnote).

Daneben gibt es Formen von Anleihen, die ähnliche Eigenschaften wie eine Aktie haben. Dazu zählen z.B.

    • Gewinnschuldverschreibungen, bei denen sich die Höhe der Zinsen am Gewinn der AG orientiert,
    • Genussscheine, bei denen dem Inhaber ein Vermögensrecht zusteht, das dem eines Aktionärs ähnelt und
    • Wandelanleihen, bei denen dem Inhaber das Recht eingeräumt wird. die Anleihen unter bestimmten Bedingungen in Aktien umzutauschen.

Darüber hinaus gelten Orderschuldverschreibungen und Zertifikate als Schuldtitel, die Schuldtitel vertreten (Fußnote). § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b WpHG ordnet des Weiteren sonstige Papiere die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Aktien oder vergleichbaren Anteilen berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, den Wertpapieren zu. Darunter fallen insbesondere Optionsscheine (Siehe zur Option den Abschnitt zu Derivaten in diesem Kapitel).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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