Unternehmenskauf – Teil 22 – Vendor Due Diligence

4.4.4 Vendor Due Diligence

Von der herkömmlichen Due Diligence ist sog. Vendor Due Diligence zu unterscheiden. Eine Vendor Due Diligence wird von Verkäuferseite durchgeführt, wobei auch hier zu diesem Zweck ein Due Diligence Team gebildet wird. Die Terminierung der Vendor Due Diligence wird zeitlich vor der klassischen Due Diligence durchgeführt. Sie erfolgt in Vorbereitung auf die Verhandlungen mit den potentiellen Vertragspartnern. Sie ist von der klassischen Due Diligence strikt abzugrenzen. Sie wird nicht alternativ dazu, sondern bei Bedarf zusätzlich durchgeführt und ist für Verkäuferseite von eigener Bedeutung.

4.4.4.1 Käufer- oder verkäuferorientierte Vendor Due Diligence

Für die Vendor Due Diligence gilt grundsätzlich Gleiches wie für die klassische Due Diligence. Nach der Funktion der Vendor Due Diligence können sich jedoch Unterschiede im Umfang und der Schwerpunktsetzung ergeben. Sie kann entweder verkäufer- oder käuferorientiert ausgerichtet sein. Während eine verkäuferorientierte Vendor Due Diligence ausschließlich im eigenen Interesse des Verkäufers durchgeführt wird, kommen die Erkenntnisse der Durchführung bei Käuferorientierung auch dem potentiellen Vertragspartner zugute, indem diesem Zugriff zum Report gewährt wird.
Die verkäuferorientierte Vendor Due Diligence, die ausschließlich auf die Informierung des Verkäufers gerichtet ist, bestimmt sich im Umfang gänzlich nach dessen Interessenlage. Je nach seinen Bedürfnissen kann eine vollumfängliche oder eine auf bestimmte Bereiche ausgerichtete Prüfung stattfinden. Eine Rolle kann dabei spielen, ob ein Unternehmen im Ganzen oder nur einzelne Unternehmensteile veräußert werden sollen.
Die käuferorientierte Vendor Due Diligence ist in der Regel umfänglicher, da sie den Interessenten möglichst eingehend informieren soll. Der Report enthält in diesem Fall üblicherweise umfassende Beschreibungen. Sie kann zwar nicht als Ersatz für die klassische Due Diligence ausreichen, es ist aber möglich, deren Durchführung durch sie effizienter zu gestalten. Insbesondere durch einen Gleichlauf in der Strukturierung des Reports und des Datenraum kann dieser Effekt erzielt werden (Fußnote).

4.4.4.2 Funktionen der Vendor Due Diligence

Die Funktionen, die die Vendor Due Diligence erfüllen soll, sind selbstverständlich von der Orientierung an Käufer- oder Verkäuferinteressen abhängig.

In erster Linie ermöglicht die Vendor Due Diligence eine bessere Beurteilung des Hauptpunktes der Vertragsverhandlungen – nämlich des Verkaufspreises. Der Verkäufer erhält eine objektive Grundlage zur besseren eigenen Unternehmensbewertung. Dies rückt ihn in eine bessere Verhandlungsposition und ermöglicht eine flexiblere Reaktion auf Verhandlungsverläufe.

An zweiter Stelle ist die Beschleunigung des Verkaufsprozesses zu nennen, die sich vor allem im Rahmen von oftmals langwierigen und komplexen Auktionsverfahren besonders förderlich auswirkt. Die Vendor Due Diligence bildet die Grundlage für ein umfängliches Informationsmemorandum und einen aufbereiteten Datenraum. Der Verkäufer ist damit in der Lage, den Interessenten auf eine kontrollierte Weise und in gleichem Umfang Informationen zu gewähren. Durch die Analyse des eigenen Unternehmens können unter Umständen Risiken in Bezug auf die geplante Transaktion identifiziert und frühzeitig aus dem Weg geräumt werden. Eine Optimierung des Unternehmens in dieser Hinsicht wirkt sich nicht nur positiv auf die Abwicklung der Transaktion aus, die vor Verzögerungen oder gar Gefährdungen bewahrt werden kann. Eine Vendor Due Diligence zeigt dem Verkäufer oftmals auch Schwachstellen oder Mängel aus, diese kann er dann ggf. im Vorfeld der eigentlichen Due Diligence noch regeln und negative Auswirkungen auf den Kaufpreis verhindern. Besonders wichtig ist es, in diesem Stadium etwaige Deal Breaker auszumachen und das Unternehmen hinsichtlich derartiger verkaufsgefährdender Hinderungsgründe zu optimieren.

Die Position als Verhandlungspartner im Rahmen eines sich anbahnenden Unternehmenskaufvertrags begründet für den Verkäufer eine Reihe von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Um diesen ausreichend nachkommen zu können, kann es erforderlich sein, sich die nötigen Informationen über das Zielunternehmen zunächst selbst zu beschaffen, beziehungsweise auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Im Gleichlauf zur klassischen Due Diligence ist damit auch hier eine Beweissicherungsfunktion über die entsprechende Pflichtenerfüllung hervorzuheben. Der Verkäufer ist durch die Durchführung der Vendor Due Diligence abgesichert, bestehenden Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten umfassend nachgekommen zu sein. Dies kann insbesondere durch eine detailreiche Darstellung von Risikoeinschätzungen und Lösungsmöglichkeiten für Beseitigungsmaßnahmen gewährleistet werden. Haftungsrisiken können damit zumeist ausgeschlossen werden. Zu Beweiszwecken ist die im Rahmen der Vendor Due Diligence erstellte Dokumentation des Zielunternehmens offenzulegen. Zu beachten ist jedoch, dass der Verkäufer nicht zur Nachforschung bezüglich bestehender Risiken verpflichtet ist, und ihm insofern das Unterlassen einer Vendor Due Diligence nicht angelastet werden kann (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Unternehmenskauf und Unternehmenskaufvertrag“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Anna Lucia Kürn mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-001-4.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


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