Datenschutzstrafrecht – Teil 19 – Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses: Täterkreis, Tathandlung

10.1.4 Täterkreis

Nach § 206 StGB kann sich ebenfalls nur strafbar, wer zu einer der genannten Personengruppen gehört.

10.1.4.1 Inhaber oder Beschäftigte eines Post- oder Telekommunikationsdienstleitungs-unternehmens nach Abs. 1 und 2

Täter nach § 206 I oder II StGB kann nur sein, wer Inhaber oder Beschäftigter eines Unternehmens ist, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringt.
Beispiele für solche Unternehmen sind die Deutsche Post AG oder die Deutsche Telekom AG, sowie alle anderen Mobilfunkanbieter, E-Mail-Provider oder Postdienstleister.
Diese Dienste müssen geschäftsmäßig ausgeübt werden. Hierunter ist nach § 4 Nr. 4 PostG für Post „das nachhaltige Betreiben der Beförderung von Postsendungen für andere mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht“ zu verstehen. Für Telekommunikationsdienste ergeben sich keine Unterschiede, eine Definition findet sich in § 3 Nr. 10 TKG.
Inhaber ist jede natürliche Person, die als Träger oder Eigner des betreffenden Unternehmens anzusehen ist. Mit Beschäftigten sind alle Beschäftigten des Unternehmens gemeint, egal ob sie üblicherweise mit den relevanten Informationen in Kontakt kommen. Allerdings muss die Tat in einem funktionalen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen, was beispielsweise bei Reinigungspersonal nicht mehr der Fall ist.
Unter „bekannt werden“ jede tatsächliche Kenntniserlangung zu verstehen.

10.1.4.2 Aufseher und Betraute nach Abs. 3

§ 206 III Nr. 1 StGB erweitert den Täterkreis auf Personen, die Aufgaben der Aufsicht über ein Unternehmen nach Abs. 1 wahrnehmen. Dies sind vor allem Bedienstete der Regulierungsbehörde.
Nach § 206 III Nr. 2 StGB könne auch von den Unternehmen Betraute Täter sein. Hierunter sind Subunternehmer und deren Angestellte zu verstehen, etwa wenn ein Lufttransportunternehmen damit beauftragt wird, die Postsäcke zu transportieren.
Unter § 206 III Nr. 3 fallen Betraute, die Serviceeinrichtungen herstellen oder warten sollen. Hierunter fallen beispielsweise Sortiermaschinen. Auch hier muss ein gewisser Bezug zur Post- oder Telekommunikationsdienstleistung bestehen, sodass etwa Hausmeister nicht erfasst sind.

10.1.4.3 Amtsträger nach Abs. 4

Abs. 4 erweitert den Täterkreis auf Amtsträger im Sinne von § 11 I Nr. 2 StGB, die nicht bei einem Unternehmen nach Abs. 1 beschäftigt sind. Die Tat muss dem Amtsträger bekannt geworden sein. Ob der Eingriff in das Post- oder Fernmeldegeheimnis befugt oder unbefugt vorgenommen wurde oder ob der Amtsträger selbst eingegriffen hat, ist irrelevant.

10.1.5 Tathandlung

10.1.5.1 Mitteilen nach Abs. 1

Für eine Strafbarkeit muss der Täter die ihm in einem funktionalen Zusammenhang bekannt gewordene Tatsache (s. o.) einer anderen Person mitteilen. Dies ist jegliche Art der Kenntnisübertragung. Ein Mitteilen durch Unterlassen ist möglich, wenn der Täter dafür Sorge zu tragen hat, dass die Tatsache keinem anderen zugänglich ist. Die andere Person kann auch Beschäftigter desselben Unternehmens sein, wenn ihr gegenüber die Tatsache ebenfalls geheimzuhalten ist.

10.1.5.2 Tathandlungen Nach Abs. 2

Bei § 206 II StGB gibt es drei Tatvarianten. Für alle drei Varianten muss eine Sendung vorliegen, die dem Unternehmen zur Übermittlung anvertraut wurde. Dies ist der Fall, sobald sie ordnungsgemäß in den Post- oder Telekommunikationsverkehr gelangt ist, also in den Herrschaftsbereich des Unternehmens gelangt ist.

10.1.5.2.1 Nr. 1 – Öffnen

Für § 206 II Nr. 1 StGB muss eine verschlossene Sendung geöffnet oder der Inhalt mittels technischer Vorrichtungen eingesehen werden. Um einen Verschluss annehmen zu können, bedarf es einer gewissen Ernsthaftigkeit, den Zugang für Dritte zu erschweren. Bei einem zugeklebten Briefumschlag ist dies zu bejahen, bloßes Zusammenfalten oder Verstecken reicht nicht.
Der Verschluss muss nicht zwingend zerstört werden. Aufgrund der zweiten Alternative von § 206 II Nr. 1 StGB reicht es aus, wenn man die Sendung röntgt oder anderweitig durchleuchtet.

10.1.5.2.2 Nr. 2 – Unterdrücken

Unterdrücken nach Abs. 2 Nr. 2 liegt immer dann vor, wenn die Sendung regelwidrig dem Verkehr entzogen oder vorenthalten wird. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass ein Postbediensteter sich seines gefüllten Postsackes im Wald entledigt, um früher Feierabend zu haben.

10.1.5.2.3 Nr. 3 – Gestatten oder Fördern

Tathandlung nach § 206 II Nr. 3 ist auch das Gestatten oder Fördern einer Handlung nach Abs. 1 oder Abs. 2 Nr.1 oder Nr. 2. Hierbei ist zu beachten, dass nur eine Handlung nach Abs. 1 gestattet oder gefördert werden kann, die auch von einem nach diesem Absatz Verpflichteten vorgenommen wurde. Eine Handlung nach Abs. 2 Nr. 1, 2 kann auch gefördert werden, wenn sie von einem Dritten vorgenommen wird.

Beispiel
T hat sich um eine lukrative Stelle bei der G-GmbH beworben. Um sicherzugehen, dass er den Job auch bekommt, fängt er Briefträger B vor der Geschäftsstelle der G-GmbH ab und bittet ihn, den Postsack nach etwaigen anderen Bewerbungen durchsuchen zu dürfen. B erlaubt ihm dies, woraufhin T den Postsack durchwühlt und eine gefundene Bewerbung auf der Stelle zerreißt.

  • Hier macht sich B nach § 206 II Nr. 3 StGB strafbar, da er es gestattet, dass eine Sendung unterdrückt wird. T macht sich jedoch nicht nach § 206 II Nr. 2 StGB strafbar, da er kein Beschäftigter des Postzustellers ist, andere Delikte wie Sachbeschädigung nach § 303 StGB kommen noch in Betracht.

10.1.5.3 Mitteilen als Amtsträger nach Abs. 4

Das Mitteilen eines Amtsträgers unterscheidet sich nicht vom Mitteilen aus Abs. 1, weshalb auf die obigen Ausführungen zu verweisen ist. Zu beachten ist, dass der Täter zum Zeitpunkt der seinerzeitigen Kenntniserlangung Amtsträger gewesen sein muss. Ob er dies im Zeitpunkt des Mitteilens noch ist, ist irrelevant.

10.1.6 Unbefugt

Hiermit werden Täter ausgenommen, die zu einer der oben bezeichneten Handlung befugt waren. Dies kann insbesondere durch einen Rechtfertigungsgrund der Fall sein (siehe unten) oder durch die Einwilligung desjenigen, der über das Post- oder Fernmeldegeheimnis dispositionsbefugt ist. Dies ist bis zur Zustellung der Absender, danach der Adressat.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Datenschutzstrafrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Guido-Friedrich Weiler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Sven Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-61-8.


 

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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
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Guido Friedrich-Weiler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Portrait Guido-Friedrich-Weiler

Rechtsanwalt Weiler berät und schult Arbeitgeber und Betriebsräte in allen Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Seine umfassende Lehrerfahrung ermöglicht es ihm, Fachanwälte für Arbeitsrecht in Spezialthemen wie der Arbeitnehmerüberwachung fortzubilden.

Als Trainer ist Guido-Friedrich Weiler bei diversen Dax-30-Unternehmen anerkannter Spezialist, wenn es um arbeitsrechtliche Fragen von Datenschutz, Innenrevision oder Compliance geht. In Kooperation mit IT-Sicherheitsunternehmen und Herstellern von Antivirenprogrammen hält er regelmäßig Vorträge zu rechtskonformem Einsatz von IT-Security.

Er publiziert regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere zu Fragen der Arbeitnehmerüberwachung.

Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig.

Guido Friedrich-Weiler ist

  • Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
  • Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
  • Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
  • Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
  • Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
  • Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
  • Lehrbeauftragter bei dem Bildungszentraum der Bundeswehr Mannheim

Ferner ist Herr Weiler Referent für

  • Management Circle
  • Haub & Partner
  • IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
  • W.A.F. Betriebsrätefortbildung

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Datenschutz und Compliance
  • Arbeitnehmerdatenschutz
  • Überwachung von Arbeitnehmern: Möglichkeiten und Grenzen
  • Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten durch interne Revision
  • Recht für Revisoren
  • Persönliche Haftung des Risikomanagers
  • Betriebsvereinbarungen zum Thema Datenschutz und Videokameras
  • BYOD – Herausforderungen für Arbeitgeber
  • Emailarchivierung

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