Sportrecht – Eine Einführung für Sportler und Vereine – Teil 13 – Ordnungs- und Strafgewalt der Verbände und Vereinen

2.6 Ordnungs- und Strafgewalt der Verbände und Vereinen gegenüber Sportlern

2.6.1. Wirksamkeit von Strafen und Sperren durch die jeweiligen Sportverbände und Sportvereine

Die Austragung von Spielen und Wettkämpfen erfordert Zulassungsregeln, technische Wettkampfregeln und vor allem eine Kontrolle über deren Einhaltung.
Nur so ist eine garantierte Gleichbehandlung der jeweiligen Sportler, sowohl im Leistungssport, als auch im Amateursport gewährleistet.
Die notwendigen und erforderlichen Regeln erfolgen durch die, in Deutschland staatlich anerkannte und vorhandene, sogenannte Vereinsautonomie bzw. Verbandsautonomie.

Vereinsautonomie bzw. Verbandsautonomie bedeutet, dass sowohl die einzelnen Vereine, als auch die Verbände, dass selbstgesetzte Satzungsrecht und Ordnungsrecht, durch die vom Staat abgeleitete Rechtssetzungsbefugnis, auf den entsprechenden Einzelfall anwenden dürfen.
Neben dieser allgemein anerkannten Rechtslage (sog. Gewohnheitsrecht), wird das Recht auf Selbstverwaltung den einzelnen Vereinen und Verbänden sogar grundrechtlich zugesichert.(Fußnote)
Durch die Zusicherung dieser Selbstverwaltung bzw. Autonomie über Recht und Ordnung sind sie in der Lage frei von staatlichen Weisungen innerhalb des selbstgesetzten Rechts zu agieren.

Zu beachten ist hierbei, dass Sanktionen von (Dach-) Verbänden gegenüber den Sportlern – zwischen denen grundsätzlich nur eine mittelbare Mitgliedschaft besteht – nur dann wirksam und anwendbar sind, wenn die Sanktionstatbestände und angedrohten Strafen in den jeweiligen Vereinssatzungen verankert sind.(Fußnote)

Zur Durchsetzung dieser entsprechenden Regeln und Vorschriften bedienen sich die Vereine und Verbände eines sogenannten Sanktionsinstrumentariums, das unterschiedliche Bestrafungsmöglichkeiten und Zurechtweisungsmöglichkeiten aufweist.

Unter diesem Sanktionsinstrumentarium versteht man u.a.:

  • Verwarnungen
    z.B.: Gelbe Karte im Fußball, Handball, etc.
  • Verweise
    z.B.: Rote Karte im Fußball, Handball, etc.
  • Geldbußen
  • Verbote der Platzbenutzung
    (meist auch durch Gemeinde)
  • Sperre auf Dauer oder auf Zeit
    z.B.: Monats- oder sogar Jahressperren wegen Doping oder grobem Foulspiel
  • Punktabzug
    z.B.: AC Parma wegen Insolvenzverfahren (2015)
  • Disqualifikation
    z.B.: wegen Dopings
  • Lizenzentzug
  • Zwangsabstieg
    z.B. Juventus Turin wegen Manipulationsskandal (2006)
  • Ausschluss vom Verein/ Verband

Diese aufgeführten Instrumente sind nicht abschließend und werden sowohl von Vereinen als auch von Verbänden zur Strafgewalt und Ordnungsgewalt benutzt. Welches Instrument schlussendlich tatsächlich angewandt wird, ist wiederrum situationsabhängig.

2.6.1.1. Das Recht und die Befugnis zum Ausspruch von Strafen der Vereine und Verbände gegenüber den Sportlern

Eine Sanktionsbefugnis durch Vereine und vor allem durch die einzelnen Verbände ist unweigerlich anerkannt (sog. Gewohnheitsrecht).

Ihnen kommt eine selbständige Strafgewalt zu, die der Staat gelten lässt.
Die Mitglieder eines jeweiligen Vereins (Sportler), aber auch diejenigen eines Verbandes (Vereine) unterwerfen sich mit deren Eintritt automatisch dieser Strafgewalt und Ordnungsgewalt.(Fußnote)

Vereine und Verbände sind daher berechtigt, Ihre Verhältnisse und Handlungen im Rahmen der allgemeinen Gesetze und der bei der Verleihung der Rechtsfähigkeit gesetzten Schranken selbständig zu regeln.
Hierzu gehören vor allem die Regelungen der Vereinsgewalt und Verbandsgewalt und die einzelnen Maßnahmen, die die Organe des Vereins zur Aufrechterhaltung der Vereinsordnung und der Vereinsdisziplin treffen können.
Es dürfen sogar eigene Gerichte zur Verhängung von entsprechenden Strafen für die Verletzung von z.B. Mitgliedschaftspflichten oder sportlichen Verstößen einzelner Sportler eingesetzt werden.(Fußnote)

Somit erhalten die einzelnen Vereine und Verbände, auf der Grundlage des einfachen Rechts, eine Strafbefugnis übertragen, die sie vor allem nach Maßgabe ihrer jeweiligen Satzung ausüben können.

Hierbei wird wiederrum sehr deutlich, dass die einzelne Vereinssatzung oder Verbandssatzung essentiell wichtig und nicht zu vernachlässigen ist.
Es wird zudem ersichtlich, dass der Sinn sportlicher Regelungen und Strafkataloge, welche von den Sportverbänden und Sportvereinen als notwenige Voraussetzung sportlicher Betätigung und der Teilnahme eines sportlichen Wettkampfbetriebs erlassen werden, leer laufen würde, wenn man nicht gleichzeitig ihre Durchsetzung absichern und anerkennen würde.

Sportliche Regeln und Vorgaben erlangen, wie andere Normen auch, erst dadurch an Bedeutung, Geltung und Wirkung, wenn entsprechende Sanktionen einen denkbaren Regelverstoß ahnden und vor allem gleichberechtigt behandeln.(Fußnote)
Eine staatliche Anerkennung bzw. Erlaubnis dieser Selbstverwaltung ist demnach ausschlaggebend und für die Aufrechterhaltung dieses Gewohnheitsrechts enorm wichtig.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Sportrecht – Eine Einführung für Sportler und Vereine“ von Michael Kaiser, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Franco Caputo, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0.


 

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Stand: Januar 2015


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Michael Kaiser hat im Sportrecht veröffentlicht:

  • Sportrecht – Eine Einführung für Sportler und Vereine, Michael Kaiser und Franco Caputo, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0


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