Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 26 – Allein- und Gesamtvertretungsbefugnis des Geschäftsführers

1.5. Vertretungsmacht

Der Geschäftsführer vertritt die GmbH gegenüber Dritten. In der Satzung sollte deswegen festgelegt werden, wie weit seine Vertretungsbefugnis reicht.

1.5.1. Alleinvertretungsbefugnis

Bei kleineren und mittelgroßen GmbHs ist es angebracht, dem Geschäftsführer Alleinvertretungsbefugnis zu gewähren. Dies betrifft Unternehmen mit Umsatz- und Mitarbeiteranzahlen, die es ermöglichen, dass das komplette Geschäft von einem Geschäftsführer überblickt werden kann.

Beispiel:

In der Kreativ und Wolle GmbH, die zwei Gesellschafter, 3 Mitarbeiter und ein Stammkapital von 25.000 € hat, werden monatlich im Durchschnitt 10.000 € Umsatz erwirtschaftet. Es liegt eine kleinere Gesellschaft vor. Dementsprechend wurde in der Satzung eine Regelung zur Alleinvertretungsbefugnis der Geschäftsführung aufgenommen:

§ 5 Geschäftsführung und Vertretung:
1. Zum Geschäftsführer der GmbH wird Herr X bestellt.
2. Der Geschäftsführer vertritt die GmbH alleine.

1.5.2. Gesamtvertretungsbefugnis

Bei größeren GmbHs mit mehreren Geschäftsfeldern und einer größeren Organisation empfiehlt sich eine Regelung zur Gesamtvertretungsbefugnis. Dies betrifft Gesellschaften mit mehreren Niederlassungen, über 20 Mitarbeiter und einem Umsatz von über 40.000 € monatlich.

Beispiel:

In der Bernd Elektro GmbH sind insgesamt 60 Mitarbeiter angestellt, die Gesellschaft hat einen monatlichen Umsatz von 180.000 €, wobei sie einerseits mit Elektro-Waren handelt und andererseits Elektro-Installationen verschiedener Art vornimmt. Auf Grund dieser Dimensionen wurde in der Satzung geregelt:

§ 5 Geschäftsführung und Vertretung
1. Die GmbH hat 3 Geschäftsführer.
2. Die Geschäftsführer werden jeweils durch Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit bestellt.
3. Die Geschäftsführer vertreten die GmbH gemeinschaftlich.

Soll nun für die Gesellschaft ein Geschäft getätigt werden, können nur alle drei Geschäftsführer gemeinsam die GmbH vertreten und das Geschäft wirksam für sie abschließen. Ein Geschäftsführer allein kann dies nicht.

Eine Gesamtvertretung empfiehlt sich insbesondere bei größeren Geschäften, die mit Risiken für die Gesellschaft verbunden sind und in nicht unerheblicher Weise in ihr Vermögen eingreifen.

Beispiel:

In der Segler GmbH gibt es drei Geschäftsführer. Im Gesellschaftsvertrag ist hinsichtlich der Vertretungsbefugnis geregelt:

§ 7 Vertretung der Gesellschaft
1. Jeder der Geschäftsführer ist einzeln zur Vertretung der Gesellschaft befugt.
2. Soll eine Investition von 40.000 € oder mehr getätigt werden, so sind nur alle drei Geschäftsführer gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.

Wenn für die Segler GmbH ein neues Boot zum Preis von 50.000 € investiert werden soll, müssen alle drei Geschäftsführer gemeinsam das Geschäft mit dem Verkäufer abschließen.

Weigert sich ein Geschäftsführer die Gesamtvertretung bei notwendigen Maßnahmen zu beachten, kann er durch eine Klage von einem oder mehreren Gesellschaftern dazu verpflichtet werden. Hat er auf Grund von vorsätzlicher oder fahrlässiger Missachtung der Gesamtvertretung einen Schaden verursacht, ist er schadensersatzpflichtig.

Beispiel:

Die Satzung der Anton GmbH sieht vor, dass Geschäfte mit einem Auftragswert von über 15.000 € von zwei Geschäftsführern getätigt werden müssen. Geschäftsführer A erhält von Händler H ein in seinen Augen gutes Angebot zum Kauf einer dringend benötigten Maschine im Wert von 40.000 €. Die Maschine hat allerdings nur einen Wert von 30.000 €, was A für unerheblich hält. Anstatt einen zweiten Geschäftsführer hinzuzuholen, kauft A alleine die Maschine, ohne das Wissen oder dem Einverständnis der anderen Geschäftsführer. Als sich alles aufklärt, wenden sich die anderen Geschäftsführer an Händler H und erklären ihm, was vorgefallen ist. Händler H ist aber nicht bereit, den Kaufvertrag einvernehmlich aufzuheben. Der Kaufvertrag ist wirksam zustande gekommen. In der Gesellschafterversammlung wird darüber entschieden, ob das Geschäft des A nachträglich genehmigt wird. Die Gesellschafter sind einstimmig der Meinung, dass die GmbH die Maschine braucht, sie aber günstiger hätte erworben werden können. Sie beschließen hierüber ein Gutachten einzuholen. Dieses ergibt, dass die Maschine tatsächlich zum gleichen Zeitpunkt von Händler X zu einem Preis von 30.000,00 € angeboten wurde.
Hier ist der Gesellschaft ein Schaden in Höhe von 10.000 € entstanden. A muss auf Grund der Missachtung der Satzungsregelung bezüglich der Vertretung der GmbH den Schaden in Höhe von 10.000 € der GmbH ersetzen.

Schließt ein Geschäftsführer ohne die erforderliche Vertretungsmacht ein Geschäft ab, können die anderen Geschäftsführer das vorherige rechtswidrige Handeln billigen und das Geschäft genehmigen.
Dies kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn das Geschäft für die Gesellschaft unter gewissen Umständen einen Nutzen haben kann.

Beispiel:

Die Satzung der Xaver Baumaschinen GmbH sieht Gesamtvertretung durch die Geschäftsführer A und B vor. A tätigt entgegen dieser Regelung alleine ein Aktiengeschäft, das sich nach zwei Monaten als sehr positiv herausstellt. Daraufhin genehmigt B dieses Geschäft.

Eine Regelung, die einen Geschäftsführer ganz von der Vertretung ausschließt, ist unwirksam.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.


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Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
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  • Due Diligence
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  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Telefon: 0721-20396-28

 


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