Bankzulassungsrecht – Teil 07 – Revolvinggeschäft, Garantiegeschäft, Scheck- und Wechseleinzugsgeschäft, Reisescheckgeschäft, Emissionsgeschäft, Zentraler Kontrahent

3.1.8 Revolvinggeschäft

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 KWG ist unter Revolvinggeschäft die Eingehung der Verpflichtung zu verstehen, zuvor veräußerte Darlehensforderungen vor Fälligkeit zurück zu erwerben. Demnach verkauft ein Unternehmer eine langfristige Darlehnsforderung mit der Verpflichtung an einen Dritten, sie nach kurzer Zeit und damit lange vor Endfälligkeit des Darlehens wieder an ihn zurück zu verkaufen, um sie schließlich an eine andere Person mit derselben Zielrichtung weiter zu veräußern. Auf diese Weise können die langfristigen Darlehnsgeschäfte mit den kurzfristigen Rechtsgeschäften refinanziert werden.

Beispiel
Herr Dietrich vereinbart mit der A-Bank am 30.08.2016 einen Darlehnsvertrag über 200.000 EUR. Diesen Betrag muss Herr Dietrich am 31.05.2018 an die A-Bank zurückzahlen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Rückzahlungsanspruch fällig. Bis zur Fälligkeit darf die A-Bank vereinbarungsgemäß die Darlehnsrückzahlungsforderung gegen Herr Dietrich weiterverkaufen, wenn sie sie bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit wieder zurückkauft. Um das ausgeschüttete Darlehen zu refinanzieren, verkauft die A-Bank die Rückzahlungsforderung gegen Herr Dietrich zuerst am 31.08.2016 für 200.200 EUR an die B-Bank und erlangt so liquide Mittel, um Herr Dietrich das Darlehn auszugeben. Am 31.12.2016 kauft die A-Bank der Anspruch für dieselbe Summe schließlich von der B-Bank zurück.

  • Auf diese Weise entsteht zwischen der A-Bank und der B-Bank ein erlaubnispflichtiges Revolvinggeschäft nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 KWG.

3.1.9 Garantiegeschäft

Das Garantiegeschäft umfasst die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für einen anderen. Das Garantiegeschäft ist von einem Drei-Personen-Verhältnis geprägt, sodass

  • der Gewährleistende (die Bank),
  • der Auftraggeber (Schuldner) und
  • der Begünstigte (Gläubiger)

am Garantiegeschäft beteiligt sind.

Die Bürgschaft ist in § 765 BGB geregelt und gilt als Grundform der Personalsicherheiten. Charakteristisch für sie ist, dass der Gläubiger von einem Dritten Zahlung erst verlangen kann, wenn der Schuldner nicht zahlen kann (§ 771 BGB).

Die Garantie ist dagegen ein selbständiges Versprechen, dafür einzustehen, dass ein bestimmter tatsächlicher oder rechtlicher Erfolg eintritt.

Beispiel
Die A-GmbH vereinbart mit der C-Bank einen Darlehnsvertrag über 500.000 EUR. Da der Geschäftsführer der A-GmbH, Herr Becker, ein starkes wirtschaftliches Interesse daran hat, dass seiner Firma der Kredit zur Verfügung gestellt wird, unterzeichnet er eine Garantie, nach der er für die Zahlungspflicht der A-GmbH mit seinem Vermögen einsteht. Herr Becker muss als Übernehmer der Garantie Vorsorgemaßnahmen treffen, um das Risiko mit Eintritt eines Garantiefalls abfangen zu können. Aus diesem Grund verpfändet er der Bank sicherheitshalber sein Auto.

  • Die Garantie ist gesetzlich nicht verankert. Mit Eintritt der Darlehnsrückzahlungspflicht kann die C-Bank, unabhängig von der Zahlungspflicht der A-GmbH, die Rückzahlung von Herr Becker verlangen. Herr Becker haftet neben der A-GmbH für die Zahlungsverpflichtung. Aufgrund dessen, dass Herr Becker als Übernehmer der Garantie Vorsorge treffen musste, um etwaige Risiken abzufangen liegt nach Ansicht der BaFin hier ein erlaubnispflichtiges Garantiegeschäft vor.

Zu den sonstigen Gewährleistungen zählen z.B.:

  • der Kreditauftrag
  • der Schuldbeitritt
  • die Schuldübernahme und
  • die Patronatserklärung.

Mit der Patronatserklärung soll der Patron z.B. so auf seine Tochtergesellschaft einwirken und ihr die nötigen Finanzen zur Verfügung stellen, dass sie jederzeit in der Lage ist, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen. Somit haftet der Patron, wie der Garantiegeber, neben dem Schuldner und nicht nach ihm, wie bei einer Bürgschaft.

3.1.10 Scheck- und Wechseleinzugsgeschäft, Reisescheckgeschäft

§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 KWG umfasst den bargeldlosen Zahlungsverkehr in Form des bargeldlosen Scheckeinzugs, dem bargeldlosen Wechseleinzug und der Ausgabe von Reiseschecks.

Im Rahmen des Scheckeinzugsgeschäftes kann der Scheckinhaber, der selbst nicht in einem Giroverhältnis mit dem im Scheck bezogenem Kreditinstitut steht, sein Kreditinstitut beauftragen den Scheck bei der bezogenen Bank einzuziehen und die Gutschrift des Scheckbetrages auf seinem Girokonto einzulösen.

Der Reisescheck dient als Zahlungsmittel auf Auslandsreisen zur Bezahlung und Bargeldbeschaffung.

Die Scheckzahlung funktioniert ähnlich wie bei einer Lastschrift. Der Schuldner übergibt dafür dem Zahlungsempfänger einen Scheck, den dieser schließlich bei seiner Bank einreichen und auszahlen lassen kann.

Beispiel
Frau König legt bei ihrer Hausbank der B-Bank einen Scheck von Herr Müller vor, ausgestellt von der C-Bank. Im Rahmen eines Scheckeinzugsgeschäftes wendet sich die B-Bank an die C-Bank, damit sie ihr das auf dem Scheck ausgewiesene Guthaben in Höhe von 1.000 EUR überweist und die B-Bank das Guthaben schließlich auf dem Girokonto von Frau König gutschreiben kann.

  • Bei dem Rechtsgeschäft zwischen der B-Bank und der C-Bank handelt es sich um ein erlaubnispflichtiges Scheckeinzugsgeschäft i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 KWG.

3.1.11 Emissionsgeschäft

Im Gegensatz zu dem Finanzkommissionsgeschäft werden bei einem Emissionsgeschäft die Finanzinstrumente für eigene Rechnung zur Platzierung oder Übernahme gleichwertiger Garantien erworben. In der Praxis erfolgt das häufig auf die Weise, dass eine Bank ein Finanzinstrument zu einem festen Kurs in den eigenen Bestand aufnimmt und dafür sofort den Gegenwert an den Wertpapieraussteller (Emittenten) zahlt. Das Finanzinstrument wird später im eigenen Namen und für Rechnung der Bank verkauft. Die Bank trägt damit das Absatzrisiko, d.h. das Risiko, die Finanzinstrumente nicht verkaufen zu können.

Beispiel
Die C-Bank erhält von der Bundesbank Wertpapiere zu einem festen Kurs in Höhe von 500.000 EUR. Die C-Bank platziert diese Wertpapiere nun im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für ihren Kundenbestand. Sie trägt das Absatzrisiko und muss nicht absetzbare Wertpapiere ggf. auf Dauer in den Eigenbestand übernehmen.

  • Mit der Übernahme der Finanzinstrumente und der Platzierung im eigenen Risiko liegt ein erlaubnispflichtiges Emissionsgeschäft vor.

Die Bank erfüllt das Tatbestandsmerkmal "platzieren", wenn sie die Finanzinstrumente im Kapitalmarkt unterbringt oder an einen begrenzten Kreis von Personen oder Anlegern im Rahmen einer Emission erfüllt. Es ist unerheblich, ob es sich dabei um eine öffentliche Platzierung ("public placement") oder um eine Privatplatzierung ("privat placement") handelt.

Während sich die öffentliche Platzierung an ein breites Investorenpublikum richtet und damit die beste Absatzmöglichkeit bietet, ermöglicht die Privatplatzierung eine individuelle Ansprache für komplizierte Produkte an ausgewählte Großinvestoren.

3.1.12 Zentraler Kontrahent

Eine zentrale Gegenpartei im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 12, Abs. 31 KWG ist ein Unternehmen, das bei bestimmten Verträgen zwischen Käufer und Verkäufer dazwischen geschalten wird und den Vertrag zwischen beiden Parteien vermittelt. Der zentrale Kontrahent wird dabei selbst Vertragspartei. Er vertritt die Interessen beider Parteien und übernimmt das Ausfallrisiko.

Die Tätigkeit als zentrale Gegenpartei ist daher erlaubnispflichtig, wenn:

  • Eine juristische Person
  • bezüglich der auf einem oder mehreren Märkten
  • gehandelten Kontrakten/ Finanzinstrumente
  • zwischen die Vertragsparteien tritt und somit als Käufer für jeden Verkäufer bzw. als Verkäufer für jeden Käufer fungiert.

Beispiel
Die B-AG vermittelt zwischen Käufern und Verkäufern von Aktien. Dabei beteiligt sie sich bei dem Kaufvertrag als weitere Vertragspartei und gewährleistet so den Verkauf der Aktien. Der Eigentumsübergang an den Käufer erfolgt durch die B-AG erst, wenn sie den Kaufpreis dafür verbucht hat.

  • Die B-AG wird als zentrale Gegenpartei nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 KWG tätig. Für ihre Tätigkeit benötigt sie daher eine Erlaubnis der BaFin.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bankzulassungsrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, und Patricia Deutsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-71-7.


 

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Stand: Januar 2017


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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