Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 13 – Rechtsfolgen: Strafen und Strafrahmen, außerstrafrechtliche Folgen

5.3.6 Rechtsfolgen

Eine Rechtsfolge ist zusammen mit dem Tatbestand Bestandteil einer Rechtsnorm und gibt an, welche rechtliche Konsequenzen ein bestimmter Lebenssachverhalt haben soll. Weitere Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge sind die Rechtswidrigkeit der Tat und die Schuld des Täters. Die Rechtsfolge tritt nur ein, wenn durch den konkreten Lebenssachverhalt sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.

5.3.6.1 Strafen und Strafrahmen

Sofern eine Strafe als Rechtsfolge vorgesehen ist, wird in einem zweiten Schritt über deren Höhe, den sogenannte Strafrahmen, entschieden.

5.3.6.1.1 Strafen

Wie bereits erwähnt beträgt die gesetzliche Regelstrafe für eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, sofern nicht ein Regelbeispiel bejaht wird.

Die Schuld des Täters muss dabei die Grundlage für die Zumessung der Strafe sein. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten hat, sind zu berücksichtigen (vgl. § 46 Absatz 1 Satz 2 StGB).

Für die konkrete Bemessung der Strafe wird § 46 Absatz 2 StGB angewandt, der besagt, dass bei der Zumessung das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander abzuwägen sind.

Dabei kommen namentlich in Betracht:

  • die Beweggründe und Ziele des Täters
  • die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille
  • das Maß der Pflichtwidrigkeit
  • die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat
  • das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
  • dein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie
  • das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

Eine lange Verfahrensdauer und dessen oftmals mühselige Auswirkungen für den Angeklagten sind im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen.(Fußnote)
Bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr kann das Gericht die Strafe zur Bewährung aussetzen, § 56 Absatz 1 Satz 1 StGB. Das Gericht ist verpflichtet, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, sofern zu erwarten ist, dass der Verurteilte schon die Verurteilung selbst als Warnung verstanden hat und auch zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird (Vgl. § 56 Absatz 1 Satz 2 StGB).

Faktoren zur Einschätzung sind hier namentlich

  • die Persönlichkeit des Verurteilten
  • sein Vorleben
  • sein Verhalten nach der Tat
  • seine Lebensverhältnisse und
  • die Wirkung auf selbige im Falle einer Aussetzung.

Ausnahmsweise lassen sich auch Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren nach § 56 Absatz 2 StGB zur Bewährung aussetzen. Jedoch ist die Hürde wesentlich höher als bei Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Es müssen besondere Umstände festgestellt werden, die eine solche Entscheidung tragen, beispielsweise das außerordentliche Bemühen des Täters nach seiner Reue, die Tat wieder gut zu machen

Alternativ kann eine Geldstrafe festgesetzt werden, welche anhand von Tagessätzen bestimmt wird. Die Tagessatzanzahl bestimmt sich ebenfalls nach den oben genannten Kriterien des § 46 StGB und beträgt mindestens fünf und höchstens dreihundertsechzig Tagessätze.
Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht gemäß § 40 Absatz 2 StGB unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, wobei das Nettogehalt maßgeblich ist. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

5.3.6.1.2 Strafrahmen

Grundsätzlich erfolgt die Festsetzung einer Strafe in drei Stufen:(Fußnote)

  • Zunächst müssen in der Hauptverhandlung die Voraussetzungen des tatbestandlichen Delikts, das den Strafrahmen in Unter- und Obergrenze vorgibt, festgestellt werden.
  • In Stufe zwei und drei wird unter Berücksichtigung der persönlichen Schuld und individueller Faktoren innerhalb der Unter- und Obergrenze eine endgültige Strafe ausgesprochen.

Die Grenzen des Strafrahmens sind dabei durch das Gesetz bestimmt. Die tatsächliche Bestimmung der Strafe innerhalb dieses Rahmens wird einzelfallbezogen durch das Gericht durchgeführt. Die Regelstrafe für die Steuerhinterziehung nach § 370 AO beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ergänzt wird dieses System durch sogenannte Strafschärfungsgründe. Diese sind für die Steuerhinterziehung in § 370 Absatz 3 AO genannt. Findet ein darin genanntes Regelbeispiel Anwendung, verschiebt sich der vorgegebene Strafrahmen, also die Unter- und Obergrenze, nach oben. In einem Fall des § 370 Absatz 3 AO ändert sich der Strafrahmen von „Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren“ ohne Mindestfreiheitsstrafe hin zu „Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren“ mit Mindestfreiheitsstrafe.

5.3.6.2 Außerstrafrechtliche Folgen

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen sind sowohl steuer- als auch verwaltungsrechtliche Nebenfolgen denkbar.(Fußnote)

Steuerrechtliche Folgen einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO können vor allem sein:

  • Haftung des Täters für den hinterzogenen Steuerbeitrag (§ 71 AO)(Fußnote)
  • Hinterziehungszinsen (§ 235 AO)
  • Verlängerung von Festsetzungszinsen für die hinterzogenen Steuern (§ 235 AO)
  • Ablaufhemmung der Festsetzungsfirst (§ 171 AO)

Verwaltungsrechtliche Folgen können vor allem sein:(Fußnote)

  • Gewerbeuntersagung (§ 35 Absatz 1 Gewerbeordnung)
  • Versagung, Rücknahme oder Widerruf einer Gaststättenerlaubnis (§§ 4,15 Gaststättengesetz)
  • Versagung, Rücknahme oder Widerruf einer Güterkraftverkehrserlaubnis (§ 3 Güterkraftverkehrsgesetz)
  • Ausweisung eines Ausländers (§ 45 Ausländergesetz)

Berufsrechtliche Folgen können vor allem Steuerberater treffen: Wer als Steuerberater eine fremdnützige Steuerhinterziehung begeht, verstößt gegen seine Berufspflichten im Sinne des § 57 Absatz 1 Steuerberatergesetz.

Ebenso kann es einen Finanzbeamten disziplinarrechtlich treffen. Dies geschieht abseits einer möglichen strafrechtlichen Ahndung und kann sogar eintreten, wenn eine wirksame strafaufhebende Selbstanzeige gemäß § 371 AO erstattet wurde.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.


 

Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches

Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Steuerstrafrecht

Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Über die Autoren:

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Normen: § 370 AO

Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosSteuerrecht