Kreditsicherheiten – Teil 40 – Abtretung des Rückübertragungsanspruchs, Freiwerden des Bürgen bei Abtretung


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


9.8.3. Abtretung des Rückübertragungsanspruchs

Dem Eigentümer steht gegenüber dem Grundschuldinhaber ein Rückübertragungsanspruch zu. Dieser bezieht sich auf die Übertragung der Grundschuld samt Grundschuldbrief im Falle der Erfüllung der zu sichernden Forderung. Dieser Anspruch ist übertragbar. Dies hat zur Folge, dass der neue Gläubiger als Inhaber des Rückübertragungsanspruchs gegen den ursprünglichen Gläubiger einen Anspruch auf Übertragung der Grundschuld hat. Der Anspruch auf Rückübertragung kann jedoch nur dann geltend gemacht werden, wenn keine weiteren Finanzierungsabsichten des Eigentümers bestehen. Wurde ausdrücklich die Besicherung von künftigen Forderungen im Sicherungsvertrag geregelt, verzögert sich die Geltendmachung des Rückübertragungsanspruches für den neuen Gläubiger.

Mit der Abtretung des Rückübertragungsanspruchs wird gleichzeitig der Anspruch auf Berichtigung oder Löschung der Grundschuld gem. § 1192, 1169 BGB übertragen.

Beispiel

Für den Bau eines Eigenheims erhält Herr Schöne von der Berlin GmbH einen Kredit. Eine auf dem Grundstück des Herrn Schöne bestellte Grundschuld soll der Berlin GmbH als Sicherungsmittel dienen. Aus dem Sicherungsvertrag hat Herr Schöne einen Anspruch auf Rückübertragung bzw. Löschung der Grundschuld gegen die Berlin GmbH.
Diesen Anspruch überträgt Herr Schöne an Frau Grau. Bezahlt nun Herr Schöne seine Schulden bei der Berlin GmbH, kann Frau Grau von der Berlin GmbH die Übertragung der Grundschuld auf sich selbst verlangen.

Haben Herr Schöne und die GmbH ausgemacht, dass die Grundschuld auch noch andere Forderungen der GmbH gegen Herrn Schöne besichern soll, kann Frau Grau den Rückübertragungsanspruch erst geltend machen, wenn alle diese Forderungen beglichen sind.

9.8.4. Freiwerden des Bürgen bei Abtretung einer dieselbe Forderung besichernde Grundschuld

Ein Gläubiger kann seine Forderung durch mehrere, auch verschiedenartige Sicherheiten besichern lassen. So kommt es häufig vor, dass etwa eine Bank ihre Darlehensforderung gegen einen Schuldner zum einen mit einer Bürgschaft persönlich besichert, zum anderen auch noch eine Grundschuld als dingliche Sicherheit bestellen lässt.

In einer solchen Konstellation haften die verschiedenen Sicherungsgeber dem Forderungsgläubiger als Gesamtschuldner. Das heißt, dass der Gläubiger von jedem der Sicherungsgeber Zahlung der besicherten Forderung verlangen kann, wenn diese Forderung fällig ist und der Hauptschuldner nicht bezahlen kann. Nimmt der Gläubiger einen der Sicherungsgeber in Anspruch und wird er von diesem befriedigt, kann der in Anspruch genommene Sicherungseber sodann anteilig Ersatz von dem oder den anderen Sicherungsgeber(n) verlangen. Diesen Ersatzanspruch nennt man Rückgriffsanspruch oder auch Regressanspruch und findet ihn in §§ 774 Abs. 1 und 2, 426 BGB geregelt.

Beispiel

Gustav hat eine Darlehensforderung in Höhe von 10.000 Euro gegen Simon, die von Albert mittels einer Grundschuld besichert wird. Zugleich wird dieselbe Forderung mit einer Bürgschaft des Bernd besichert. Nimmt Gustav nun Albert auf Zahlung in Anspruch, indem er die Zwangsvollstreckung in das Grundstück des Albert betreiben will, weil Simon nicht bezahlen kann, und zahlt Albert an Gustav die geforderten 10.000 Euro, kann Albert bei Bernd Rückgriff nehmen (sog. Regress), weil nicht nur die Darlehensforderung gegen Simon auf Albert übergeht, sondern auch die Bürgschaftsforderung gegen Bernd. Weil Albert und Bernd beide jeweils zur Hälfte als Gesamtschuldner haften, kann Albert bei Bernd nur in Höhe von 5.000 Euro Regress nehmen.

Gibt die Bank vor Inanspruchnahme der Sicherheiten eine der Sicherheiten frei, etwa indem sie darauf verzichtet, so trifft das Gesetz in § 776 BGB die Regelung, dass der übrig gebliebene Sicherungsgeber in der Höhe von seiner Sicherungsschuld frei wird, in der er Regress bei dem anderen Sicherungsgegner hätte nehmen können.

Beispiel

Wie oben, nur entlässt diesmal Gustav den Albert aus seiner Grundschuld, indem er auf diese verzichtet. Gustav kann zwar Bernd immer noch wegen der Bürgschaft in Anspruch nehmen, soweit Simon nicht bezahlt. Allerdings ist Bernd infolge des Entlassens des Alberts aus der Grundschuld in der Höhe frei geworden, in welcher er bei Albert hätte Regress nehmen können, wenn Gustav ihn nicht entlassen hätte. Da der Regressanspruch des Bernd bei Albert 5.000 Euro betragen hätte, wird Bernd in Höhe von 5.000 Euro frei. Gustav kann deshalb von Bernd nur noch Zahlung von 5.000 Euro verlangen.

Diese Regelung ist durchaus gerechtfertigt, denn wäre es anders, könnte der Forderungsgläubiger durch das Freilassen von einem der Sicherungsgeber den Regress des anderen Sicherungsgebers verhindern und diesen somit benachteiligen.

Aufgrund dieser Regelung hat sich in der jüngsten Vergangenheit nun die Frage gestellt, wie diejenigen Fälle zu behandeln sind, in denen zwar die neben der Bürgschaft bestehende Sicherheit nicht durch Verzicht oder Ähnliches freigegeben wird, sondern die neben der Bürgschaft bestehende Sicherheit an einen Dritten abgetreten wird.

Beachtet man aber den oben dargelegten Regelungszweck des § 776 BGB, die Absicherung des Regressanspruchs des zweiten Sicherungsgebers, so wird klar, dass die Regelungen über das Freiwerden des Bürgen auch für die Fälle der Abtretung der zweiten Sicherheit gelten müssen.

Maßgeblich dafür, ob der Bürge im Falle der Abtretung einer weiteren Sicherheit anteilig frei wird oder nicht, kann nicht sein, ob die andere Sicherheit weiterhin existiert oder ob sie aufgelöst wurde.

Vielmehr ist allein maßgeblich, dass der Bürge, der mit seinem gesamten Vermögen für die Erfüllung der Hauptforderung haftet, nicht benachteiligt wird, indem seine Rückgriffsrechte gegen den zweiten Sicherungsgeber beeinträchtigt oder gar vereitelt werden. Dieses Sicherungsbedürfnis besteht unverändert auch dann, wenn die zweite Sicherheit, im Beispiel in Form der Grundschuld, an einen Dritten abgetreten wird, weil auch hier der Regressanspruch des Bürgen gehindert wird.

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Forderungsinhaber die Grundschuld im weiteren Zeitablauf wiedererhält, etwa indem sie ihm zurückabgetreten wird.

Die Bürgschaft erlischt nämlich anteilig in dem Zeitpunkt, in welchem der Forderungsgläubiger die andere Sicherheit an einen Dritten abtritt.

Teilweise wird vertreten, dass mit Abtretung der zweiten Sicherheit an einen Dritten lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen entsteht. Dieses Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen soll wieder erlöschen, wenn der Forderungsgläubiger die zweite Sicherheit zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück erhält. Der Bürge könnte somit vom Forderungsgläubiger wieder in vollem Umfang in Anspruch genommen werden. Als Grund für diese Rechtsauffassung wird angeführt, dass der Nachteil des Bürgen entfalle, sobald der Forderungsgläubiger die zweite Sicherheit wieder zurück erhalten würde. Der Bürge könne dann nämlich bei dem zweiten Sicherungsgeber, der die Hauptforderung nun wieder mit besichere, auch wieder Regress nehmen und habe deshalb keinerlei Nachteile.

Dass diese Rechtsauffassung fehlgeht belegt bereits der Wortlaut des Gesetzes, indem von einem „Freiwerden“ des Bürgen die Rede ist. Freiwerden meint jedoch eindeutig die Beendigung seiner Haftung, nicht nur eine sogenannte „Pause“.

Darüber hinaus hätte diese Rechtsauffassung zur Folge, dass der Bürge vom Zeitpunkt der Abtretung an nicht wüsste, ob er letztendlich haften muss oder nicht - denn ob und wann der Forderungsgläubiger die zweite Sicherheit zurückerhält, kann lange Zeit ungewiss bleiben. Der Gläubiger hätte es gewissermaßen frei in der Hand, ob und wann der Bürge jemals in Anspruch genommen wird. Dies widerspricht aber nicht nur dem Gebot der Rechtssicherheit, das eine klare Rechtslage zu jedem Zeitpunkt gebietet, die für jedermann eindeutig einzuschätzen ist. Es widerspricht auch dem Zumutbaren für den Bürgen, der mit all seinem Vermögen haftet und nicht über Monate oder gar Jahre hinweg im Unklaren gelassen werden darf, ob und in welchem Umfang er in die Haftung genommen wird.

Der Bürge ist auch nicht etwa nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf das Erlöschen seiner Bürgschaft zu berufen. Dies gilt selbst dann nicht, wenn der Gläubiger mittlerweile die zweite Sicherheit bereits wiedererhalten hat. Derartige Hindernisse nach Treu und Glauben können nur in äußersten Ausnahmefällen angenommen werden, wo schutzwürdige Interessen einer Partei verletzt werden, ohne dass schutzwürdige Interessen der anderen Partei dies rechtfertigen. So ist es aber hier gerade nicht. Vielmehr ist ein Gläubiger, der eine Sicherheit unter Missachtung der Regressrechte des Bürgen aufgibt, gerade nicht schutzwürdig. Schutzwürdig ist vielmehr der Bürge. Darüber hinaus kann der Gläubiger sich bei der Wiedererlangung der zweiten Sicherheit auch aus dieser befriedigen, sodass er nicht benachteiligt wird.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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