Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis – Teil 30 – Wechsel der Vertragspartner und Haftung des Abschlussvertreters


Autor(-en):
Michael Kaiser
Rechtsanwalt

Sebastian Galle
wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.3.10 Nr. 10 – Wechsel der Vertragspartner

AGB-Klauseln in Kauf-, Darlehens-, Dienst- und Werkverträgen, die dem Verwender das Recht geben, einen Dritten an seiner Stelle in den Vertrag eintreten zu lassen, sind unwirksam, sofern der Dritte nicht vorher namentlich bezeichnet wurde oder dem Vertragspartner kein Lösungsrecht im Falle des Eintritts des Dritten zusteht.
Zu unterscheiden hiervon ist der Fall, dass zwar die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag übertragen werden, der Verwender jedoch weiterhin Vertragspartei bleibt. Dann gilt Nr. 10 nicht, da der Vertragspartner weiterhin den Verwender als Ansprechpartner beziehungsweise Anspruchsgegner hat.
Der Dritte muss in der Weise benannt werden, dass der Vertragspartner die Möglichkeit hat diesen zu identifizieren und sich vorher von dessen Leistungsfähigkeit zu überzeugen.Das Lösungsrecht so muss so gestaltet sein, dass der Vertragspartner auf keinen Fall zuerst den vertraglichen Eintritt des Dritten zu akzeptieren hat, um sich danach vom Vertrag lösen zu können.Nr. 10 besitzt im unternehmerischen Verkehr Indizwirkung. Derartige Klauseln sind verboten, wenn der Vertragspartner erkennbar den Vertrag nur oder hauptsächlich wegen der persönlichen Zuverlässigkeit und Solvenz des Verwenders geschlossen hat beziehungsweise schließen will. Gleiches gilt auch, wenn der Vertrag eine sehr lange Laufzeit hat. Soll der Eintritt eines Dritten AGB-rechtlich wirksam sein, müssen die Bedingungen des § 309 Nr. 10 BGB erfüllt sein. Ebenso sind Eintrittsklauseln unwirksam, bei denen durch den Eintritt des Dritten sich die Vertragsleistung ändert.


4.3.11 – Nr. 11 – Haftung des Abschlussvertreters

Nr. 11 erklärt AGB-Klauseln für unwirksam, bei denen sich der Vertragspartner eines Abschlussvertreters bedient und der Verwender der AGB versucht, diesem eine strengere als die gesetzliche Haftung aufzuerlegen.
Abschlussvertreter sind einfache Vertreter, deren Aufgabe es ist, den Vertrag abzuschließen.Eine Haftung des Vertreters über § 179 BGB hinaus, ist nach Nr. 11 b ausgeschlossen. § 179 BGB betrifft den vollmachtslosen Vertreter. Dieser haftet nach § 179 I BGB für die Erfüllung beziehungsweise den Schadensersatz, wenn er im Wissen um seine fehlende Vollmacht den Vertrag schließt, nach § 179 II BGB nur auf Schadensersatz bei Unkenntnis von der unzureichenden Vollmacht und gar nicht bei § 179 III BGB, wenn der Verwender der AGB von der fehlenden Vertretungsmacht wusste oder wissen musste. Der Schadensersatz nach § 179 II BGB bezieht sich lediglich auf den Schaden, den die andere Vertragspartei im Vertrauen auf die wirksame Vertretungsmacht erlitten hat, sogenanntes negatives Interesse = Schaden wegen des Vertrauens auf die Wirksamkeit des Vertrages. Zum Beispiel muss der Verwender sich erneut zu einem anderen Ort begeben, um den Vertrag neu abzuschließen, so können die hierfür notwendigen Kosten als Schadensersatz angesetzt werden. Nach Buchstabe Nr. 11 a soll eine Mithaftung des Vertreters neben dem Vertragspartner ausgeschlossen werden, sofern der Vertreter nicht eine ausdrückliche hierauf gerichtete Erklärung abgegeben hat. Diese Erklärung muss gesondert vom Vertrag, das heißt schriftlich auf einem Extra-Dokument oder zweifelsfrei vom Vertrag losgelöst (beispielsweise unter der Unterschriftenzeile des Vertrags), abgegeben werden. Die gesonderte Erklärung ist so zu gestalten, dass sie eindeutig klar macht, welche Rechtslage sich nach der Unterschrift ergibt.

Als unwirksam gelten unter anderem folgende Formulierungen :

  • „Zahlungspflichtig ist der Auftraggeber sowie gesamtschuldnerisch derjenige, der den Auftragsschein im eigenen oder fremden Namen unterzeichnet“
  • „Der Vertreter haftet als Mitbesteller für die Vertragserfüllung des Vertretenen“
  • „Bei Unterschriftleistung eines minderjährigen Bestellers tritt der Mitbesteller ausdrücklich voll in die Rechte und Pflichten des Vertrags ein“.

Für den unternehmerischen Verkehr besitzt Nr. 11 Indizwirkung. Dennoch kann ein Geschäftsführer neben der GmbH haften, wenn er eine ausdrückliche Erklärung mit Nr. 11 genügendem Inhalt unterschreibt (Fußnote).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ von Michael Kaiser, auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt, und Sebastian Galle, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-36-6.


 

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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

Portrait Michael-Kaiser

Michael Kaiser entwirft, prüft und überarbeitet seit vielen Jahren Allgemeine Geschäftsbedingungen für mittelständische Unternehmen.
Er bearbeitet klassische AGB wie Fernabsatzvereinbarungen, Widerrufsbelehrungen, Einkaufsbedingungen, Bestellbedingungen, Lieferbedingungen oder Datenschutzvereinbarungen. Daneben prüft er die AGB-Rechts-Konformität von Verträgen, die zu mehrfacher Benutzung bestimmt sind und damit bereits AGB darstellen, wie z.B. Rahmenverträge, Kooperationsverträge, Mietverträge oder Kaufverträge.

Michael Kaiser hat im AGB-Recht veröffentlicht:

  • Einführung ins Recht der AGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis, 2014, Michael Kaiser und Sebastian Galle, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

  • AGB-Recht – eine Einführung in das Recht der AGB; Anwendung und Fallen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-36-6

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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  • AGB und ihre Anwendung – Mitarbeiterschulung; Fallen in der Praxis
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen im Onlinehandel und Fernabsatz
  • Widerrufsbedingungen im Fernabsatz: Gestaltung und Anwendung
  • Haftungsbegrenzung in AGB: Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen

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