Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis - Teil 13 - Besonderheiten

Zusammenfassung und Besonderheiten

2.5 Kurz-Zusammenfassung

Um allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam in einen Vertrag einzubeziehen, muss auf sie vor beziehungsweise bei Vertragsschluss ausdrücklich hingewiesen werden, der anderen Vertragsseite die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB eingeräumt und die andere Vertragsseite muss sich mit ihrer Geltung einverstanden erklären.

3. Besonderheiten

3.1 Vorrang der Individualabrede

Nach § 305 I 3 BGB sind alle individuell zwischen den Vertragspartnern ausgehandelten Bedingungen keine AGB. Solche Individualabreden haben zudem immer Geltungsvorrang vor den AGB (§ 305 b BGB).
Deshalb setzen sie sich immer gegen AGB durch und sind zudem von der inhaltlichen Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB ausgenommen.

3.1.1 Individualabrede

Alles was nicht AGB ist, ist eine Individualabrede. Der Unterschied zu den AGB besteht darin, dass Individual-abreden nur für eine einmalige Anwendung eine spezielle Regelung darstellen. Sie werden zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt. Somit gelten sie als für beide Seiten angemessen, da beide Seiten Einfluss auf den Inhalt und die Einbeziehung der Regelung nehmen können. Wichtig hierbei ist, dass die Regelungen ausgehandelt und nicht gestellt wurden.
Grundsätzlich besteht für Individualabreden kein Formzwang, sodass sie sowohl schriftlich als auch mündlich bestehen, ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart sein und vor, bei und nach dem Vertragsschluss geschlossen werden können. Folglich können sie bereits vereinbarte AGB ersetzen. Zudem ist es unerheblich, ob die Parteien beim Treffen der Individualvereinbarung den Konflikt mit den AGB kannten.
Die Verdrängung bezieht sich nur auf die entsprechenden Regelungen in den AGB, nicht auf die AGB als Ganzes. Individualvereinbarungen verdrängen AGB-Regelungen, die zwar einen anderen Bereich regeln, jedoch der Individualvereinbarung ihren wirtschaftlichen Sinn nehmen würden.


3.1.2 Ausgehandelte Klauseln

In der heutigen Wirtschaft setzen sich die Parteien zumeist selten zusammen, um jeden einzelnen Punkt eines Vertrags einzeln auszuhandeln, sondern eine Seite stellt einen Vertrag, der von der anderen Seite akzeptiert, verändert oder abgelehnt werden kann.
Wenn Regelungen zwar einseitig gestellt werden, diese dagegen offen zur Disposition stehen, so können diese Regelungen zu Individualvereinbarungen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die stellende Partei die Bereitschaft zur Abänderung der Klausel hat und dies der anderen Seite erkennbar war. Unabhängig davon, ob schließlich die Parteien diese Klausel später ändern, gilt sie dann als ausgehandelt und somit als Individualvereinbarung.

3.1.2.1 Bereitschaft zur Abänderung

Um die Bereitschaft zur Abänderung darzulegen, muss eine reale Möglichkeit für die andere Vertragsseite bestehen die Klausel zu ändern. Lediglich die Wahl zu lassen, ob die Klausel Vertragsbestandteil werden soll oder nicht, gilt nicht als Aushandeln. Die Bereitschaft zur Abänderung wird beispielsweise ausgedrückt, indem die AGB mit der Bitte auf Prüfung und etwaige Änderungsvorschläge übergeben werden. Dann erkennt die andere Seite, dass die AGB abgeändert werden können.
Laut Rechtsprechung liegt zudem dann die Bereitschaft zur Abänderung vor, wenn die Klausel selbst nicht abgeändert wird, jedoch in anderen Teilen des Vertrags sich dafür angenähert wird (Fußnote). Wichtig hierbei ist, dass der Risikoerhöhung durch die Klausel (hier die erhöhte Haftung) ein preisliches Entgegenkommen beim Entgelt oder eine entsprechende entgegengesetzte Risikoverminderung bei einer anderen Klausel gegenübersteht. Nur marginale Änderungen reichen nicht aus, wenn das Risiko nur geringfügig verschoben wird. Ebenso kann ausnahmsweise eine Individualvereinbarung vorliegen, wenn der Text unverändert bleibt, der andere Vertragspartner jedoch nach gründlicher Erörterung von der sachlichen Angemessenheit der Regelung überzeugt wird, ihr zustimmt (Fußnote) und der „Verwender“ seine Bereitschaft zur Änderung der Klausel ernsthaft erkennbar macht und dem anderen Vertragspartner die reale Möglichkeit einräumt, den Inhalt der Klausel zu beeinflussen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ Michael Kaiser
auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Brennecke & Partner, Rechtsanwälte Fachanwälte mbB, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014,www.vmur.de,ISBN 978-3-939384-36-6.


 

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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Gericht / Az.: BGH NJW 1988, 410; BGH NJW 1998, 2600; BGH NJW 2000, 1110
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