Denkmalschutz in der Landwirtschaft: Chance oder Alptraum

Hilfestellung für betroffene Eigentümer

Einleitung:

Die Ausweisung einer Immobilie als Denkmal soll dazu dienen, dass historisch wertvolle Bausubstanz nicht einfach abgerissen wird und ist rechtsverbindlich geregelt im  Kulturschutzgesetz (Landesrecht). Diesbezüglich werden insbesondere von Seiten des Landes, des Staates, von Stiftungen und teilweise der Kommunen Fördergelder bereitgestellt und Erhaltungsmaßnahmen steuerlich begünstigt; dazu die Hinweise am Ende des Artikels. Diese allgemeine Sichtweise steht sehr oft in großem Gegensatz zu der persönlichen Betroffenheit von Eigentümern, wenn beispielsweise 1) ein junger Landwirt erfährt, dass sein altes Ökonomiegebäude, bezüglich dessen er vor Kurzem einen Antrag auf Abbruchgenehmigung gestellt hat, unter Denkmalschutz gestellt worden war, ohne dass er davon wusste oder 2) eine Familie, die sich ein landwirtschaftliches Anwesen gekauft hat und später erfährt, dass Ihre geplanten Modernisierungsarbeiten im Hinblick auf Ausbau, Wärmedämmung und Heizungseinbau durch den §2 Denkmalschutzgesetz

(1) Kulturdenkmale im Sinne dieses Gesetzes sind Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.    

(2) Zu einem Kulturdenkmal gehört auch das Zubehör, soweit es mit der Hauptsache eine Einheit von Denkmalwert bildet.                                                                                                                  

(3) Gegenstand des Denkmalschutzes sind auch    

1. die Umgebung eines Kulturdenkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist (§ 15 Abs. 3), sowie                                                                                              

2. Gesamtanlagen (§ 19). Quelle: §2 DschG BW nicht wie geplant durchgeführt werden können beziehungsweise unmöglich sind.

Allgemeines: 

Nach aktuellem Kenntnisstand des Autors werden zumindest in Baden Württemberg denkmalschutzwürdige Liegenschaften im amtlichen Teil der Mitteilungsblätter der zuständigen Gemeinden als solche ausgewiesen. Bevor dies erfolgt, hat in jedem Fall eine Begehung oder Besichtigung dieser Grundstücke durch die zuständige Abteilung des Regierungspräsidiums (Höhere Denkmalschutzbehörde) statt gefunden. Die Empfehlungen dieser Sachverständigen werden durch die untere Denkmalschutzbehörde, die zumeist im jeweiligen Landratsamt ansässig ist, mit der Aufnahme in publizierten Listen rechtswirksam. Die untere Denkmalschutzbehörde wiederum informiert die jeweiligen Gemeinden. Ein direktes Anschreiben an die jeweiligen Eigentümer der Denkmalschutzgegenstände erfolgt nicht.       
Die oben aufgezeigten Fälle werden im Folgenden dargestellt und Lösungsansätze zur Konfliktminimierung angeboten.

Hauptteil:                                                                                                                                                        

Fall 1: Die Familie eines jungen Landwirtes hatte sich mit der Geburt von Zwillingen außerplanmäßig vergrößert. Die einzige Möglichkeit zur Erweiterung des Hofs innerhalb eines Orts war der Abriss des an das Wohnhaus angrenzenden alten Ökonomiegebäudes, das seit Jahren einsturzgefährdet war und die Erweiterung des Wohngebäudes in diese Richtung. Mit dem bei der unteren Baurechtsbehörde (zuständiges Landratsamt) zu stellenden Antrag auf Genehmigung zum Abbruch durch den Architekten wurde, wie in diesem Verfahren üblich, auch die Denkmalrechtliche Erlaubnis zur Liquidation (Freilegung des Grundstücks) erfragt. Als der Landwirt erfuhr, dass das seit Jahren undichte Gebäude unter Denkmalschutz steht und der Abbruch abgelehnt wird, setzte er sich mit einem Rechtsanwalt in Verbindung und der riet ihm ein Gutachten zu beauftragen, mit dem Nachweis der Unwirtschaftlichkeit des Kulturdenkmals; hierzu im Folgenden das Gerichtsurteil eines Oberverwaltungsgerichts.

Urteil zur Liquidation eines Kulturdenkmals:
Die Erhaltung eines Baudenkmals sei dem Eigentümer unzumutbar, wenn er von dem Gebäude keinen vernünftigen Gebrauch machen könne. Dies sei der Fall, wenn die Erhaltungs- und Betriebskosten nicht mit den aus dem Kulturdenkmal erzielbaren Einnahmen finanziert werden könnten. Die Gegenüberstellung der jährlichen Investitions- und Bewirtschaftungskosten einerseits und der möglichen Mieteinnahmen andererseits hätten für das Gebäude des Eigentümers einen jährlichen Verlust von über 1.000 Euro ergeben. Die Finanzierung dieser Unterdeckung aus seinem sonstigen Vermögen sei dem Denkmaleigentümer nicht zuzumuten, so das Oberverwaltungsgericht (OVG Rheinland-Pfalz, 1 A 10178/05.OVG
Der beauftragte Gutachter untersuchte eine einsturzgefährdete Scheune, deren Zugbänder nicht mehr vorhanden waren und die Last des Daches die Wände auseinander drückte, was sich auch von außen deutlich erkennen ließ; dazu die Skizze unten. Ziegel fehlten und Teile der Dachkonstruktion wie Sparren und Latten waren dem Wetter schutzlos ausgesetzt und durchfeuchtet. Der Boden über der Stallung war durch den langen Regen- und Schneeeinfall lediglich eingeschränkt, mit Gefahr für Leib und Leben, begehbar.

Statisches System der Scheune:
Durch das nicht mehr vorhandene Zugband erhält das Bruchsteinmauerwerk einen horizontalen Lasteintrag und verformt sich unter dieser Last durch Kriechen in Richtung der angegebenen Pfeile. Das Ökonomiegebäude war wirtschaftlich nicht mehr zu erhalten.                                                                                                                                                           
Eine weitere Besonderheit dieses Falls war auch dadurch gegeben, dass ein Sachverständiger der höheren Denkmalschutzbehörde in derselben Gemeinde einen Vortrag unter anderem über die denkmalwürdigen Besonderheiten eben dieses Ökonomiegebäudes halten wollte.   

                                                                                                                                                                                         
Der "Alptraum des Junglandwirts" und das gesamte Konfliktpotential im Zusammenhang:      

a) Der Landwirt wusste nichts davon, dass seine Scheune ein Denkmal ist (Kein Anschreiben der Behörden an den Eigentümer),                                                                                                       

b) der Architekt hatte das Gebäude vermutlich selber nicht in Augenschein genommen und sich bei der Gemeindeverwaltung (Bauamt/Rathaus) bei Antragstellung vorab nicht informiert, das ein Denkmal vorliegt,   

c) die untere Denkmalschutzbehörde erhielt mit dem Antrag auf Genehmigung zum Abbruch keinen Hinweis beispielsweise in Form von Bildern und Informationen bezüglich des Schadenszustands,    

d) die untere Denkmalschutzbehörde nahm den Gegenstand nicht selbst in Augenschein, die Ablehnung erfolgte ohne Kenntnis der Sachlage vor Ort und   

e) ein Vortrag wurde geplant, obschon der Gegenstand über den referiert werden sollte, seit Jahren abbruchreif ist. Der Denkmalschutz hätte durch vorherige Kontaktaufnahme mit dem Eigentümer diese Peinlichkeit vermeiden können.

 

Fall 2:                                                                                                                                                             

Eine Pferde liebende Familie kaufte sich ein landwirtschaftliches Anwesen und wurde von den Verkäufern nicht darüber informiert, dass der Hof in Sachgesamtheit unter Denkmalschutz steht.                                                                                                                                                    

Konsequenz: Der geplante Ausbau eines Scheunenanteils für Wohnzwecke war nicht mehr ohne detaillierte Absprache mit der unteren Denkmalschutzbehörde möglich beziehungsweise unmöglich. Weiterhin war die gebäudeenergetische Gesamtkonstellation der Gestalt, dass mit der vorhandenen Heizungsanlage (ein Kachelofen für das gesamte Wohnhaus) und der Gebäudehülle aus Bruchsteinen und Einfachfenstern im Winter lediglich max. 16 ° C in vielen Zimmern zu "heizen" waren. Insbesondere der uneffektive Kachelofen stand explizit als denkmalschutzwürdig in den Unterlagen der Gemeinde.               

Die Familie wollte nun den Vertrag rückabwickeln, beziehungsweise eine Minderung gerichtlich durchsetzen. Der Prozess gegen den Verkäufer bezüglich des Vorwurfs einer arglistigen Täuschung wurde verloren, unter anderem, weil das Gericht dem Verkäufer attestierte, dass dieser nicht von der Denkmalschutzausweisung wissen konnte, weil die Kenntnisgabe über den amtlichen Teil der Gemeindeblattausgabe nicht rechtssicher sei. 

Bei der Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht war auch der Autor zugegen und hörte den Richter sinngemäß formulieren: "Die Veröffentlichung im amtlichen Teil des Mitteilungsblattes stellt nicht rechtswirksam sicher, dass der Verkäufer Kenntnis hatte, dass sein Anwesen dem Denkmalschutzgesetz (Sachgesamtheit) unterworfen ist. Dies könne lediglich ein Anschreiben der Behörde gewährleisten." Auch die spätere Revision vor einem Landgericht wurde verloren und die Familie verließ Ihren "Alptraumhof".

Schlusswort: Der Umgang mit Denkmälern ist insbesondere dann Problembehaftet, wenn die Auflagen mit zu wenig sachverständiger Aufmerksamkeit gewürdigt werden. Ein weniger konfliktbeladener Umgang wäre möglich, würden die zuständigen Behörden Informationsveranstaltungen im Zusammenhang mit der Ausweisung von denkmalschutzwürdigen Anwesen vornehmen; wenn Eigentümer jeweils angeschrieben und rechtssicher schriftlich informiert würden, dass ihre Immobilie unter Denkmalschutz steht; dabei wäre auch eine Erläuterung zu den Themen "Warum Denkmalschutz" und die "Chancen des Denkmalschutzes" hilfreich. Mit dem Verstehen und Nutzen der vorhandenen Fördermöglichkeiten würde ein erhaltenswertes Ökonomiegebäude (Fall 1: Denkmalwürdige Zimmermannsarbeit--> von außen nicht zu sehen) zum rechten Zeitpunkt instand gehalten und damit erhalten bleiben. 

Aus Sicht der Eigentümer, die einen Antrag auf Genehmigung zum Abbruch einer denkmalschutzwürdigen Liegenschaft planen, ist es im Einzelfall ab zu wägen, sich selber vorab bei der Gemeinde (Bauamt) sachkundig machen und gegebenenfalls selber den Kontakt mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde her zu stellen oder einen geeigneten Erfüllungsgehilfen (sachkundigen Planer) explizit damit zu beauftragen. 

Hinweise bezüglich Zuschüssen und Förderprogrammen sind erhältlich bei:       

1) KFW- Bank,

2) Zukunft Altbau,

3) Entwicklungsprogramm ländlicher Raum (ELR), 

4) Privateigentümer können jeweils Zuschüsse für Baumaßnahmen an Ihren Denkmalschutzobjekten beantragen. Die Formulare gibt es in den Referaten 26 bzw. 86 Denkmalpflege des jeweiligen Regierungspräsidiums,

5) Deutsche Stiftung Denkmalschutz,

6) Denkmalstiftung Baden- Württemberg und

7) Landesstiftung Baden- Württemberg.   

Detaillierte Informationen sind bei der Landesdenkmalpflege des zuständigen Regierungspräsidiums (Höhere Denkmalschutzbehörde) erhältlich.

 

Autor: Jens-Peter Paulsen, Dipl. Ing. (FH), Mitinhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, Schiedsgutachter, vom RP Freiburg öbuv. Sachverständiger für das Sachgebiet Landwirtschaftliche Baubewertung und -Schätzung und  Inhaber des Sachverständigenbüros bezüglich der Bewertung von Grundstücken und deren Bebauung Jens- Peter Paulsen und Kollegen*. 

Telefon:  07744/929192       

Home:   www.jenspaulsen-weizen.de 

*Alle Sachverständigen sind öffentlich bestellt und vereidigt.                                                                                                                                                                                       


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Juni 2014


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