Gesellschaftsrecht in der Insolvenz – Teil 09 – Rechtsfolge bei abgetretener Darlehensforderung

Was aber geschieht, wenn der darlehensgebende Gesellschafter seinen Rückzahlungsanspruch an einen Nichtgesellschafter abtritt? Auch hier schlägt sich die Problematik durch das Wegfallen des Tatbestandsmerkmals „Krise“ nieder. Früher konnte dem Zessionar entgegengehalten werden, das sich der erworbene Rückzahlungsanspruch auf ein eigenkapitalersetzendes Darlehen bezieht, sofern sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Abtretung in einer Krise befand.

Beispiel:
Der Gesellschafter G hat seinem wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen ein Darlehen gewährt, um dieses sicher durch die Krise führen zu können. Kurz nach der Darlehensgewährung tritt G seinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens an das Inkassounternehmen Z ab, damit er selbst liquide bleibt.
Einige Wochen später verschärft sich die Krise und führt schließlich zur Insolvenz des Unternehmens.

Hier ist offensichtlich, dass der Gesellschaft das Darlehen im Zeitpunkt einer Krise gewährt wurde. Damit hat das Darlehen einen eigenkapitalersetzenden Charakter und der Insolvenzverwalter konnte sämtliche aus dem Darlehen geflossenen Rückzahlungen zurückfordern. Auch wenn die Forderung, wie in diesem Falle, abgetreten wurde, konnte der Insolvenzverwalter dem Zedenten entgegenhalten, dass die Rückzahlungen aus einem eigenkapitalersetzenden Darlehen herrühren. Folglich konnte der Insolvenzverwalter die bereits an den Zedenten geflossene Zahlungen anfechten bzw. zurückfordern.

Nun aber fehlt durch das MoMiG das Merkmal der Krise und es stellt sich die Frage, ob damit nun der generelle Nachrang von Gesellschafterdarlehen und die Anfechtbarkeit von Rückzahlungen bei abgetretenen Gesellschafterdarlehen entfällt. Das diese Lösung so nicht zutreffen kann, ist offensichtlich, wenn man bedenkt, dass sich hierdurch für einen Gesellschafter eine Umgehung der Regelung ergibt, wenn er nur den Rückzahlungsanspruch an einen Nicht-Gesellschafter abtritt.
Mangels einer höchstrichterlichen Entscheidung hat sich in der Literatur ein Lösungsansatz herauskristallisiert, der sowohl die Interessen des Zessionars, als auch die Systematik der alten Rechtslage berücksichtigt.

Demzufolge muss ein Zessionar nur innerhalb eines Jahres seit dem Eröffnungsantrag der Insolvenz befürchten, dass sein Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen nachrangig ist bzw. bereits erhaltene Zahlungen durch den Insolvenzverwalter angefochten werden.

Beispiel:
Der Gesellschafter G hat seinem wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen ein Darlehen gewährt, um dieses sicher durch die Krise führen zu können. Kurz nach der Darlehensgewährung tritt G seinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens an das Inkassounternehmen Z ab, damit er selbst liquide bleibt.
Einige Wochen später verschärft sich die Krise und führt schließlich zur Insolvenz des Unternehmens.

Auf das Merkmal der Krise kommt es nicht mehr an. Das Darlehen hat mithin eigenkapitalersetzenden Charakter.
Da hier nur einige Wochen nach der Abtretung der Eröffnungsantrag gestellt wurde, ist der abgetretene Rückzahlungsanspruch nachrangig und etwaig geflossene Zahlungen an den Zessionar können durch den Insolvenz-verwalter angefochten und folglich zur Insolvenzmasse gezogen werden.

Aufgrund der mitunter konträren Positionen in der Rechtsliteratur, ist bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zu empfehlen, die Möglichkeiten der Abtretungen im Voraus durch einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen und gegebenenfalls Regelungen in den Gesellschaftervertrag aufzunehmen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Gesellschaftsrecht in der Insolvenz“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Thomas Dörner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1. Auflage 2014, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-26-7


 

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Stand: April 2014


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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